Review: John Scofield @ Kaufleuten, 01.04.08
Dominik Mösching - John Scofield ist so etwas wie der Rockstar des Jazz. Nicht nur wegen seinem Elite-Status unter den Jazzgitarristen, sondern auch wegen seinem Live-Auftritt: Er schreckt weder vor launig-anzüglichen Ansagen noch vor Rock-Klassikern wie Satisfaction von den Stones zurück, beides...
„Welcome to the boys’ world of Jazz. What kind of strings do you use?“, fragte John Scofield süffisant die weibliche Minderheit, als ihm das ungleiche Geschlechterverhältnis im Publikum auffiel. Doppeldeutiger Gitarristenhumor gehört also auch zu seinem Repertoire, wie so vieles: Gibt es eine Konstante in Scofields langjähriger Karriere, dann ist es die ständige Neuerfindung und -entdeckung. So beeindruckend wie die stilistische Vielseitigkeit seines Werks ist auch die Liste der Kooperationen. Neben Miles Davis hat Sco auch mit Bill Frisell, Herbie Hancock, Pat Metheny und anderen mehr zusammengearbeitet.
Auch bei seinem aktuellen Projekt mit dem lakonischen Namen This Meets That spielt er mit offenem musikalischem Visier. Das wird im Kaufleuten bereits nach einigen Takten offensichtlich – gleich als Opener präsentiert Scofield den Folk-Klassiker House Of The Rising Sun in einer äusserst gelungenen Jazz-Version. Und schon bald erklingt als weiterer Fixpunkt im Set das charakteristische Satisfaction-Riff. Beide Songs gehörten zu den ersten, die der kleine John auf der Gitarre zu lernen hatte. Und bis heute ist er im Herzen ein Blueser und Rocker geblieben – die Einflüsse sind in jedem Solo zu hören und machen seinen typischen Sound aus. So gehören die kantigen, verzerrt gespielten Blues-Licks zu den Höhepunkten des Konzerts. Ein Könner ist Scofield auch auf dem Gebiet der mehrstimmigen Lines, die immer mal wieder an Bill Frisell erinnern.
Die konventionelleren Swing-Stücke und -balladen ragen dagegen weniger aus der Masse heraus, auch wenn technisch natürlich wenig auszusetzen ist. Drummer Bill Stewart, quasi der Co-Star der Band, ist ein König des Second Line New Orleans Groove, und von der Bläsersektion vermag besonders Phil Grenadier (Trompete/Flugelhorn) Akzente zu setzen. Allerdings agieren die sechs Herren auf der Bühne nicht unbedingt als Sextett. Wo The John Scofield Trio and Horns draufsteht, ist in der Tat „Dreierteam plus Gäste“ drin. Die Bläser ergänzen, sie untermalen, sie setzen Akzente – sie sind aber nicht Teil der Kerntruppe. Das merkt man durchaus, unter anderem beim weniger gelungenen Versuch einer freien Improvisation.
Aber gut, das Publikum ist so oder so begeistert – vor allem bei den Covers und den Standards wie dem Bebop-Klassiker Donna Lee – und verlangt zweimal nach Zugaben, die uns Scofield gerne gönnt. Ein paar Delay- und Loop Station-Einsätze und den letzten schönen Blues später heisst es: Goodbye, Zurich. Bis zum nächsten Mal, John! Wir sind gespannt, an welchen Sounds du nach This Meets That werkelst und welche Evergreens du wieder ausgraben und verjazzen wirst...
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