DVD der Woche: Keinohrhasen
Christina Ruloff - Es gibt sie – die deutschen Komödien, die unterhaltsam und nett und nicht einfach schrecklich und beschämend dämlich sind! Keinohrhasen mit und von Til Schweiger ist nett und unterhaltsam und ein Hoffnungsschimmer für den deutschen Film.Ludo ist Klatschreporter und – da m...
Ludo ist Klatschreporter und – da muss man ganz ehrlich sein – ein Arsch. Er ist der Typ Mann, der glaubt für alles und jedes eine Sonderbewilligung zu haben und ohnehin überzeugt ist, dass Dreistigkeit nicht nur siegt, sondern erst noch sexy ist. Nun, Ludo sieht aus wie Til Schweiger und kommt dementsprechend mit seiner Tour relativ weit – bis ihm ein vermasselter Einsatz bei einer Promihochzeit einen Termin im Gericht und 300 Stunden Sozialarbeit einbrockt... ausgerechnet in einem Kinderhort! Horror! Horror hoch zwei, weil die Kindergärtnerin niemand geringerer ist als Anna (Nora Tschirner). Und Anna erinnert sich nur zu gut an die gemeinsame Kindheit, als der von hübschen Mädchen umgarnte Bengel sie regelmässig plagte und demütigte. Rache und Gerechtigkeit müssen sein, so dass die „Brillenschlange“ Ludo alles heimzahlen will – bis aus Feindschaft Freundschaft wird... und vielleicht sogar Liebe.
Wenn jemand so schöne "Keinohrhasen" macht und erst noch niedlich dreinschaut... kann er eigentlich kein böser Mensch sein, oder?
Das Schöne an dieser „romantischen“ Komödie ist, dass Til Schweiger (der hier sich selbst spielt: arrogant, selbstgefällig, pseudosensibel, überfordert mit Frauen, sobald man mal vernünftig reden sollte) sich innerhalb der 111 Minuten nicht vom Saulus zum Paulus und Frauenversteher wandelt oder von der wahren Liebe eines hässlichen Entleins geläutert wird; Ludo wird vielleicht etwas anständiger und macht für „seine“ Anna eine Ausnahme. An einer Stelle merkt er etwas hilflos an, er empfinde für sie wie für eine Schwester. Frauen sind also entweder Schlampen fürs Bett oder Schwestern fürs Gespräch. Und Anna mutiert für Ludo vielleicht zum Mittelding. Das ist weder verlogen romantisch noch rührend kitschig und darum funktioniert Keinohrhasen und fesselt einen tatsächlich – ein Funken Wahrheit ist nämlich drin. Der Film erzählt natürlich nicht aus dem sogenannt echten Leben, sondern aus der Warte eines Til Schweigers (der auch am Drehbuch mitgeschrieben hat), er wird daher aber nicht nur schmachtenden Frauen sondern auch Männern, die Ludo cool finden, gefallen – zu recht.
Fürchtet man in deutschen Komödien auch immer den zwanghaften Absturz ins Dämliche und Ordinäre – die allermeisten Witze (erstaunlicherweise auch gerade diejenigen, die sich um Männer, Frauen und Sex drehen) sitzen und sind teilweise sogar schön selbstironisch. Den einen oder anderen Insider mit deutschen Promis, die sich für Freund Til hier brav die Klinke geben, hätte man sich schenken können (und dass Jürgen Vogel in Wahrheit ein klasse Typ ist und eine ganz tiefe Seele hat – herrje wie lustig). Aber deutsche Filme neigen immer etwas zur Übertreibung und zur Selbstbeweihräucherung. Keinohrhasen von und mit Til Schweiger gelingt es, schön das Gleichgewichtig zwischen ernst, lustig und amüsant zu halten, hebt sich daher vom Durchschnitt ab und ist kurz und gut ein Gewinner – mit der schönen 2DiscEdition sowieso.
Keinohrhasen ist neu auf DVD erschienen!
Brillenschlange oder Traumfrau? Gut im Reden oder gut im Bett? Sind das wirklich Gegensätze?!