Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

17. Oktober 2009, 18:28 Konzert Music

Review: Elton John @ Hallenstadion

Patrick Holenstein - Wenn ein Song aus der Feder von Sir Elton John erklingt, weckt er oft Assoziationen. Wer denkt nicht an Lady Diana, wenn er Candle in the Wind hört oder wer fühlt sich nicht in Afrika, wenn Circle of life erklingt und wenn Tiny Dancer gespielt wird, sieht mancher Penny Lane dur...

Wenn ein Song aus der Feder von Sir Elton John erklingt, weckt er oft Assoziationen. Wer denkt nicht an Lady Diana, wenn er Candle in the Wind hört oder wer fühlt sich nicht in Afrika, wenn Circle of life erklingt und wenn Tiny Dancer gespielt wird, sieht mancher Penny Lane durch den Bus hüpfen, wie sie es in Almost Famous tut, jenem Film, der dem Song seinen Kultstatus gab. Disney mal ausgenommen, gehörten die anderen beiden Songs zu den Höhepunkten des Konzertes. Elton John ist am Ziel angekommen und es nennt sich Las Vegas. Offensichtlich fühlt sich der ehemalige Paradiesvogel dort pudelwohl. Mit der Red Piano Show, die er in Zürich aufführte, gastierte er lange Zeit in Las Vegas. Elton John hatte wohl schon lange nicht mehr so viel Show mit auf Tour. Aber Show ist nicht gleich Show und alles lässt sich übertreiben. Aber davon später mehr, denn in allererster Linie überzeugte die Musik.

Die Bühne ist stockdunkel. Ein schwacher Schein von Schwarzlicht lässt Umrisse erkennen. Plötzlich stürmen geschätzt ein Dutzend weissgekleidete Menschen die Bühne. Ihre Aufgabe ist es, das von einem schwarzen Tuch bedeckte Klavier möglichst effektiv zu enthüllen. Zum Vorschein kommt das knallrote Klavier, das Herzstück der Show. Das Rot symbolisiert die Liebe und um diese dreht es sich oft in Elton Johns Liedern. Fast unbemerkt erscheint Elton John am rechten Rand der Bühne. Je mehr er sich dem roten Klavier am gegenüberliegenden Ende der Bühne nähert desto lauter wird der Applaus. Hinter dem Maestro hängt sein Name in fünf übergrossen Leuchtreklamebuchstaben. Elton John setzte sich ans Piano und eröffnete die Show mit Bennie and the Jets. Wuchtig klang der Sound, glasklar, so wie es Spass macht und wie man es von Elton John und seiner Band gewohnt ist. Der Sänger gehört nicht zu den grössten, das ist bekannt, aber die Buchstaben an der Wand liessen ihn noch kleiner erscheinen. Doch seine Musik sprach für sich und musikalisch ist er unbestritten einer der ganz grossen.

Das rote Klavier, auf einem leuchtend roten Stern bildete den Eye-Catcher der Bühne. Aber schon beim zweiten Songs, Philadelphia Freedom, gab es Konkurrenz: Der Screen. Grosse Bildschirme sind im Trend, siehe Coldplay, aber dass 10m x 30m Ding, dass Elton John ins Hallenstadion stellen liess, gehört sicherlich zu den gewaltigsten Screens, die je in der Halle standen. Doch genau der Monitor ist das visuelle Herzstück der Show und trotz seiner Grösse wirkt er nie aufdringlich, weil die Filmchen perfekt auf die Show abgestimmt waren. Er sollte im Laufe des Abends zum virtuellen Sprachrohr werden und Elton John dabei helfen, sein Leben zu rekapitulieren. Denn genau um das ging es offensichtlich. Immer wieder flimmerten Filmchen aus der Vergangenheit des Künstlers über die Leinwand, ob das blosse Sterne sind, wie bei Rocket Man oder Häuserschluchten, schöne Frauen und Liza Minneli, wie bei Philadelphia Freedom.

Auf einmal wurde Elton ruhig. Er begann von einem Mann zu erzählen, der im Krieg sein Augenlicht verliert. Untermalt wird der Song durch Kriegsbilder und endlose amerikanische Heldenfriedhöfe auf dem Screen. Ein Plädoyer gegen den Krieg. Einfühlsam, ergreifend und zurückhaltend auch Eltons Spiel bei Daniel. Als kurz danach die ersten Klänge von Nikita das Klavier verliessen, reagierte kaum jemand im Publikum – Elton John hatte das Intro leicht variiert, wie er es schon den ganzen Abend getan hatte -, aber als der Gesang anfing war alles klar und es herrschte so etwas wie Freude. Denn das Zürcher Publikum war bis hierhin etwas kühl. Vielleicht weil Elton Johns Musik gemütlich gehört wird und gar nicht zum Feiern und Tanzen anregen? Candle in the Wind, das jetzt folgte, war eh kein Tanzsong. Elton John spielte den Song in der Originalversion, also für Norma Jean. Dabei flimmerten Bilder ihres Alter Egos Marylin Monroe über die Leinwand. Dann knallte plötzlich eine schwere Eisenkugel auf die Bühne, der Screen begann eine beinahe hypnotische Bilderflut loszulassen und nicht wenige waren ratlos. „Was soll das denn werden?“, fragte jemand hinter mir. Bis die ersten Akkorde von Pinball Wizard erklangen, jenem The Who-Cover in Eltons Repertoire, bei dem das Piano für einmal den Gitarren den Vortritt liess.

Der Song läutete jene Phase ein, die zwar Stimmung brachte, dafür aber auch völlig überbordete. The Bitch is back folgte und mit dem Song bliesen sich an der Bühnendecke überdimensionale Brüste auf, Frauenbeine aus Plastik lagen quer über die Bühne und auf den Screen lapdancte Pamela Anderson. Jedem das Seine, zur Bitch passt das ja alles, aber als dann fast schon im Zeitlupentempo ein riesiger Lippenstift aufestellt wurde, was völlig klar, was Elton uns sagen will. Trotzdem stellten seine Helfer noch zwei Bananen in eindeutig Postition und garnierten sie mit zwei am Boden liegenden Kirschen. So ging es bei I’m Still Standing und Saturday Night’s Alright for Fighting weiter. Da hat der kleine Superstar dann doch etwas übertrieben. Aber vielleicht ist der Kindergeburtstag inmitten phallischer Spielsachen genau so ein Teil von Elton John, wie der Krieg, schliesslich geht es um sein Leben. Wobei, nicht ganz: Zum Dank für das Publikum gab es als Zugabe Your Song mit grossen, aufblasbaren Buchstaben, die LOVE bilden.

Ein versöhnlicher Abschluss eines sehr starken Konzertes, das zwischenzeitlich über die Stränge schlug, seine Zeit brauchte, bis Stimmung aufkam, zwischen Freude und Trauer hin- und herschwankte und von Beginn weg mit perfektem Sound überzeugte. Auf die Essenz reduziert lässt sich sagen, dass Elton John noch immer ein charismatischer Künstler ist und wer sein musikalisches Leben in so eine Show packen kann, der soll das bitte tun, immer und immer wieder.

Kommentare
Login oder Registrieren
Kimberly01
Kimberly01 28.10.2009 um 12:56
Cool Thanks! Für andere Besgeisteter: http://www.teddythompson.com/home.aspx
Argosasas
Argosasas 28.10.2009 um 12:49
Support Act war Teddy Thompson.
Kimberly01
Kimberly01 28.10.2009 um 12:44
Weisst jemand wie der Opening Act bevor Elton heisst? Ich glaube Ted etwas?