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25.07.2011

Nach den Ereignissen von Freitagnachmittag ist in Europa ein heftige Diskussion ausgebrochen und kaum jemand schweigt zu diesem Thema. Auch ich möchte diese schrecklichen Ereignisse als Anlass nehmen, um mal wieder etwas expliziter über die Welt nach... [mehr]
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Verkaufen wir doch das "Universitas" in Universitas Turicensis!

03.06.2010 um 11:35

Am Bologna-Tag eines kleinen Seminars der Philosophischen Fakultät erreichte mich eine beunruhigende, schockierende und vor allem empörende Nachricht: Die Fakultätsleitung denkt laut darüber nach, dass 2. (kleine) Nebenfach zu streichen.

Zur Erläuterung für nicht-Phil-Studenten: Es gibt die Möglichkeit an der phil. Fakultät (u.a.) ein Haupt-, ein grosses und ein kleines Nebenfach zu studieren.

Nun stellte die Fakultätsleitung fest, dass wir mit 3 Fächern schweizweit nicht sonderlich kompatibel sind und das auch in anderen Fakultäten der UZH nicht gängig ist. Zudem wären 30 ECTS-Punkte nicht ausreichend, um eine echte Ahnung des Fachs zu bekommen. Doch der Grund der Streichung ist sicher kein reines Kompatibilität- und Wissenssproblem. Wie immer geht es um Geld. Als Mitglied eines kleinen Seminars, welches damit betroffen wäre, würde das bedeuten, dass der Lehrstuhl der Professoren bis zu deren Emeritierung bestehen bliebe, aber deren Assistenten etc. alle wegfallen würden (kein Forschungsauftrag mehr = keine Assistenten = keine Ausgaben). Zudem würde das Kursangebot erheblich darunter leiden, was zum Verschwinden des betroffenen Seminars auf "natürliche Weise" führen wird.Man kann sich natürlich fragen, warum man so genannte Orchideenfächer überhaupt finanzieren soll und ob es Sinn ergibt, so etwas wie Mittellatein, Rumänisch, Ethik, Hindi, Sanskrit und noch viele Fächer mehr zu studieren. "Was wird man denn mal damit?" - die klassische Frage, mit der sich solche Studenten auseinander setzen müssen. Doch geht es hier nicht um Geld. Wer eine Geisteswissenschaft studiert, wird selten für einen spezifischen Beruf ausgebildet; aber betrachtet man die Grundidee einer UNIVERSITÄT, so beinhaltet das Wort alleine schon "universitas" (lat. der Inbegriff aller Dinge eines Ganzen, die Gesamtheit, das Ganze ; Quelle: Georges-Wörterbuch). Diese Gesamtheit soll dem Wahn der heutigen Zeit, alle auf einen speziellen Beruf hin zu züchten, zum Opfer fallen.

Ich bin eigentlich kein Mensch, der sofort auf die Barrikaden springt und wegen jedem und allem zu motzen beginnt, aber DAS GEHT SO NICHT!Wir sind keine Fachhochschule, die wirklich auf eine Branche hin ausbildet (was ja absolut ok ist). Bildung ist das falsche Ende zum sparen! Unabhängig davon, dass auch langfristig eines meiner Fächer betroffen wäre, so kann es doch nicht angehen, dass man an der Universität nur noch zum Fachidioten ausgebildet wird, der nicht weiter als bis zu seiner Nasenspitze denkt! Hinzu kommt, dass ich es als Qualitätsmerkmal der UZH erachte, dass man so viele verschiedene Fächer studieren kann. Eine ständige Anpassung des Niveaus nach unten ist das, was in Deutschland passiert und was nicht passieren darf! Namenhafte Universitäten im Ausland ermöglichen ein Studium ganz unterschiedlicher Fächer, von denen man hier nur träumen kann. Es geht nicht um eine Utopie, aber der Ist-Zustand ist in Zürich ok und darf nicht in "furchtbar" abgleiten!So gut ich verstehen kann, dass wir in finanziell weniger prosperierenden Zeiten leben, als vielleicht unsere Eltern und Grosseltern, so ist das keine Rechtfertigung für eine solch unüberlegte Handlungen. Aus der Riege der Dozierenden habe ich mir sagen lassen, dass bis Ende des Jahres 2010 eine Entscheidung der Leitung getroffen wird.

