Blue Balls 2010: Der lebendige Blues des Joe Bonamassa
Patrick Holenstein - Die Erwartungen waren gross, schliesslich gilt Joe Bonamassa als Blues-Sensation und sein Ruf eilt ihm meilenweit voraus. Der junge Amerikaner hielt jedoch sämtlichen Anforderungen an seine virtuosen Gitarrenkünste stand und spielte ein grossartiges Konzert. Joe wirkt scheu, sp...
Joe wirkt scheu, spricht kaum ein Wort. Viel lieber gibt er jegliche Kommunikation an seine Gitarren ab. Zum Einstieg lässt er seine Finger über eine Doppelhals-Gitarre flitzen. The Ballad of John Henry, der Titelsong zum Album, das ihm den endgültigen Durchbruch brachte, eröffnet eine Show, bei der die einzelnen Songs nicht so wichtig sind. Viel eher geht es bei Bonamassa um Leidenschaft, sein exzessives Gitarrespiel und natürlich um Blues in allen Variationen.
Zum überragenden Höhepunkt wurde dann in der Mitte des Konzertes Sloe Gin. Das leise Intro spielten Joe und sein Keyboarder alleine. Im KKL war es einen Moment lang totenstill, sämtliche Anwesenden schienen dem sanft wabernden Keyboardsound und Joe’s Solo zu lauschen, bis die volle Band die Bühne betrat und das anfängliche Duo heftigen Szenenapplaus erntete. Jetzt entfaltete der Song seine volle Kraft, wechselte wie selbstverständlich zwischen wuchtig kraftvollen Passagen und beinahe zärtlich anmutenden Entspannungsphasen, die sich auf einem so schmalen Pfad bewegten, dass jederzeit die Gefahr bestand, von herrlich schwelgerisch in pathetischem Kitsch abzudriften. Joe und seine Band verstanden es jedoch perfekt, dies zielsicher zu vermeiden. Was für eine Hymne.
Nach Sloe Gin taute Joe merklich auf, sprach etwas mehr mit dem Publikum, konzentrierte sich aber weiterhin auf die Musik. Er wusste sich mit gezielten Posen durchaus selbstbewusst zu inszenieren. Immer wieder streckte er eine Hand in die Luft, erstarrte kurz und liess den Arm dann für den nächsten Akkord gerade zu theatralisch auf die Saiten niedersausen oder er krümmte seinen Körper ekstatisch, als ob die Musik direkt in seinen Körper strömen würde. Joe Bonamassa lebt den Blues, geniesst jeden Schrei seiner Gitarre, schwelgt geradezu träumerisch in endlosen Soli und suhlt sich förmlich in Riffs und auditiven Spielereien. In Luzern war es schön ihn dabei zu beobachten, wie er jede Nanosekunde auf der Bühne in vollen Zügen genoss.
Das war ein Abend voller Blues, wie er sein soll, von einem der vielleicht besten Gitarristen seiner Generation packend gespielt. Grosses Kino!