Armadillo @ Zurich Film Festival
Gregor Schenker - Janus Metz Pedersen und sein Team haben für diesen Dokumentarfilm dänische Soldaten begleitet, die einen sechsmonatigen Einsatz in Afghanistan leisten. Wir sehen, wie die jungen Männer ihre zutiefst besorgten Angehörigen zurücklassen, wie sie sich auf der Militärbasis Armad...
Armadillo bedient sich in hohem Masse den Mechanismen des Spielfilms, nicht nur, was Kameraarbeit, Ton, Musik und Schnitt anbelangt, sondern auch im Bezug auf die hemmungslose Emotionalisierung des Themas und den dramatischen Spannungsaufbau; die Inszeniertheit vieler Szenen und Ereignisse ist dann auch immer wieder spürbar. Aber bei Gott, der Streifen funktioniert vorzüglich: Selten war ein Dokumentarfilm derart spannend und mitreissend. Der ausgefeilte Einsatz filmischer Mittel hinterlässt im Zusammenspiel mit dem Wissen, dass man (zumindest teilweise) echte Ereignisse mit ansieht, einen tiefen Eindruck.
Natürlich kann man sich fragen, inwiefern dies dem ernsten Thema gerecht wird – der Film wirkt zumindest öfters unangenehm voyeuristisch. Und selbst bei wohlwollender Betrachtung kommt man kaum umhin, Armadillo ideologische Fragwürdigkeiten vorzuwerfen: Die gelackte Werbe-Ästhetik der Bilder führt unweigerlich zu einer Romantisierung des Krieges, auch wenn uns der Film dessen Gräuel mitunter sehr drastisch (und dann plötzlich in Form von Amateuraufnahmen) vor Augen führt (wirklich nichts für schwache Nerven). Unmöglich, dabei nicht an militärfreundliche Hollywoodfilme wie Top Gun zu denken.
Dazu passt die Botschaft des Filmes: Der Afghanistaneinsatz ist trotz aller Einwände eine gute Sache und was als Kriegsverbrechen westlicher Soldaten durch die Medien geht, wurde oftmals bloss von ahnungslosen Zivilisten aufgebauscht.
Nicht, dass sich in dieser Doku nicht auch nachvollziehbare Argumente fänden, aber sie zeigt dann doch arg wenig Distanz zu Kriegsbefürworter-Rhetorik und legt eine verdächtige Abwesenheit von tiefgehender Kritik an den Tag.
Fazit: Armadillo ist ein äusserst packender und beeindruckender Film, der einen nicht so schnell loslässt. Aber er ist näher an Militärpropaganda wie Top Gun dran als an einer sachlichen und neutralen Auseinandersetzung mit dem Afghanistaneinsatz.
Ich empfand es weniger so, als hätte mich der Filmemacher sein Erleben nachfühlen lassen, als dass ich emotional manipuliert wurde. "Armadillo" wirkt da natürlich besonders stark (stärker als "Apokalypse Now" und Co.), weil ihm dokumentarisches Material zur Verfügung steht - das hemmungslos zur Dramatisierung eingesetzt wird ("unangenehm voyeuristisch" schrieb ich ja in der Kritik).
Schlussendlich, wie gesagt, zeigt der Film für mich durchaus kritische Aspekte, erklärt den Krieg aber insgesamt zu einer guten Sache und die Soldaten zu Helden (das unwidersprochene Argument, dass das Militär der Bevölkerung nur helfen will; die Ansprache darüber, dass Berichte über angebliche Kriegsverbrechen bloss auf Missverständnissen ahnungsloser Zivilisten basieren; die Tatsache, dass die Soldaten fast alle weitermachen, etc.). Plus eben Romantisierung durch Ästhetik.
Ist natürlich interessant, dass der Regisseur ganz anderer Meinung ist, hüstel.
Warst du also an einem Werkstattgespräch oder so mit Pedersen? Vielleicht siehst du ihn ja nochmals und kannst ihn dazu befragen?
Also: Ich empfand den Film als starkes, emotionales Erlebnis. Und ich war am Ende noch mehr als zuvor gegen diesen Krieg (und kann die Soldaten, Mini & Co nur bedauern...)Und er zeigt für mich, wie Leute ticken, die sich freiwillig für eine derartige Mission melden. Sie sind sonst ausserhalb meiner Erlebniswelt. Er gibt tatsächlich dieses "Mittendrin" Gefühl (das ich bei anderen Kriegsfilmen nie so erlebt habe).
Ich denke, gerade das kann man als problematisch einstufen, weil es ja ein Dokumentarfilm ist. Und da stellt sich die grosse Frage: Was ist ein Dok? Welche "Freiheiten" / Stilmittel darf er sich herausnehmen? Was will dieser Film? Hier liegt vielleicht ein Schlüssel: Metz zeigt nicht "den Krieg", sondern wie er ihn als "auteur" als Filmemacher im Krieg erlebt hat. Und damit konnte ich "mitfühlen"...
Was hat der Film denn für eine Wirkung auf dich gemacht, wenn du von Metz' Äusserungen und Co. absiehst?
Aber wo ich dir Recht geben muss: Die Ästhetik erinnert - bewusstermassen - viel mehr an Apokalypse Now & Co. Metz wollte (nach eigenen Worten) Krieg und Verrohung SO zeigen, wie er sie als Fast-Soldat selber erlebt hat. Und dazu gehört seiner Ansicht nach eine Stilisierung und Vereinfachung des Krieges!