Interview mit Greis am Openair Frauenfeld
Eva Noëmi Weniger - Am Openair Frauenfeld rockte Greis mit seinen Jungs unter der brütigen Mittagssonne die Bühne während einer Stunde, die viel zu schnell verstrichen war.Sichtlich gut gelaunt und nicht ohne Selbstironie schmetterte er seinen Fans einen Hit nach dem anderen entgegen, erfreute mi...
Sichtlich gut gelaunt und nicht ohne Selbstironie schmetterte er seinen Fans einen Hit nach dem anderen entgegen, erfreute mit einem noch unbekannten Track und war sich auch für einen „vor lauter Freude einen Purzelbaum schlagen“ nicht zu schade. Nach seinem Auftritt traf ich den sympathischen Berner im Backstage auf ein kurzes Interview.
Greis: It’s kinda funny cause my mumma was a florist and that’s how she met my dad and I’m a garden in the norman.
students.ch: Danke für diese Begrüssung. Gleich eine Frage vorweg – Ist dieser zweite Track, den du mit Cross performt hast einer dieser vielen, die's nicht auf das Album „3“ geschafft haben?
Greis: Nein. Aber aaah aber ich habe immer wie mehr Freude an diesen Songs, die’s nicht auf’s Album geschafft haben. Es ist einfach, weil Claud sehr streng ist punkto Zusammenhänge und Homogenität auf dem Album. Unser letztes Album geht ja in sehr viele Richtungen. Es gibt viele chanson-ähnliche Dinge, es gibt viele Sachen, die in Richtung Elektro gehen, und deshalb musste er halt sehr streng sein in der Songauswahl. Aber es gibt wahnsinnig gute Songs, die wir noch nicht veröffentlicht haben, weil sie einfach nirgends reingepasst haben, nicht weil sie schlechter waren.
students.chAlso in’s Gesamtbild von „3“?
Greis: Genau. Also in’s musikalische Gesamtbild. Und die kommen jetzt dann bald. Ich hoffe ,sie kommen vorher raus, und wenn nicht, kommen sie auf’s nächste Album.
students.ch : Dann ist das nächste Album also schon in Bearbeitung?
Greis: Absolut, wir sind schon dran.
Students.ch: In demfall wieder ein Soloalbum, und Claud produziert weiterhin?
Greis: Ja genau. Aber es kommt auch noch ein PVP- Album dieses Jahr.
Students.ch : Wunderbar, dann dürfen wir uns ja auf viel neues freuen! Nun etwas anderes: Dein zweiter Song heute war Global. Das hat mich etwas erstaunt, hast du doch kürzlich in einem Interview das Ende der Revolutionsromantik verkündet.
Greis: Was sage ich da schon wieder?
students.ch: Ja sinngemäss, dass du dich davon etwas distanziert hast. Dass du eben nicht mehr an eine Revolution im eigentlichen Sinn glaubst.
Greis: Doch! Das ist immer noch militant. Das ist immer noch Botschaft. Es geht für mich einfachum das Diskutieren im Stile von „yeah wir greifen alle zur Waffe und machen eine Revolution“. So ist es nicht. Erstens haben wir keine Panzer, zweitens haben wir keine Waffen und wir werden keine Revolution machen, sondern es evoluiert ständig innerhalb der Begebenheiten, die wir haben. Mit Reformbewegungen und mit direkten Aktionen in Kleingruppen kann man extrem viel bewirken und ich rufe auf zu direkten Aktionen. Ich sage nicht, geht einmal im Jahr an eine Grossdemo gegen G8 – oder doch, macht es so wenn ihr wollt. Bildet Banden und seit effizient und aktiv in kleinen Gruppen und geht immer wieder zu den Unternehmen....
students.ch: Also eben das, was du auf „Teil vom Problem“ sagst. Es geht darum, was wir als Individuum, als Konsument tun. Welche Entscheidungen wir fällen. Aber bei Global rufst du „So chömet bringet die Wasserwärfer“. Bist du davon nicht etwas weggekommen?
Greis: Nein überhaupt nicht. Es ist immer noch „bringet die Wasserwärfer“. Aber es geht einfach darum, dass Engagement nicht nur darauf basiert, an Demos zu gehen. Es ist wichtig, dass man an Demos geht, aber es ist auch wichtig, dass man in seinem täglichen Konsumverhalten Engagement zeigt. Und ebenso wichtig ist es, dass man versucht, Institutionen oder Unternehmen direkt anzugreifen. Da reicht es, wenn man das in kleinen Gruppen macht. Zum Beispiel sind wir letztes Jahr zu Glencore, dem grössten Unternehmen der Schweiz. Die sind etwa dreimal so gross wie Nestlé.Jedenfalls sind wir da hin, um dafür zu militieren , dass sie Verhandlungen zu einem Gesamtarbeitsvertrag aufnehmen. Und zwar für eine Dreikohlenmine, die sie in Kolumbien vertreiben und da konnten wir sehr viel Druck aufbauen.
students.ch : Du bist sehr aktiv...
Greis: Letztes Jahr konnten wir verhindern, dass die BKW ein Kohlenkraftwerk baut, welches 50 Mio Tonnen CO2 generiert hätte. In einer Gruppe von 20 Menschen sind wir vier mal zu dem Unternehmen „ga närve“ und schlussendlich bauten sie’s nicht. Dieses Jahr bin ich mit der Schauspielerin Julia Jentsch schon ein paar mal bei Roche gewesen,weil sie mit Organen von Häftlingen aus China experimentieren. In China gibt es mehr Todesstrafen, als in jedem anderen Land auf der Welt.
students. ch: Eben, du bist extrem engagiert. Und vieles, das dich bewegt oder wütend macht, kommunizierst du in deinen Texten. Wie gesagt, die Faust passt nicht mehr in die Tasche. Aber ich denke, der Grossteil hier an diesem Frauenfeld-Openair, das inzwischen sehr mainstreamig geworden ist, hört überhaupt nicht auf die Texte und flasht einfach den geilen Sound.
Greis: Das ist mir ehrlich gesagt scheissegal. Hauptsache sie haben Freude, oder?! Hauptsache du flashst die Musik. Ich bin primär Musiker! Ich bin nicht Politiker oder Aktivist. Und wenn man es so betrachtet; wenn die Leute Freude haben an den Beats, dann ist das super – wenn sie etwas mitnehmen von der Massage, dann ist das um so besser. Schlussendlich möchte ich den Leuten einfach Hoffnung und Energie geben. Und das kann man genau gleich via Musik machen, gar nicht unbedingt nur über den Inhalt.
Und Freude hatten sie, und werden es auch weiterhin haben. Denn Greis ist textlich, wie auch musikalisch ganz klar auf seiner Höhe und wir freuen uns sehr auf die beiden neuen Alben. Danke Greis – you rock!!
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