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5. März 2009, 00:00 Politik

Bastien Girod: Wir sind immer noch Osterinsulaner

Bastien Girod - Ein Buch, das ich allen empfehle, ist "Kollaps" von Jared Diamond. Es zeigt, wie menschliche Gesellschaften immer wieder die Umweltprobleme und Ressourcenprobleme unterschätzten und so in Krisen stürzten, welche einem grossen Teil der Bevölkerung das Leben kosteten. Das illust...

Ein Buch, das ich allen empfehle, ist "Kollaps" von Jared Diamond. Es zeigt, wie menschliche Gesellschaften immer wieder die Umweltprobleme und Ressourcenprobleme unterschätzten und so in Krisen stürzten, welche einem grossen Teil der Bevölkerung das Leben kosteten. Das illustrativ beste Beispiel dafür sind die Osterinsulaner: Zu ihren Blütezeiten lebten etwa 15'000 Osterinsulaner auf einer Insel im Pazifik. Die Konkurrenz zwischen den Häuptlingen führte dazu, dass immer grössere Statuen (Moai genannt) gebaut wurden. Die Häuptlinge konnten ihren Lebensunterhalt und denjenigen der mit dem Bau beschäftigten Menschen dank den erzielten Nahrungsmittelüberschüssen garantieren. Doch der Erfolg der Osterinsulaner nahm ein jähes Ende. Der Wald, welcher zum Heizen, für die Krematorien, das Anlegen von Feldern, den Kanubau sowie den Transport und Aufbau der Statuen verwendet wurde, verschwand. Damit setzte auch eine starke Bodenerosion ein. So fehlten den Osterinsulanern nicht nur wichtige Werkzeuge zur Nahrungsmittelbeschaffung, auch die Fruchtbarkeit und damit der Ertrag der Felder gingen zurück. Da auch alle Landvögel ausgerottet waren und die meisten Seevogelarten nicht mehr auf der Insel nisteten, gab es keine Nahrungsmittelüberschüsse mehr – im Gegenteil: Eine Hungersnot brach aus. Die Häuptlinge, welche sich als gottverwandte Wohlstandsbringer darstellten, wurden gestürzt, ihre Statuen umgeworfen. In diesem Kollaps der Gesellschaft nahm die Bevölkerungsgrösse um etwa 90 Prozent ab.

Es fragt sich natürlich, was der Osterinsulaner sagte, der den letzen Baum fällte. Sagte er: "Wir haben keinen Beweis, dass es nicht an anderen Stellen auf der Osterinsel noch Palmen gibt – wir brauchen mehr Forschung. Der Vorschlag, das Abholzen zu verbieten, ist voreilig und reine Angstmacherei." Oder sagte er: "Wir brauchen keine Bäume, sondern Arbeitsplätze." Gemäss Jared Dimanon machen verschiedene Gründe eine Gesellschaft anfällig, ihre eigenen Ressourcen und damit sich selber zu gefährden. Die negative Entwicklung – im Fall der Osterinsulaner die Reduktion des Waldbestandes – kann lange nicht sichtbar sein, da sie einerseits sehr langsam vor sich geht, anderseits weil sie durch andere schwankende Trends überlagert wird. Zudem ist die negative Entwicklung mit deren Erkennung noch lange nicht gestoppt. Denn es muss auch der Zusammenhang mit dem menschlichen Handeln klar werden. Und selbst wenn die negative Entwicklung und ihr Zusammenhang mit dem menschlichen Handeln erkannt ist, läuft eine Gesellschaft die Gefahr, den Ast abzusägen, auf welchem sie sitzt. Denn oft sprechen verschiedene Gründe für die weitere Übernutzung der Ressourcen durch die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft, auch wenn dies die Gesellschaft als Ganzes gefährdet. Heute sind wir leider nicht viel weiter, nur geht es nicht mehr um eine Insel sondern um unseren Planeten.

Bastien Girod ist dipl. ETH Umweltnaturwissenschafter und Doktorand an der ETH sowie Nationalrat der Grünen Zürich.

www.bastiengirod.ch

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