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2. März 2009, 14:18 Movie

DVD der Woche: Swing Vote

Christina Ruloff - „Meine Stimme zählt ohnehin nicht.“ Kevin Costner und Madeline Carrol zeigen in Swing Vote, warum jede einzelne Stimme wichtig ist und was alles mit Amerika schief geht.Bud Johnson ist Alkoholiker. Er trinkt. Am Morgen schafft er es nur dank seiner Tochter, rechtzeitig bei ...

„Meine Stimme zählt ohnehin nicht.“ Kevin Costner und Madeline Carrol zeigen in Swing Vote, warum jede einzelne Stimme wichtig ist und was alles mit Amerika schief geht.

Bud Johnson ist Alkoholiker. Er trinkt. Am Morgen schafft er es nur dank seiner Tochter, rechtzeitig bei der Arbeit in der Eierfabrik zu erscheinen, wo er stundenlang Eier in Kartons einfüllt. Und nach der Arbeit geht er wieder trinken. Für seine Tochter ist er eine Enttäuschung und eine Schande, doch mangels Alternativen die einzige Bezugsperson. Sie – die eigentliche Erwachsene im Trailer ohne Telefon und warmes Wasser – schmeisst den Haushalt und organisiert ihren Vater, so gut es geht; ihr Herzensanliegen wäre es, wenn dieser wählen gehen würde. Doch Bud schläft im Auto seinen Rausch aus, so dass Molly mit dem Mut der Verzweifelten selbst für ihren Vater wählen geht. Da geht etwas mächtig schief und plötzlich schaut die ganze Welt nach Texico, New Mexico: Eine einzige, letzte Stimme wird über die Präsidentschaftswahl und das Schicksal der Nation entscheiden: Buds Stimme!

Bud: Jesus, Molly, you've got to quit being such a smartass.

Molly: And you have to stop using 'Jesus' as a cussword all the time. He's a billion people's Saviour.

Was als launige und absurde Komödie beginnt, entwickelt sich bald zu einer vielschichtigen Geschichte, in der sich die vielen tragischen Momente nicht mehr von Hauruck-Komik übertünchen lassen: „If this is one of the richest countries in the world, why is it so many of us can barely afford living here?“ Zu offensichtlich sind Armut und Chancenlosigkeit vieler, zu stossend die Unfähigkeit und Gleichgültigkeit der Politiker, deren Programm sich kaum mehr unterscheidet, sobald sie von den Medien aufeinander gehetzt, um Buds Stimme buhlen. Herrlich grotesk sind die Videoclips, in denen der republikanische Kandidat mit glücklichen Homosexuellen unter einem Regenbogen tanzt, während der Demokrat vor den verheerenden Folgen der Abtreibung warnt und man die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes vom Spielplatz verschwinden sieht. Das geht sogar dem beschränkten Bud, der sein Glück unabhängig von all dem „politischen Kram“ geniessen will und sich an der ungeteilten Aufmerksamkeit (emotionaler und schliesslich handfester Bestechung) wichtiger Männer erfreut, zu weit. Für wie blöd halten sie ihn eigentlich? Und für wie blöd hält man Durchschnittsbürger?

Kate Madison: Bowling:Remember when we were kids? This was the only thing to do on weekends.

Bud: It still is.

Die sensationslüsterne Presse kommt in Form einer hübschen Frau, die Bud den Kopf verdreht. Reporterinnen sind aber im amerikanischen Film auch schön moralisch und tun am Ende das Richtige.

Am Ende versucht der Regisseur Joshua Michael Stern (der ziemlich gute Dialoge schreibt), es allen Recht zu machen, indem der Film scheinbar keine Seite oder Partei ergreift. Da ist es jedoch schon zu spät – selbst Leute wie Bud wissen, wo sie ihr Kreuzchen machen sollten. Und Kevin Costner gibt den netten, erbärmlichen Proleten glaubhaft; wenn der Mann nicht gerade in schlechten oder zumindest fragwürdigen Produktionen auftritt, dann kann er nicht nur schauspielern, sondern überzeugt auch als Persönlichkeit. Das ist dringend nötig, wenn er nicht von der grossartigen Kinderschauspielerin Madeline Carrol blossgestellt werden will. Swing Vote ist grosses, uramerikanisches Drama und Märchen, so unprätentiös, dass einem die obligate Sentimentalität nicht mehr als einen Seufzer entlockt.

Swing Vote ist neu auf DVD erschienen!

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