1001 Nacht - Die Geschichte von Azur & Azmar
Christina Ruloff - Gut meint ist das Gegenteil von gut – leider. Das französische Märchen um die Brüder mit unterschiedlichem kulturellem Background müht sich so sehr um Völkerverständigung, dass die Geschichte in den besten Absichten des Regisseurs untergeht. Da helfen auch die schönen Bi...
Azur und Azmar wachsen zusammen wie Brüder auf, gleich sind sie aber trotzdem nicht. Azur ist blond, blauäugig und ein Prinz, sein Freund Azmar dunkelhäutig, braunäugig und das Kind der arabischen Zofe. Als der hartherzige Fürst seine Bedienstete zum Teufel jagt, verlieren sich die besten Freunde aus den Augen. Azur wird zwar streng zum französischen Ritter erzogen, doch hat er das Märchen der Fee, die gerettet werden muss nicht vergessen und zieht auf nach Arabien um das Abenteuer seines Lebens zu erleben!
"Augen, meine lieben Fensterlein..." Visuell wäre hier so viel drin, inhaltlich ist der Film aber die Enttäuschung!
Ob Walt Disney oder Hayao Miyazaki – beide Künstler wissen, dass man aus Märchen die schönsten Filme machen kann, für Kinder und für Erwachsene. Da werden fantastische Welten geschaffen; starke Helden, mit denen man mitfühlt, quälen sich zum Happyend und sind dabei immer noch aufgeweckt, mutig und schön ironisch. Dem französischen Regisseur geht es aber nicht um gute, ja mitreissende Unterhaltung, sondern um eine Lektion in Völkerverständigung. Der Plot um die beiden Blutsbrüder ist so absehbar wie ein Einführungskurs („Wie schreibe ich eine Seminararbeit?“) an der Uni, dient er doch nur als schwacher Vorwand für moralische Erziehung: Schön der Reihe nach werden die obligaten inneren und äusseren Hindernisse, wie Eifersucht, Stolz, Vorurteile und Rassismus von den Helden überwunden; das von Natur aus gute, aber von der westlichen Kultur verdorbene Herz wird im Minutentakt reiner und edler. Und am Ende steht die grosse Versöhnungssause aller Weltreligionen: In der arabischen, völlig aus jeglichem historischen Kontext gerissenen Märchenstadt strahlt die Moschee neben der Synagoge und Kirche im Mondschein. Was für eine Utopie! Die agierenden Stereotypen (der weise jüdische Gelehrte, die aufgeweckte kleine Prinzessin, die gutherzige arabische Mutter) sind dermassen blass, dass der abschreckende europäische Dummkopf die reinste Wohltat darstellt: Frei nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“ lehnt er alle arabische Kultur, die er von zu Hause her nicht kennt, vehement ab und amüsiert das vernachlässigte Publikum milde.
Immerhin, was die Bilder und Bildsprache betrifft, beweisen die Franzosen, dass sie ihren amerikanischen Kollegen in nichts nachstehen. Und selten hat man so schönes Arabisch in einem Film gehört! 1001 Nacht - Die Geschichte von Azur & Azmar bleibt aber ein langweiliges, langatmiges und furchtbar didaktisches Werk, das möglicherweise im Religionsunterricht für Unterstufenkinder gut ankäme, aber schon Zehnjährigen sauer aufstossen dürfte. Gut gemeint ist und bleibt leider das Gegenteil von gut!
Bewertung: 2 von 5
Noch kann er seinem blauäugigen Bruder nicht verzeihen; aber im Filmumdrehen wird auch sein hartes Herz von Menschlichkeit erwärmt: Azmar in Arabien.
- Titel: 1001 Nacht - Die Geschichte von Azur & Azmar
- Land: F
- Regie: Michel Ocelot
- Verleih: Frenetic Films
- Startdatum: 12. Juni 2008