Daher mein hiesiger Post: Ich möchte zum einen eine Diskussion anregen und zum anderen aber auch andere Betroffene informieren und überlegen, was man dagegen tun kann. Was ich nicht möchte, ist eine solche Aktion, wie wir sie letzten Herbst am Zentrum hatten. Dennoch denke ich, dass wenn man genug Widerstand aufbringt, die Vorteile einer solchen Fächervielfalt aufzeigt und sich die Unterstützung der betroffenen Professoren sichert (und diese sind willig, sich zu wehren), wir eine Chance haben könnten, dem Namen Universitas Turicensis gerecht zu bleiben.

Kommentare
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Lioness_of_Aquitaine 04.06.2010 um 02:15
Beides interessante Erklärungsmodelle. Diese Modelle können für die spätere Argumentation bei der Vertretung zur Rettung dieser Fächer helfen (super, musste ich mir das nicht alles selber mühevoll zusammendenken)
Was die Presse angeht: Ich werde sicherlich versuchen, schon die Zeitungen / Magazine an der Uni zu gewinnen. Ob der Rückhalt reicht, um es dann sooooo gross aufzubauschen und publik zu machen gilt abzuwarten. Wichtiger erscheint es mir, sich ein gutes "Basislager" zu errichten.
akademiker 04.06.2010 um 02:01
Leider machen die Schweizer den Deutschen alles nach und unser Bildungssystem steuert auf genau das Gleiche zu. Unsere Schweizer Eliten würden ja am liebsten zu Deutschland dazugehören, weil sie sich ja so für die Schweiz und ihre Mitbürger "schämen". Und vor lauter Minderwertigkeitskomplexe machen wir den Deutschen jeden Blödsinn nach - das gilt ganz besonders für die Uni Zürich.
Im wesentlichen geht es um folgendes: würde man die Regeln an der Uni etwas durchlässiger gestalten, und auf den Papierkrieg verzichten, würde:
1. Die Vielfalt der Studiengänge gestärkt.
2. Die Studenten wären motivierter, da sie ihren Studiengang selbst bestimmen könnten.
3. Es gäbe mehr Werkstudenten, da Teilzeitstudieren möglich wäre.
4. Die Studenten würden schneller abschliessen. Also würde die Anzahl Studierender sinken.
Und genau bei letzterem müssen wir ansetzen: weniger Bürokratie senkt die Studierendenzahlen.
Und genau das müssen die Bildungsbeamten verhindern, damit sie ihren Job rechtfertigen können. Man will die Studiendauer so lange wie möglich gestalten und Vereinfachungen verhindern - nichts anderes verbirgt sich hinter Worten wie "akademische Schnellbleiche", "Proletariat" etc.
Eigentlich sind die Funktionäre doch sehr glücklich mit dem Modell "überreglementierte Massenuni": die Studis müssen ordentlich Gebühren zahlen, sie bleiben lange, kosten viel und verursachen jede Menge Papierkrieg. Und die ganzen Kommissionen, Arbeitsgruppen, Juristen und Verwaltungsmenschen haben dauernd was zu tun. Das generiert jede Menge Jobs bei jenen, die vorgeben, "in der Verwaltung zu sparen".
Man sucht inzwischen nach Möglichkeiten und Tricks, möglichst lange im Reformzustand zu verbleiben, damit die Profiteure der Bolognareform (Bildungsbürokraten, vom Staat angestellte "Bildungsökonomen" etc.) möglichst lange ihren Job behalten. Das kleine Nebenfach wird heute weggestrichen - das bedeutet Ausnahme-Regelungen, Übergangsbestimmungen, Aberkennung von ECTS-Punkten, Rechtsstreitigkeiten, Rekurse, Bürokratie. Das Geld für Mittellatein wird einfach an die Juristen und Beamten umverteilt. Hauptsache man hat "gespart".
Lioness_of_Aquitaine 04.06.2010 um 01:20
Danke auch für diesen Beitrag

