Verkaufen wir doch das "Universitas" in Universitas Turicensis!
03.06.2010 à 11:35
Am Bologna-Tag eines kleinen Seminars der Philosophischen Fakultät erreichte mich eine beunruhigende, schockierende und vor allem empörende Nachricht: Die Fakultätsleitung denkt laut darüber nach, dass 2. (kleine) Nebenfach zu streichen.
Zur Erläuterung für nicht-Phil-Studenten: Es gibt die Möglichkeit an der phil. Fakultät (u.a.) ein Haupt-, ein grosses und ein kleines Nebenfach zu studieren.
Nun stellte die Fakultätsleitung fest, dass wir mit 3 Fächern schweizweit nicht sonderlich kompatibel sind und das auch in anderen Fakultäten der UZH nicht gängig ist. Zudem wären 30 ECTS-Punkte nicht ausreichend, um eine echte Ahnung des Fachs zu bekommen. Doch der Grund der Streichung ist sicher kein reines Kompatibilität- und Wissenssproblem. Wie immer geht es um Geld. Als Mitglied eines kleinen Seminars, welches damit betroffen wäre, würde das bedeuten, dass der Lehrstuhl der Professoren bis zu deren Emeritierung bestehen bliebe, aber deren Assistenten etc. alle wegfallen würden (kein Forschungsauftrag mehr = keine Assistenten = keine Ausgaben). Zudem würde das Kursangebot erheblich darunter leiden, was zum Verschwinden des betroffenen Seminars auf "natürliche Weise" führen wird.Man kann sich natürlich fragen, warum man so genannte Orchideenfächer überhaupt finanzieren soll und ob es Sinn ergibt, so etwas wie Mittellatein, Rumänisch, Ethik, Hindi, Sanskrit und noch viele Fächer mehr zu studieren. "Was wird man denn mal damit?" - die klassische Frage, mit der sich solche Studenten auseinander setzen müssen. Doch geht es hier nicht um Geld. Wer eine Geisteswissenschaft studiert, wird selten für einen spezifischen Beruf ausgebildet; aber betrachtet man die Grundidee einer UNIVERSITÄT, so beinhaltet das Wort alleine schon "universitas" (lat. der Inbegriff aller Dinge eines Ganzen, die Gesamtheit, das Ganze ; Quelle: Georges-Wörterbuch). Diese Gesamtheit soll dem Wahn der heutigen Zeit, alle auf einen speziellen Beruf hin zu züchten, zum Opfer fallen.
Ich bin eigentlich kein Mensch, der sofort auf die Barrikaden springt und wegen jedem und allem zu motzen beginnt, aber DAS GEHT SO NICHT!Wir sind keine Fachhochschule, die wirklich auf eine Branche hin ausbildet (was ja absolut ok ist). Bildung ist das falsche Ende zum sparen! Unabhängig davon, dass auch langfristig eines meiner Fächer betroffen wäre, so kann es doch nicht angehen, dass man an der Universität nur noch zum Fachidioten ausgebildet wird, der nicht weiter als bis zu seiner Nasenspitze denkt! Hinzu kommt, dass ich es als Qualitätsmerkmal der UZH erachte, dass man so viele verschiedene Fächer studieren kann. Eine ständige Anpassung des Niveaus nach unten ist das, was in Deutschland passiert und was nicht passieren darf! Namenhafte Universitäten im Ausland ermöglichen ein Studium ganz unterschiedlicher Fächer, von denen man hier nur träumen kann. Es geht nicht um eine Utopie, aber der Ist-Zustand ist in Zürich ok und darf nicht in "furchtbar" abgleiten!So gut ich verstehen kann, dass wir in finanziell weniger prosperierenden Zeiten leben, als vielleicht unsere Eltern und Grosseltern, so ist das keine Rechtfertigung für eine solch unüberlegte Handlungen. Aus der Riege der Dozierenden habe ich mir sagen lassen, dass bis Ende des Jahres 2010 eine Entscheidung der Leitung getroffen wird.
Daher mein hiesiger Post: Ich möchte zum einen eine Diskussion anregen und zum anderen aber auch andere Betroffene informieren und überlegen, was man dagegen tun kann. Was ich nicht möchte, ist eine solche Aktion, wie wir sie letzten Herbst am Zentrum hatten. Dennoch denke ich, dass wenn man genug Widerstand aufbringt, die Vorteile einer solchen Fächervielfalt aufzeigt und sich die Unterstützung der betroffenen Professoren sichert (und diese sind willig, sich zu wehren), wir eine Chance haben könnten, dem Namen Universitas Turicensis gerecht zu bleiben.