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17. April 2012, 23:13 Kolumnen

Ich will (k)ein iPhone

Marco Büsch - Es gibt tausende Kolumnen darüber, ob man sich Produkt X zulegen sollte oder nicht. Aber noch nicht von mir. Deshalb habe ich beschlossen eine Kolumne über meinen eventuellen iPhone-Kauf zu schreiben und die Erste-Welt-Probleme, die dabei aufkommen.

Ich habe immer noch kein iPhone. Es ist nicht so, dass ich mich dagegen wehren würde, aber mein iPod und das Handy funktionieren bislang tadellos. Sobald aber eins der beiden den Geist aufgibt, wird es auch für mich an der Zeit sein, ins nächste Technologiezeitalter vorzudringen. Das ist kein Problem für mich, denn ich habe mittlerweile gelernt das iPhone zu mögen. Mein Umfeld darf nicht mehr zu spät kommen, weil es keine schlauen Ausreden mehr gibt: Ich habe den Weg nicht gefunden! – Wieso das? Es gibt doch google maps! Ich wusste nicht, wann mein Zug fährt! – Wieso das? Es gibt doch sbb.ch. Aber am liebsten ist mir die Tatsache, dass es bei Wissensfragen keine Pattsituationen mehr gibt. Früher hätte ich mit einem Kumpel stundenlang darüber gestritten, ob nun Canberra oder Sydney die Hauptstadt von Australien ist und am Schluss wäre es eine Stimme gegen die andere gewesen und es hätte in einer Wette geendet um ein Bier, oder nein, weil wir uns jeweils soo sicher sind, sogar um deren drei oder vier! Heute geht so eine Diskussion höchstens eine Minute. Wir legten sogar fest, dass wenn es zu so einer Situation kommen sollte, der Wetteinsatz von einem Bier bereits festgelegt ist, weil es schneller geht, die Lösung im iPhone zu finden als den eigentlichen Wetteinsatz zu bestimmen. Da Diskussionen solcherart schneller beendet sind als früher, bleibt mehr Zeit um die echt wichtigen Dinge im Leben zu besprechen; die grossen Fragen des Lebens. Ich für meinen Teil wette seit Beginn des iPhone-Zeitalters vermehrt auf Dinge wie: Ich wette, du triffst mit dieser Dose niemals in diesen Abfalleimer dort hinten! Versucht das mal mit einem iPhone zu lösen!

Aber eben: Ich mag das iPhone ja wirklich. Besonders bei anderen. Obwohl ich selbst eins brauche, denn bald werde ich sicher gezwungen sein, mir eines zu besorgen. Der QR-Code (bis ich dieses Wort herausgefunden habe...) ist ja stark im Kommen. Diese kleinen Strichcodes überall, die sich nur mit einer iPhone-App lesen lassen. Nicht nur, dass die armen alten Rentner nichts mit den Internetadressen anfangen können, welche auf jedem Werbeplakat stehen, so wird nun auch jeder andere Nicht-iPhone-Besitzer zum ahnungslosen Rentner degradiert. Da bin ich nun Anfang zwanzig und die Technologie ist schon so schnell an mir vorbeigezogen, dass ich nicht mehr mitkomme. Ich nehme an, Wissenschaftler würden hier von „struktueller Gewalt“ sprechen: Der mutwillige Ausschluss von all jenen, welche kein iPhone besitzen, aus dem Kreise der Auserwählten. Das weckt in mir so eine Trotzreaktion: Jetzt erst recht kein iPhone kaufen! Anti alles für immer und ewig! Aber es ist halt schon chic. Und ich müsste mir auf Partys nicht mehr Textfetzen von Songs merken und diese dann mühselig bei Google eintippen, um einen Song zu finden. Heute reicht eine App wie Shazam.

Ein iPhone wäre eigentlich schon eine gute Sache. Nur eben gibt es dann für nichts mehr eine Ausrede. Ausser ich treffe mit der Dose den Abfalleimer nicht. Ich glaube, dafür wird es noch länger keine App geben. Nun überlasse ich die Entscheidung mir ein iPhone zuzulegen dem Schicksal und warte bis mein iPod oder mein Handy den Geist aufgeben. Das Handy liegt in diesem Rennen zurzeit vorne: Der Akku ist immer schneller leer. Dafür hat der iPod schon einen kleinen Wackelkontakt. Auf Wiedersehen Unwissenheit, iPhone ich komme!

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