Glasvegas - Glasvegas
Patrick Holenstein - Wer sich für Musik interessiert, kommt zurzeit um Glasvegas nicht herum. Der New Musical Express hat sie mit Lob überhäuft, von den Engländern werden sie geliebt und mit Platz zwei der Charts belohnt. Jetzt starten Glasvegas auf dem Festland durch. Ob ihnen der Erfolg ausserh...
Mit düsteren, monoton wabernden Klängen beginnt die CD. Über eine Minute dauert der hypnotische Beat, bis die Drums das Ganze zerreissen. Dann lässt Sänger James Allen seine Stimme ein erstes Mal erklingen. Flowers & Football Tops heisst der Song, der eine tieftraurige Geschichte erzählt. Allen leiht seine Stimme der Mutter des 15-jährigen Kriss Donald, der 2004 in Glasgow ermordet wurde, und besingt aus ihrer Sicht die quälenden Gefühle, die mit dem Verlust verbunden sind. Er tut dies aber nicht plakativ sondern respektvoll. Kraftvoll unterstrichen durch den Schluss: Ein Zeile aus dem Klassiker You are my sunshine: How could they take my sunshine away.
Die aktuelle Single Geraldine holt den Hörer mit einem Gitarrenintro ab, das noch lange wirkt. Musikalisch klingt das schon nicht mehr so düster. Doch der gesamte Text wechselt zwischen Hoffnung und deren Verlust. Geraldine symbolisiert im Text so was wie den rettenden Engel in der tiefsten Not. I will be the angel on your shoulder. My name is Geraldine, I’m your social worker. Genial, wie der eine Satz am Ende den Text in ein völlig neues Licht setzt. Plötzlich steht nicht mehr die Person mit dem „Schutzengel“ im Zentrum, sondern die Sozialarbeiterin, die einfach hilft.
Daddy’s gone ist der Song, welcher der Band in UK den Durchbruch brachte. Auch hier geht es im Text um soziale Probleme. So wird das Schicksal einer Familie erzählt, die vom Vater verlassen wird. Forget your Dad, he’s gone. Stabbed ist ein kleiner Höhepunkt der Platte. Zeilen wie No Cavalry could ever save me, I´m gonna get stabbed entfalten ihre tragische Kraft, durch das Klavier, welches sie mit Beethovens Mondscheinsonate stützt, fast treibt. Für einmal singt Allen hier sanft und subtil.
Glasvegas sind kaum einzustufen. Immer wieder schimmern verschiedenste Einflüsse durch, von U2 und Nick Cave bis zur halben britischen Popmusik der letzten Jahrzehnte. Wobei nie das Gefühl entsteht, man hätte eine Melodie schon einmal gehört. Die Songs funktionieren als eigenständige Konstrukte, verleugnen aber ihre Wurzeln nie. Die CD klingt als Gesamtprodukt düster, sowohl musikalisch als auch textlich. Soziale Themen, wie Gewalt oder zerbrochene Träume und Familien werden thematisiert. Durch den teilweise fast ziellos erscheinenden Gesang wirken die Songs zusätzlich authentisch. Voller Schmerz und einer Menge Pathos, aber immer in der passenden Dosieung. Anfangs wirkt alles etwas chaotisch und doch kristallisieren sich bei Glasvegas die durchwegs starken Melodien mit der Zeit heraus, dafür bleiben sie dann hängen.
Viele Stimmen heben die junge Band bereits auf gleiche Höhe mit Oasis. Wurde aber Oasis oft der Vorwurf gemacht, sie seien nicht ernsthaft genug, könnte Glasvegas enorme Sozialkritik ebenso Kritiker auf den Plan rufen. Gemeinsamkeiten gibt es aber schon. Entdeckt und massiv gefördert wurden Glasvegas von Alan McGee, der vor Jahren auch Oasis auf die Bühnen der Welt losgelassen hat. Und auf der aktuellen Oasis-Tour sind Glasvegas als Vorgruppe dabei.
- Glasvegas - Album: Glasvegas, ab sofort im Handel
- Live: 1.März Hallenstadion Zürich, Vorband von Oasis