Was du beschreibst, ist genau das, was im deutschen "Bildungssystem" passiert. Obwohl ich dort beobachten konnte, dass viele Abiturienten dann eben (aufgrund offenbar richtiger Selbsteinschätzung) doch in die Lehre gehen oder ein so genanntes duales Studium (verkürzte Lehre + verkürztes Studium).
Dennoch: Ich bin kein Bummel-Student und es sei mal hier erwähnt, dass Fächer wie Philosophie ABSOLUT KEINE SCHOGGI-FÄCHER sind! Ohne jemandem da zu nahe treten zu wollen, aber wir arbeiten genau so hart für unsere Punkte und unsere Fähigkeiten, wie jeder Jurist oder jeder BWLer. Zudem bilden wir eine Art geistiges Backup, welches meiner Ansicht nach für die Gesellschaft unverzichtbar ist und welches die Juristen und co. weder leisten können noch sollen. Daher: Rettet die "Schoggi"-Fächer, die man auch in 6 Semestern beenden kann!
akademiker 04.06.2010 um 00:19
Es fängt halt schon bei der Primarschule, der Sek und der Mittelschule an: heute kriegt jeder eine Matura geschenkt - auch jene, die nichts können. Am Gymi reicht es ja mittlerweile aus, wenn man nur genügend oft aufstreckt und sich oft zu Wort meldet - ob richtig oder falsch ist egal: "mündliche Mitarbeit" nennt sich das.
Ziel ist, dass Kreti und Pleti eine Matura geschenkt erhalten, damit möglichst alle gleich behandelt werden. Egal ob hochbegabt, Mittelmass oder geistig zurückgeblieben. Heutzutage schickt man doch alle an die Uni.
Doch gerade dadurch erweist man den Studierenden einen Bärendienst. Erst in der Uni wird dann den meisten klar, dass irgendwo eine gewaltige Bildungslücke klafft und dass einem möglicherweise auch die geistige Kapazität fehlt, um erfolgreich zu studieren. Dann ist es allerdings auch oft zu spät, um sein Leben noch umzukrempeln und man schlägt sich so durch, entweder, indem man ein "Schoggi"-Studium wählt oder indem man länger studiert.
Wer jetzt meint, das Problem liesse sich dadurch beheben, dass man so genannte "Schoggi"-Studiengänge abschafft, schaut nur die Symptome an und kapiert das eigentliche Problem nicht: viele wählen das "falsche" Studium oder den "falschen" Bildungsweg, weil sie vom Bildungssystem schlicht dazu gezwungen werden. Wer Matura hat, wird ja wohl kaum noch eine Lehre anfangen, nachdem man bereits so viel Zeit in die Matura investiert hat. Also gehen alle wohl oder übel an die Uni.
Statt guter Lehrlinge und Fachkräfte haben wir dann lauter schwache Studenten, die zu lange und zu oft auch das "falsche" studieren. Die werden dann zu den ungeliebten "ewigen Studenten", Studienabbrechern etc.
Die Ursache all unserer Probleme im Bildungswesen ist aber eine andere: es ist die Gleichmacherei, welche sich vom Schulbeginn bis zum Uniabschluss hinzieht. Egal ob Harmos, Kleeblatt, Integration oder eben die Gleichschaltung durch Bologna. Das System zwingt alle im Namen der "Chancengleichheit" (Newspeak für: "Gleichschaltung") in die Matura und damit an die Uni. Das Problem liegt daran, dass alle eine Matura erhalten, weil man nicht den Mut hat, jemandem zu sagen, dass er/sie für ein Studium ungeeignet ist.
So weit zum eigentlichen Problem. Nur sind unsere Bildungspolitiker offensichtlich zu blöd, um das Problem von vorne anzupacken: statt die Separation zu fördern, wird noch mehr Gleichmacherei betrieben. Dazu passen auch all die Gleichschaltungsprojekte à la Harmos, Ganztagesschulen, Integrationszwang von Hoch- und Minderbegabten, Langzeitgymnasium, Bildungskleeblatt, geleitete Schulen etc.
Diese Projekte sind umgehend zu stoppen, weil sie Teil des Problems und nicht Teil der Lösung sind. Da nützt es auch nichts, wenn unsere Herren Alt-68er mit solchen Budgetkürzungen Symptombekämpfung machen: Schule muss Unterschiede betonen, Wettbewerb und freiheitliches Gedankengut fördern. Das müssen diese Bürokraten endlich einsehen - und nur dann kommen wir wieder aus dem Schlamassel heraus.
Nur eben: das erkläre mal einer einem Bildungsbeamten, der sich an den Gleichschaltungs-Reformen ein goldenes Näschen verdient. Bologna ist eben auch Big Business für Staatsbeamte...
Lioness_of_Aquitaine 03.06.2010 um 20:16
Danke für den Beitrag Unsichtbarde.

Das Ziel, welches sich vor allem die Studenten des Mittellateins gesetzt haben, ist auch unter den anderen Studenten Rückhalt zu finden. Es ist eine Sache, ob die Professoren den Erhalt fordern, oder ob sie auch Rückhalt aus der Studentenschaft haben. Daher freue ich mich über jede Unterstützung.