Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

9. Dezember 2012, 14:03 Music Festivals

Kilbi im Überall: Kubrik und ein Tropfen Milch

Patrick Holenstein - Zum zweiten Mal war die Kilbi im Überall in Zürich. In einem vielseitigen Programm galt es die Zückerchen zu finden und sich rechtzeitig im Bogen F, Helsinki, Exil oder Moods einzufinden. Platzprobleme gab es am Freitag zwar keine, aber die Sofas im Moods waren begehrt.

Freitagabend und eine Tuba eröffnete meine Kilbi. Ein Blasinstrument, dass den Soundtrack zu Stanley Kubricks 2001 - A Space Odyssey lieferte, genauer gesagt vertonte der Besitzer der Tuba, Marc Unternährer, die berühmte psychedelische Flugszene neu. Er liess seine Tuba rattern, dröhnen und keuchen, während das Publikum genüsslich in den Sofas versank oder es sich im bestuhlten Moods gemütlich machte. Sounds Like A Movie war für mich die erste Veranstaltung am Freitagabend. Fünf Künstler bekamen im Vorfeld jeweils zwei Ausschnitte aus Filmklassikern wie Rocky, Shining oder The Big Lebwoski zugeschickt und sollten sie neu vertonen. Ihre Interpretationen präsentierten sie live im Moods. Neben Unternährer waren beteiligt: Tim & Puma Mimi, Sebastian Strinning, Raphael Elmiger und Christoph Barmettler von Silver First sowie Domi Hug von The Legendary Lightness. Wenn man es schaffte, die Originalthemes der Filme wegzudenken, eröffneten sich plötzlich spannende neue Filmwelten. 50 Minuten, die wie im psychedelischen Flug vergingen.

 Jens Lekman, der Typ von Nebenan.
Jens Lekman, der Typ von Nebenan.

Da ich schon mal gemütlich auf einem der Sofas im Moods sass, fand ich auch nach eindringlichem Studieren des Programms keinen Grund aufzustehen. Im Gegenteil, das beste Argument, um sitzenzubleiben, war eh der erste Zürcher Auftritt von Jens Lekman. Der Schwede steckte wenig später bereits aktiv im Soundcheck und es war spannend, ihn dabei zu beobachten. Mit Gitarre, Bass, Violine, Schlagzeug und Flügel sowie dem Gesang hatten die Truppe auch einiges abzustimmen. Es hat sich gelohnt, denn das Konzert von Jens war von Beginn weg wunderschön gemischt. Lekman, so unscheinbar der Songwriter in schwarzem Anzug, weissem Hemd und kontrastierendem schwarzen "Chäppli" auch aussah, so intensiv waren seine Songs. Sein unscheinbares Auftreten passte irgendwie zu den filigranen Songs, die Jens Lekman schreibt. Und Humor hat der Gute ebenfalls. So stand er bei "Opposite Of Halleluja" am Bühnenrand und warf amüsiert eine Handvoll Konfetti in das Publikum. Szenenapplaus. Einziger Minuspunkt: das geschwätzige und respektlos Publikum.

Noch beflügelt von herrlichen Auftritt Lekmans liess ich mich zum Konzert von Oy im Bogen F und zu einem Marsch durch die Kälte überreden. Oy ist Joy Frempong, die aus Ghana in die Schweiz gekommen ist, ihre Ansagen inzwischen aber in veritablem Schweizerdeutsch macht. Die One-Woman-Show wirkt auf das erste Hören wie ein wirrer Flickenteppich. Aber irgendwie ist genau das der Charme von Oy. Wie die zierliche Frau da zwischen Keyboards, Loop-Maschinen und anderen technischen Spielereien wieselt und ihre eigene Klangwelt erschafft, in der sie sowohl die Evolutionstheorie als auch die biblische Entstehungsgeschichte lyrisch um eine Version mit einem grossen Tropfen Milch ergänzt, hat etwas. Später wurde sie von einer weiss verkleideten Gestalt am Schlagzeug unterstützt. Die Menschen im gut gefüllten Bogen F lauschten gebannt der ätherischen Darbietung und als ich mich auf den Weg zurück zum Moods machte, schienen alle wie hypnotisiert.

 Efterklang verzauberten im Moods.
Efterklang verzauberten im Moods.

Inzwischen schneite es und zwar nicht zu knapp. Trotzdem, Efterklang im Moods mussten sein. Mein letztes Ziel für den Freitag. Wieder erwischte ich eines der begehrten Sofas. Im Nachhinein gesehen vielleicht ein Fehler, denn die drei Dänen (plus drei Livemusiker) von Efterklang haben eine einschläfernde Wirkung. Das ist natürlich positiv gemeint, denn ihre Musik lud zum Schwelgen und Träumen ein, weil sie es mit aufwändig instrumentalisierten Liedern mühelos schafften, das Publikum zu verzaubern. Nicht zuletzt, weil sie das Zusammenspiel von Dynamik und Präzision meisterlich beherrschen und mühelos Songs zwischen Indie-Dream-Pop und psychedelischer Weltmusik erschaffen. Ein wunderschönes Konzert und ein idealer Abschluss des ersten Kilbitages.


Den Bericht zum Kilbi-Samstag findet ihr HIER

Kommentare
Login oder Registrieren