Sich eine Mail verdienen
Marco Büsch - Ich habe mir ein Spam-Mail verdient. Ganz alleine. Und es hat sich tatsächlich gelohnt, was bei Spam-Mails doch eher weniger der Fall ist.
Wenn ich nämlich jede Woche geschätzte drei Mails von Hilfswerken erhalte, welche mir klar machen wollen, wo es denn nun wirklich brennt und wo ich noch spenden sollte, dann muss ich sagen: Nein, so nicht! Überdenkt doch bitte euer Marketing nochmals. Es macht keinen Sinn, die Leute ständig mit Schreckensmeldungen plus angehängter Kontonummer zu überhäufen, ich bin mir ziemlich sicher, die Menschen spenden dadurch nicht mehr, sondern eher weniger, weil dieser Spam einfach nervt. Natürlich könnte man irgendwo immer noch irgendwie ein bisschen mehr helfen, aber manchmal reicht es wirklich. Ein Hilfswerk, von dem ich viele Spam-Mails bekomme, hat die Sache wirklich nicht ganz verstanden, die schreiben mir einen Dankesbrief, wenn ich gespendet habe, und legen gleich die nächste Bittschrift samt Einzahlungsschein ins Couvert. Das finde ich ehrlich gesagt fast ein bisschen unverschämt; hätte ich nämlich mehr spenden wollen, hätte ich das ja schon bei der ersten Mal getan, also lasst mich bitte in Ruhe! Kaum spendet man ein wenig, wird man gleich bombardiert mit Spam-Mails und Bittschriften, so wird man ja regelrecht dazu gezwungen, nicht mehr zu spenden, nur damit diese ganzen Bettelbriefe nicht mehr kommen.
Mein Lieblingsspam von letzter Woche kommt aber eindeutig aus dem Luzernischen und dreht sich um die Eröffnung einer neuen Online-Grasbestell-Plattform: Man könne dort online bis zu 9,9 Gramm Gras bestellen und zwar ab dem 1. Oktober. Danach nämlich gibt es – nach der Revision des Betäubungsmittelgesetzes – nur noch eine Ordnungsbusse von 100 Franken für den Besitz von Cannabismengen unter 10 Gramm. Wie der altehrwürdige und damaliger MTV-Moderator Markus Kavka dazu sagen würde: Hamerwiederwasgelernt! Im Übrigen kann man von dieser Revision und der Online-Plattform halten, was man will, interessanter und nicht minder belustigend finde ich den einleitenden Satz in dieser Mail: «Du erhältst diese Mail, da ich der Meinung bin, dass du es verdient hast diese Adresse zu kennen [sic!].» – Nun, erst mal vielen Dank, das wäre doch nicht nötig gewesen! Ich weiss jetzt zwar nicht genau, inwiefern ich zu dieser Ehre komme, da ich nicht gerade der grosse Konsument von Marihuana bin, aber eben: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Obwohl ich von diesem Angebot sehr sehr wahrscheinlich keinen Gebrauch machen werde, fühle ich mich dennoch geschmeichelt, denn immerhin wurde an mich gedacht. Da sass vielleicht einer vor seinem Computer und dachte sich, der Marco, ja, der Marco, der fand doch solche Sachen schon immer grossartig, dem schreib ich jetzt einfach mal. Das klingt vielleicht ein wenig gar romantisch, aber vielleicht erhalte ich wenigstens zu meinem Geburtstag eine Glückwunsch-Mail von dieser Plattform, das würde mir schon sehr viel bedeuten.
Wie schon die Wikinger im Monty-Python-Sketch oder Bonaparte in ihrem Song «Too Much» schrien: Spam Spam Spam Spam! Und zwar überall. Aber manchmal ist er – wie gesagt – gar nicht so schlimm sondern im Gegenteil doch ganz unterhaltsam. Und manchmal sogar lehrreich, so weiss ich jetzt zumindest, was die Revision des Betäubungsmittelgesetzes so mit sich bringt und wann sie in Kraft tritt. Vieles wird sich für mich wahrscheinlich nicht ändern, aber seien wir nicht kleinlich, schlussendlich ist es immer noch «nur» Spam.
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