Capitalism: A Love Story
Ernüchternd: Ein besonders zynischer Weg zur Geldvermehrung sind die sogenannten „peasant policies“, Lebensversicherungen die Grosskonzerne und Banken auf ihre Angestellten abschliessen – ohne deren Wissen und zugunsten des Arbeitgebers - so profitieren diese noch vom Ableben der Mitarbeiter und zwar in Millionenhöhe, je jünger die verstorbene Person desto besser. Die in den Schlagzeilen omnipräsenten Zwangsräumungen bekommen ein Gesicht, indem wir Zeuge von gleich mehreren Zwangsräumungen werden. Selbst Piloten werden derart schlecht bezahlt, dass sie noch einen Zweitjob bestreiten müssen, um über die Runden zu kommen. Auch die Privatisierung von staatlichen Einrichtungen, so z.B. einer Jugendstrafanstalt, zeigt wie das Profitdenken die Welt regiert. Da werden Jugendliche für Bagatelldelikte verurteilt und auf Kosten der Steuerzahler interniert. Wer profitiert sind die Betreiber der Jugendstrafanstalt sowie der korrupte Richter der von der Anstalt Provisionen erhält. Inspirierend: Arbeiter einer Fabrik, die von einem Tag auf den andern auf der Strasse stehen, wehren sich. In selbstverwalteten Co-operativen verdienen die Arbeiter derart gut, dass man seinen Ohren kaum zu trauen vermag. Interessant ist die Offenlegung von Verflechtungen zwischen Finanzministerium und Wall Street. Und schon Roosevelt hatte das Anrecht aller auf Arbeit, ein Dach über dem Kopf und auf eine Gesundheitsversicherung gefordert. Seine erst kürzlich in Archiven aufgetauchte Rede aus dem oval room gehört mit zum eindrücklichsten des Films.
Was ist schliesslich Michael Moore’s Fazit? Der Kapitalismus gehört abgeschafft und soll ersetzt werden durch - häh? - Demokratie! Da hat ihn dann wohl doch der Mut verlassen... Der Film Capitalism: A Love Story ist zu lang geraten, Michael Moore hätte einiges kürzen können, er ist oft repetitiv, so bringt er unter anderem die Nummer mit dem citizen’s arrest gleich mehrmals, er bemüht nochmals seinen Lieblingsfeind Bush und er filmt tatsächlich schon wieder in seiner Heimatstadt Flint. Auch Kindheitsaufnahmen seiner selbst erspart er uns nicht. Er zeigt sogar Ausschnitte aus seinem Erstlingswerk Roger & Me.
Witzig ist er wenn er mit einem Geldlaster und einem kleinem Geldsack bei den Grossbanken vorfährt und ihnen zur Hand gehen will bei der Rückbezahlung der Milliardenhilfen. Diese Aktionen toppt er noch wenn er zuguterletzt gleich die ganze Wall Street mit einem gelben crime-scene-Band einwickelt.
Bewertung: 3.5 von 5• Titel: Capitalism: A Love Story • Land: USA• Dauer: 127 Minuten• Drehbuch: Michael Moore • Regie: Michael Moore • Darsteller: Michael Moore • Verleih: Ascot-Elite• Filmstart: 22. Oktober 2009