Toleranz

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Das Problem mit Toleranz ist, dass jeder eine andere Vorstellung davon hat, was tolerant sein soll.

Als Schweizerin war ich gestern bestimmt nicht die einzige, die mit leichtem Unbehagen die Abstimmungen über die Durchsetzungsinitiative und die Heiratsstrafinitiative verfolgt hat. Über die Ergebnisse der beiden Abstimmungen möchte ich aber eigentlich nicht schreiben. Ich möchte mir etwas von der Seele reden, das mir sehr wehgetan hat und mich auch etwas schockiert hat: Die willkürliche Toleranz oder Intoleranz gewisser Menschen.

Während die meisten Leute die ich kenne sich gegen beide Initiativen ausgesprochen haben, musste ich feststellen, dass gerade die DSI unter meinen „Hippie“ Freunden überraschenden Anklang fand. Obwohl selbstverständlich jeder seine eigene Meinung haben darf, hat mich das doch etwas schockiert. Warum?

Weil viele dieser Leute in sozialen Berufen arbeiten, stets auf Toleranz und Offenheit plädieren und unablässig behaupten, zu einer der tolerantesten Subkulturen der Welt zu gehören.Nun mag es die Angst vor Fremdem oder der Einfluss der Propaganda gewesen sein, die diese Meinung angefacht haben und auch die Diskussion, warum die DSI meiner Meinung nach falsch gewesen wäre, möchte ich hier eigentlich nicht führen. Ich möchte eine andere Diskussion führen: Warum man tolerant gegenüber dem einen, aber nicht dem anderen sein kann.

Während die DSI unter den „Hippies“ erstaunlichen Anklang fand, bildeten dieselben Leute gegen die Heiratsstrafinitiative der CVP eine unüberwindbare Mauer der Ablehnung. Ihre Argumente: Homosexuelle hätten auch Menschenrechte und sollen auch Heiraten können. Und sie haben Recht. Natürlich haben sie Recht! Natürlich haben Homosexuelle auch Menschenrechte und sollen auch Heiraten können!Aber Moment. Sollten dann Ausländer nicht auch das Recht haben, dass ein Richter über ihr Schicksal entscheidet, anstelle eines festgelegten Systems?

Das Problem mit Toleranz ist, dass jeder eine andere Vorstellung davon hat, was tolerant sein soll.In einer Subkultur, wo „freie Liebe“ eine grosse Rolle spielt, waren dementsprechend die Rechte Homosexueller massiv wichtiger, als die Rechte gewöhnlicher Leute aus anderen Ländern.

Mir stellt sich jedoch unweigerlich die Frage: ist das gerecht? Ist es gerecht, nur denjenigen Themen tolerant zu begegnen, in die man selbst involviert ist? Ist das nicht genau das Gegenteil von Toleranz? Ist das nicht einfach purer Selbstschutz, der sich bei einigen wenigen sogar bis zum Egoismus ausweitet?Jeden Aufschrei des Unwillens gegen Ausländer dieser selbsternannten „Hippies“ liess mich unweigerlich denken: Wäre derjenige selbst Ausländer, würde er auch ohne die DSI Probleme bekommen, da diejenigen, die am lautesten Protestierten auch am meisten das Gesetz brachen.Ich spreche natürlich nicht von Mördern oder Gewalttätern. Ich spreche von den tausenden von Partygängern an illegalen Waldparties, den tausenden Drogenkonsumenten und Dealern und den vielen Arbeitslosen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Diese Leute wären die ersten, die Ausgeschafft würden, wären sie Ausländer. Der einzige Grund, warum sie immer noch gegen Ausländer wüten, ist der, dass sie selbst keine sind. Und das ist in meinen Augen leider purer Egoismus.

Wer sich tolerant nennt, soll auch tolerant sein.