Gesträubte Nackenhaare bei den Körperwelten
Katrin Schregenberger - Die Ausstellung „Körperwelten“ hat ja bereits im Vorfeld für viele Wutausbrüche und abgeklärte Diskussionen gesorgt. Die Fachstelle für Pädagogik riet Lehrern davon ab mit ihren Schülern den Event zu besuchen, da die Kinder den Anblick ausgestellter Leichen nicht verar...
Nun kann man ein ganzes Getümmel an Kindern beobachten, die ganz begeistert herum rennen und weit weniger Hemmungen oder Abscheu zeigen als ihre erwachsenen Begleiter. Für einen solchen ist es zweifellos eine sehenswerte und informative Ausstellung. Es gibt faszinierende Geflechte aus Muskeln, Sehnen und Nerven sowie schwarze Raucherlungen zu bewundern. Merkwürdig aussehende Strohballen, die das reine Geflecht zum Beispiel des Gehirns zeigen, führen automatisch zu der Frage: „Wie zum Teufel wurde das gemacht? “ . Nicht zu letzt ist es eine Ausstellung zur Kunst des Präparierens. Wie alte Autos wurden die Körper auseinander genommen, einiges belassen, anderes entfernt.
Vor lauter Faszination scheint man ganz zu vergessen, dass es sich hier um tote Menschen handelt, Menschen wie du und ich. Auseinandergeschraubt wie nutzlose Maschinen. Doch ist es schwierig sich mit ihnen zu solidarisieren, zu steril und skulptural ist die Aufmachung. Die Figuren oder Leichen, wie man sie nennen will, sind denn auch bemalt, wohl zur erhöhten Anschaulichkeit. Zudem ist die ganze Ausstellung erfüllt von pathetischem Gesäusel und Lebensweisheiten wie: “Lebensfreude ist das Wichtigste, egal wie alt man ist.“ Gepaart mit zwei lachenden alten Leuten, wohl ein Filmstil von Rosamunde Pilcher. Dass die Ausstellung für Laien und die breite Masse konzipiert ist, wird spätestens hier klar.
Und plötzlich steht man dann vor einem Kopf, einem kahlen Männerkopf mit Augenbrauen und Ausschlag, völlig unversehrt, wenn man mal davon absieht, dass er halbiert ist.Das ist der Punkt, wo sich jedermanns Nackenhaare zu sträuben beginnen und man sich fragt, ob die Fachstelle für Pädagogik nicht doch wenigstens anzuhören wäre.
Von Katrin Schregenberger