Simon im Brocki - Bildband
Simon Knopf - Manchmal kommt die grosse Unlust. Ich denke, wir alle kennen sie: kein Bock mehr auf Studieren, auf den langweiligen Nebenjob mit schlechter Bezahlung, oder auf den ganzen Pessimismus, der Tag für Tag in der Zeitung steht. Dies sind dann Momente, in denen man sich vor die grosse...
In genau so einem Unlust-Moment durchstreife ich das „Zürcher Brockenhaus“ und entdecke in der obersten Etage ein ganzes Regal voller Reise-Bildbände. Dort, wo die antiken Schreibtische für 1200.- und 60er Jahre TURMIX-Mixer für 160.- stehen, und grimmige Brocki-Angestellte regelmässig patrouillieren, stosse ich auf eine ganze Wand mit auf Papier gebannter Fernweh.
Und irgendwie ist es mal wieder pures Glück: der zweite Griff ins Regal fördert ein Buch mit dem vielsagenden Titel „Die schönsten Pässe und Höhenstrassen der Alpen“ zu Tage. Ich setze mich unter dem argwöhnischen Blick einer „Aufseherin“ auf ein dickes Sofa aus den 50ern und beginn die leicht angegilbten Fotos anzuschauen. Willkommen in der heilen Welt der Sonntagsausfahrten! Wenn das mal keine Anregung zum Tagträumen ist.
Da schlängeln sich VW Käfer, alte Opels und MGs irgendwann in den 70ern so unbeschwert und sonnenbestrahlt Passstrassen rauf und runter, dass ich mich sogleich zurück in diese Zeit ohne schlechtes CO2-Gewissen wünsche. Ich war nie ein wahnsinnig grosser Autofan, aber die Bilder von den alten Sportflitzern und Kultkarren auf verschiedenen Alpen-Serpentinen lassen auch in mir sogleich eine Sehnsucht aufkommen. Erst kürzlich habe ich zum ersten Mal den original „Italian Job“ gesehen, in dem der junge Michael Caine mit einem Aston Martin DB4 über den Grossen St.Bernard düst. Gut, das Auto wird irgendwo auf dem Pass von der Mafia in eine Schlucht befördert. Aber der Teil davor ist Kult!
Irgendwann tauch ich wieder auf aus der Roadtrip-Traumwelt und kauf das Buch für ein gelbes Nötchen. Die Bilder sind einfach zu nostalgisch und der Nachspann zu amüsant. Tipps zu „Fahrtechnik im Gebirge“ und Autowartung aus einer Zeit, in der Autos noch keine Computer, sondern eben Autos waren. Das nächste Mal, wenn wieder die grosse Unlust aufkommt, werd ich dieses Buch aus dem Regal nehmen, den Teil mit den Dolomiten oder der Schöllenen aufschlagen und mir vorstellen, ich sässe in einem Aston Martin, Alfa Romeo oder MG. Auf der Fahrt gen Süden, sonnenbebrillt und mit einer reizenden Dame auf dem Beifahrersitz. „Schatz, was hältst du von einem Trip ins Piemont?“