La classe (Entre les murs)
Sebastian Mayr - Es nicht lange her, dass Jugendliche in den Pariser Banlieus ihrer Frustration über Armut, Rassismus und Perspektivlosigkeit Luft machten. Kurze Zeit später, im Frühjahr 2006, wendeten sich in Deutschland die Lehrer an der Rütli-Schule in Berlin-Neukölln in einem offenen Bri...
Da sind zum Beispiel Khoumba und ihre Banknachbarin Esmeralda, beide mit maghrebinischen Wurzeln. Als François die Schüler zu Beginn des Schuljahrs bittet, ihre Namen aufzuschreiben, regt sich bereits erster Widerspruch. Die beiden Mädchen würden nur mitmachen, wenn auch er seinen Namen aufschriebe. Der Lehrer lenkt ein und als er dann anhand von Satzbeispielen versucht, den Schülern die französische Grammatik beizubringen, beschwert Esmeralda sich erneut. Sie sagt, er würde nur westliche Namen verwenden und nicht Namen wie Rachid oder Achmet, wie sie sie aus ihrem Umfeld kennen würden. Leistungsverweigerung und unterstellter Rassismus gehören jedoch noch zu den kleineren Problemen mit denen François zu kämpfen hat. Während er versucht, sich für die Schüler verantwortlich zu fühlen und ihnen etwas beizubringen, entwickelt sich Souleymane aus Mali im Verlauf des Schuljahrs immer mehr zu einem Problemfall. Neben „Null-Bock-Mentalität“ versucht dieser, den Lehrer offen zu provozieren. So fragt Souleymane ihn einmal mitten in der Stunde, ob das Gerücht wahr sei, dass er Männer möge. François verneint und meistert die Situation souverän. Doch mit der Zeit wird Souleymane immer ungehaltener, so dass François bald vor eine Entscheidung gestellt wird…
'La Classe' ist ein Film, der vor allem durch seine Authentizität, mit aller Lust und Frust des Lehrerseins und der gleichzeitig vermittelten Hoffnung besticht. Der Film widerlegt das Bild, dass Schulen in multi-kulturellen Problemvierteln mit täglichen Messerstechereien oder ähnlichem konfrontiert seien, bestätigt aber, dass Aggression und Provokation durchaus vorhanden sind. Diesen ist man aber nicht hilflos ausgesetzt, und das ist das gute an dem Film. François zeigt mit viel Energie und Idealismus Interesse an dem Schicksal seiner Schülern und Verantwortungsgefühl. Er möchte eine Art Kumpel sein und versucht, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Offen gesteht er Fehler ein und nutzt dieselben rhetorischen Instrumente seiner Schüler, indem er Fragen stellt und diese auch auf ihre Fehler aufmerksam macht. Dadurch gewinnt er einen Zugang, der zwar immer wieder auf die Probe gestellt wird, ihn aber neben Faktenwissen auch Respekt und Toleranz vermitteln lassen.
Bemerkenswert und was den Film letztlich herausragen lässt, ist seine Entstehung. In offenen Workshops erarbeiteten die Schüler zusammen mit den Filmemachern eigene Themen, Dialoge und Szenen. Dabei hatten die Schüler nie ein Drehbuch in der Hand, so dass die Schüler grösstenteils sich selbst spielten. Dadurch verschwimmen Fiktion und Realität, was dem in Cannes prämierten und Oscar-nominierten Film neben dem hohen didaktischen Gehalt seine grösste Stärke verleiht, seine Authentizität.
Note: sehr gut
- Genre: Drama, Dokumentation
- Drehort: Frankreich 2008
- Regie: Laurent Cantet
- Drehbuch: Laurent Cantet, François Bégaudeau
- Schauspieler: François Bégaudeau und Schüler der Francoise Dolto Schule Paris (20. Bezirk)
- Laufzeit: 128 Min.
- Kinostart: 29.01.2009
- Verleih: Filmcoopi Zürich AG
- Homepage: http://www.entrelesmurs-lefilm.fr
- Trailer: