The Rifles – The Great Escape
Philipp Ramer - No Love Lost hiess das Debüt-Album der Londoner Band The Rifles aus dem Jahr 2006, benannt nach einem Song von Joy Division. Mit dieser eindeutigen Referenz reihte sich die Band in die Schar der britischen Neo-New-Wave-Kapellen (à la Futureheads, Bloc Party oder Maximo Park) ei...
No Love Lost war ein frisches und zurecht erfolgreiches Britrock-Indie-Album mit elf ausnahmslos gelungenen, melodienreichen und grösstenteils tanzbaren Liedern. Nach ausgedehnten Touren durch Europa (mit Halt auch in der Schweiz) erscheint nun Ende Januar das mit Spannung erwartete zweite Album der Rifles, The Great Escape.
Die Platte beginnt mit Science in Violence, einem furiosen Stück Dancerock, dem durch Streicher, Keyboards und Männerchor eine Spur ungewohnten Bombast verliehen wird. Auch der zweite Track und zugleich die erste Single-Auskopplung, das etwas langsamere und melancholische The Great Escape, ist mit Streichereinlagen und gelegentlichen Keyboardklängen untermalt. Today could be the day you might make a change, singt Frontmann Joel Stoker, und schlägt seinem Gegenüber mit ironischem Unterton eine Reihe von Möglichkeiten vor, sein Leben zu verändern: Join a local gang and get a cool nickname oder Make your lifelong sweetheart your ball and chain. Im Refrain muss er freilich immer wieder aufs Neue erkennen, dass eine Veränderung gar nicht ernsthaft angestrebt wird: (You’re) Waiting for the day, you’re not looking for something else. Die Great Escape als misslungenes Vorhaben – dies gilt in gewisser Weise leider auch für das vorliegende Album. Der Grossteil der Lieder sind nette, eingängige Pop-Rock-Stücke, zuweilen mit Geigen, Glockenspiel oder Keyboard angereichert: Tolle Tracks fürs alternative Radioprogramm am Nachmittag oder die Indie-Disco, aber die Songs bleiben stets den gleichen Mustern verhaftet, und lassen die Varianz und Raffinesse, durch die sich das Vorgängeralbum auszeichnete, deutlich vermissen. Das gilt auch für das knapp fünfminütige The General mit seltsamer Saxophoneinlage, elektronisch verzerrter Stimme des Sängers und Streicherchaos am Ende, das wohl als ‚Rock-Epos’ verstanden werden möchte. Diesmal leider nicht ins Schwarze getroffen, Rifles.