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6. Februar 2011, 21:07 Music Interview

Stadt, Land, Fluss mit den Beatsteaks

Patrick Holenstein - Interviews mit den Beatsteaks sind wie Forrest Gumps Pralinenschachtel - man weiss nie was man bekommt. „Lasst uns doch Stadt, Land, Fluss spielen. Wer macht mit?“ Mit diesen Worten wurde Students im Hotel Renaissance empfangen. Und für solche Späße sind wir von Students d...

Interviews mit den Beatsteaks sind wie Forrest Gumps Pralinenschachtel - man weiss nie was man bekommt. „Lasst uns doch Stadt, Land, Fluss spielen. Wer macht mit?“ Mit diesen Worten wurde Students im Hotel Renaissance empfangen. Und für solche Späße sind wir von Students doch immer zu haben. Und schon rief einer A, der nächste Stopp, das C wurde getroffen, und sofort kritzelten Kugelschreiber eifrig Buchstaben auf Papier. Inmitten der lockeren Spielrunde plauderten die Beatsteaks über ihr neues Album, erklärten den Begriff Boombox und verrieten, dass sie den Punkrock aufgeben wollen.

Ihr habt für die Januar-Ausgabe der deutschen Musikzeitschrift Visions kurzzeitig die Chefredaktion übernommen. Wechselt ihr auf die Kritikerseite?

Arnim Teutoburg-Weiss: Nein, es war schon eher eine Idee von der Visions-Redaktion. Die haben sich gern übernehmen lassen.

Peter Baumann: Die haben einfach gesagt „Jetzt macht ihr mal“.

Arnim: Genau, die meinten: „Seid mal crazy und leitet die Redaktion.“ Was sie uns am Ende aber doch nicht ganz erlaubt haben.

Wie war die Erfahrung für euch?

Arnim: Es war schon schön und hat Spass gemacht.

Ich habe gelesen, dass eure Bandgeschichte ein Beispiel dafür sei, dass es noch Bands gäbe, die es mit dem Erfolg nicht eilig hätten und sich Zeit lassen würden, um sich zu entwickeln. Wie seht ihr das?

Arnim: Wir sind ja mittendrin. Wenn so etwas über uns gesagt wird, finden wir das natürlich gut, das freut uns. Wir lassen uns schon Zeit und wir lassen uns auch nicht so schnell verbiegen. Wir machen es so, wie wir wollen. Wenn uns dafür jemand mag, ist das super.

Seit über 15 Jahren macht ihr gemeinsam Musik. Ihr habt als Vorband der Sex Pistols erste Erfahrungen gesammelt und steht in diesem Sommer gleich zweimal in der Berliner Wuhlheide auf der Bühne. Was denkt ihr, wenn ihr auf die Zeit zurückblickt?

Peter: Mir kommt es vor wie fünf Jahre.

Arnim: Ich zähle aber erst ab dem Moment, ab dem das Line-Up so ist, wie jetzt, also ab 2000. Es gibt zwar die Alben 48/49 und Launched, aber für mich geht es irgendwie erst ab Living Target los. Ist zwar nicht ganz richtig, aber ich sehe es so. Die Anderen nicht.

Peter: So bleibt man aber auch jünger.

Alle: (Gelächter)

Habt ihr Lieder, die euch besonders ans Herz gewachsen sind?

Peter: Auf jeden Fall.

Arnim: Das sind viele, wirklich viele. Für mich haben wir viele Lieder, die mich zu einem gewissen Zeitpunkt glücklich gemacht haben. Zum Teil in dem Moment, in dem sie entstanden sind, andere weil sie live funktioniert haben oder als mir der Manager gesagt hat: „Es läuft jetzt im Radio.“ Ich werde nie vergessen, wie ich Let Me In das erste Mal im Radio gehört habe. Das war ein total aufregendes Gefühl, einfach super. Da kam ein Anruf „Ihr seid im Radio, mach mal an“ und dann lief da unser Song.

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Im intensiven Gespräch ging dann fast vergessen, dass wir ja Stadt, Land, Fluss spielen. Langsam wurde es Zeit, um das C aufzulösen. Von viel Gelächter und einer Mischung aus Erstaunen und offener Fassungslosigkeit begleitet, erntete Peter die Punkte für Celine Dion, die er im Bereich Musiker/Band genannt hatte. Kolumbien geht als Land mit C nur knapp durch, wenn man Fremdsprachen erlaubt. Kurze Diskussion, dann war sich die Band einig: es gibt Punkte. Den Vogel der C-Runde abgeschossen hatte aber die Chinin-Allergie in der Rubrik Krankheit. Darauf muss man erstmal kommen. Wieder rief einer A, der nächste Stopp und das S war gewählt. Es wurde Zeit, um über die aktuelle CD der Beatsteaks zu sprechen.

