Lukas Müller:Auch aktive Menschen können sich für die Informatik begeistern
Sebastian Horat - Während andere angehende Maturanden innert kürzester Zeit ihre Maturarbeit hinter sich bringen, investierte Lukas Müller zig Stunden, um akribisch die Kinos der Stadt Zürich zu erfassen und so einen Kinoführer für Menschen mit Mobilitätsbehinderung zu entwickeln.Lukas Mül...
Lukas Müller geht an die Kantonsschule Küssnacht, spielt in einer Funkband und ist leidenschaftlicher Pfadileiter. Nebenbei betreut er noch die Austauschschüler der Region Zürich. Seine Maturarbeit ist ein Kinoführer für Menschen mit Mobilitätsbehinderung, den er mit professioneller Unterstützung für das Internet programmierte. Lukas ist, obwohl seine Maturarbeit auf einem Computer entstand, mit Sicherheit kein Nerd(mäh chönt au freek schriebe, tönt evt besser). Die Informatik begeistert ihn zwar, aber nur so stark, dass all seine anderen Interessen auch Platz haben. «Ich möchte nichts übergewichten. Der Informatik widme ich mich mehr, wenn ich ein wenig Zeit für mich haben möchte.» Auf den Geschmack des Programmierens kam er während seines Austauschjahres in Neuseeland. Sein Gastbruder war ein Nerd, wie er im Buche steht. «Er sass die ganze Zeit vor dem Computer. Durch ihn bekam ich einen Einblick ins Programmieren und es begann mich zu faszinieren. Zwar brauche ich noch immer ein wenig Hilfe, weil ich mich noch nicht so gut auskenne, aber langsam kommt es.»
Sein Kinoführer gehört zu den 50 besten Maturarbeiten des Kantons Zürich und wird mit Sicherheit nicht auf einem Estrich verstauben, wie die meisten anderen Maturarbeiten. Sie ist in die Website der Behindertenkonferenz des Kantons Zürichs integriert und ist eine grosse Hilfe für Menschen mit Mobilitätsbehinderung. Insgesamt investierte er an die tausend Stunden in seine Arbeit. Er besuchte jedes Kino in der Stadt Zürich. Anhand eines Kriterienkatalogs , den er in Zusammenarbeit mit dem BKZ erstellt hatte, erfasste er die Behindertentauglichkeit der einzelnen Kinos. Dank des Führers können mobilitätsbehinderte Menschen im Internet und einer zusätzlichen Broschüre nachschauen, ob das Metropol 2 mit Rollstuhl zugänglich ist, oder dass der Kreditkartenautomat so platziert ist, dass sie auch sitzend das Ticket bezahlen können. Auf die Idee des Kinoführers kam Lukas im Winter vor einem Jahr. Er hatte seine Bänder gerissen und war mit Krücken im Ausgang in Zürich und merkte auf einmal, dass viel Selbstverständliches gar nicht mehr so einfach war. Er stiess auf viele Hindernisse. «Zuerst wollte ich einen Ausgangsführer für Menschen mit Mobilitätsbehinderung machen. Ich musste dann aber feststellen, dass das sehr schwierig ist, da die Clubszene sich immer wieder verändert. So schnell, dass der Führer unterdessen schon wieder nicht mehr aktuell wäre. Zwar verändern sich Kinos auch, aber im Vergleich dazu eher langsam.»
Bevor er sich mit dem Thema befasste, hatte sich der Maturand noch nie mit Menschen mit einer Mobilitätsabehinderung oder deren Alltagsproblemen auseinandergesetzt. «Ich fand einfach, dass ich eine Maturarbeit machen möchte, die jemand anderem etwas nützt.» Zusätzlich zu seiner kurzweiligen Behinderung durch den Bänderriss sammelte er weitere Erfahrungen. «Ich ging einmal ins Turnen des Rollstuhlclubs Zürich und einen Tag betreute ich einen Rollstuhlfahrer.» Lukas ging sogar noch weiter und verbrachte zwei Tag im Rollstuhl. Er machte sich im Rollstuhl von seinem Zuhause in Wädenswil auf nach Küssnacht in die Schule und wieder zurück und merkte so erst recht, wie kompliziert die Selbstverständlichkeit unseres Alltags für einen Menschen mit Mobilitätsbehinderung ist.
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