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Lasst uns doch auf das neue Album kommen. Wieso habt ihr das Album Boombox benannt?

Arnim: Boombox ist der Proberaum. Es heisst so, weil wir das Album im Proberaum aufgenommen haben. Und seither heisst der Boombox. Der Raum ist nicht viel grösser als dieser hier (ca. 25m², Anm. d. Red.) und da wird es oft sehr laut.

Den letzten Schliff habt ihr dem Album allerdings in Kalifornien gegeben. Dafür habt ihr mit Nick Launay (Produzent von Nick Cave oder Arcade Fire) gearbeitet. Wieso habt ihr euch für ihn entschieden?

Peter: Wir hatten ihn schon länger auf dem Kieker, weil er schon vorher einen tollen Mix eines Songs gemacht hat, der auch mit auf die Platte gekommen ist. Wir haben ihn kontaktiert und ihn gefragt, ob er Zeit hat, weil uns die Sachen, die er bereits gemacht hat, immer sehr überzeugt haben. Er lässt die Bands immer gut aussehen. Wir wollten mit ihm arbeiten, weil wir uns vorstellen konnten, dass unsere Aufnahmen und seine Arbeit eine gute Mischung ergeben würde. Wir wollten aber auch ein kleines bisschen, ohne das negativ zu werten, aus dem Berliner Dunstkreis heraus und schauen, was jemand mit einem internationalen Format, das Launay dann doch hat, daraus macht.

Ich habe zwei Sachen zu euren Aufnahmen gelesen, die ich doch gern ansprechen möchte. Ihr habt tatsächlich einen Dress Code bei Songaufnahmen?

Arnim: Bei einem Lied...

Peter:... das scheint sich wie ein roter Faden durch die Medien zu ziehen.

Arnim: Bei einem Lied war das tatsächlich so.

Wie sah der Dress Code aus?

Arnim: Da es ein Song war, der ein wenig an The Specials erinnert, haben wir uns wie The Specials angezogen. Also Doc Martens und enge Jeans, Hosenträger und Hüte. Perfekte Ska-Bekleidung halt.

Und dann tauscht ihr bei Aufnahmen schon mal die Instrumente?

Arnim: Ich nicht, ich tausche mit niemandem gerne Instrumente. Aber Peter tauscht gern mal mit Thomas die Instrumente. Thomas denkt sich gerne am Klavier etwas aus und Peter nimmt sich das dann vor und spielt es auch noch mal.

Ihr habt die Noten zur ersten Single, Milk & Honey, im Vorfeld in Anzeigen publiziert, ohne zu erklären, was dahinter steckt. Was habt ihr für Reaktionen bekommen?

Arnim: Tolle! Coverversionen sind sowieso immer interessant. Es war aber noch viel interessanter, weil keiner das Original kannte. Man musste sich das Stück quasi erlesen oder erspielen. Für uns war das sehr aufregend. Eine wirklich schöne Idee der Plattenfirma.

Was passiert mit diesen Songs?

Arnim: Wir haben unsere zwei Lieblingsversionen zu B-Seiten auf der Single zu Milk & Honey gemacht.

Nehmt ihr einige der Bands, die euch Covers geschickt haben, ins Vorprogramm bei Konzerten?

Arnim: Nein, die Vorbands waren schon gebucht.

Torsten Scholz: Sie kommen aber dafür umsonst zu den Konzerten.

Arnim: Genau, sehr viele Leute, die Covers gemacht haben, kommen bei unseren Konzerten vorbei.

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Zeit für die Auflösung der zweiten Spielrunde. Begriffe mit S waren gefragt. Gewässer? Klar: See. Wieso auch zu weit denken. Damit war Peter alleine und erntete die volle Punktzahl. Bei den Musikern war die Auswahl schon vielseitiger. Silbermond oder die Scorpions wurden beispielsweise genannt, aber auch der Name Sarah McLachlan fiel und alle bekamen Punkte. Die Nennung im Bereich Fluchwort sei hier aus Rücksicht auf sensible Gemüter nicht genannt. Punkte gab es allerdings auch dafür. Das Start/Stopp-Spielchen erkor den Buchstaben A zum Mittelpunkt der nächsten Runde

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Beim ersten Hören ist bei mir Automatic hängengeblieben. Der Gitarrenpart in der Mitte ist eingängig, aber auch Reggaebeat oder die verschiedenen klanglichen Spielereien. Wie seht ihr den Song?

Peter: Den hatten wir schon aufgenommen, in einer Rockversion, sag ich jetzt mal. Aber irgendwie hat uns das nicht ganz so befriedigt, wie die andern Sachen, die wir gemacht haben. Arnim hat dann vorgeschlagen, Pierre, seines Zeichens Sänger bei Seeed (Peter Fox, Anm. d. Red.), ins Studio zu holen, weil wir ihn ganz gut kennen und wir sehen wollten, was der damit machen würde. Wie er die arrangieren würde, wenn wir nur spielen würden. Wir haben uns also einen Abend Zeit genommen und die Version am Tag drauf so eingespielt, wie sie jetzt ist. Uns machen generell Sachen Spass, bei denen wir uns nicht total sicher sind. Auf dünnem Eis laufen bereitet uns Freude.

Fix it klingt roher, als der Rest des Albums. Wie kommt das?

Arnim: Das kommt, weil der Song in ganz vielen Elementen, in verschiednen Parts, noch so ist wie das Demo. Wir haben viele Sachen, die uns sehr gut gefallen haben, einfach vom Demo übernommen. Zwar haben wir das Stück nochmals und nochmals aufgenommen, haben aber nichts davon verwendet. Der Opener der Platte ist eigentlich zum Teil ein Demo und deshalb klingt er roher. Das war aber voll beabsichtigt. Irgendwie war das nie ein kompletter Song, also haben wir gedacht: „Damit leiten wir die ganze Sache ein.

Wie schreibt ihr eure Songs und hat sich euer Arbeitsprozess im Laufe der Zeit verändert?

Arnim: Er hat sich vor allem gefestigt. Es hat sich gefunden und inzwischen ist es eine Art Teamwork, wie wir Musik machen. Manchmal sind Songs im Demostadium so weit ausgereift, dass man sich nur noch gut zureden muss, dass jetzt wirklich alles schon fertig ist und keine Bearbeitung mehr braucht. Das Intro zu Automatic zum Beispiel, das hatten wir ein Dreivierteljahr lang und wir wussten, dass wir nicht locker lassen dürfen, weil es einfach geil ist. Und so findet sich das. Oder Milk & Honey kenne ich genau so, wie es jetzt ist, vom Klavier arrangiert, nur ohne Gesang.

Entstehen die Songideen als Kollektiv?

Arnim: Die Ideen entstehen nicht immer gemeinsam. Oft setzt sich einer hin und schlägt was vor und die andern haken entweder ein oder gehen an ihre Instrumente und spielen. Am Ende hört man die Band spielen. Aus einer Idee wird immer die Bandversion werden.

Ihr spielt am im März in Zürich und im Sommer auf dem Gurtenfestival. Was darf man von den Beatsteaks 2011 erwarten?

Arnim: Naja, wir sind jetzt langsam alt. Wir werden viele Balladen spielen, es wird etwas ruhiger zur Sache gehen. Schliesslich müssen wir uns mit dem Alter arrangieren. So langsam müssen wir auch mal an Geld denken und darum wird es viel Chartmusik geben. Wir werden Katy Perry covern.

Peter: Jaa.

Arnim: Vielleicht ist sie sogar als Special Guest dabei. Wir kennen sie ja ganz gut. Peter sogar noch besser. Wir müssen jetzt die Geschichte mit dem Punkrock so langsam mal hinter uns lassen, es wird Zeit nach vorn zu schauen. Ab in den Popolymp, ab in die Charts.

Torsten Scholz: Kurze Spielzeiten und hoher Stundenlohn.

Peter: Genau.

Alle: (Lautes Gelächter)

Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt.

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Bevor es für Students Zeit zum „Tschüss“ sagen wurde, musste noch die letzte Spielrunde aufgelöst werden. Hier zeigte sich nochmals, dass die Beatsteaks gerne mal „Fünfe grade sein lassen“. Andalusien als Land? Naja, etwa so wahr wie das Limmattal als Kanton zu sehen. Punkte gab es trotzdem. Bliebe noch ein Musiker mit A. Erstaunlich, dass keiner auf die einfachste Lösung gekommen war: Arnim Teutoburg-Weiss, immerhin Sänger der Beatsteaks. Gewonnen hat Students das Spiel zwar nicht, Spass hat es mit den Beatsteaks trotzdem gemacht. Wir freuen uns schon auf eine Revanche.

Beatsteaks - Milk & Honey




  • Die Beatsteaks
  • 7. März in Zürich
  • Gurtenfestival 14. - 17. Juli /(Auftrittstag noch unbekannt)
  • Das Album Boombox ist im Handel erhältlich.
  • Wir verlosen zwei signierte Exemplare von Boombox sowie Tickets für das Konzert in Zürich!
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