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29. November 2012, 21:12 Movie

DVD: The Amazing Spider-Man

Gregor Schenker - Das jüngste Film-Abenteuer von Spider-Man ist inzwischen auch fürs Heimkino erhältlich. Anlass genug, einmal darüber zu sinnieren, wie nötig das Reboot war und ob Marc Webbs Vision gegen die von Sam Raimi bestehen kann.

Die Leinwände waren noch warm von Sam Raimis Spider-Man-Trilogie, als schon ein Neustart der Serie beschlossen wurde. Die Fans begegneten der Nachricht mit Spott und Häme, denn wer um alles in der Welt brauchte schon wieder eine neue Version der altbekannten Story? Das Team um Marc Webb (500 Days of Summer) versuchte aber immerhin, der Geschichte etwas Neues abzugewinnen: Nun spielt das Schicksal von Peter Parkers Eltern eine zentrale Rolle.

Als Peter (Andrew Garfield) noch ein kleiner Junge war, brachten ihn seine Eltern bei Onkel und Tante unter, um danach auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Angeblich kamen sie bei einem Unfall um. Jahre später stösst er auf einen Koffer seines Vaters Richard, der geheimnisvolle Dokumente enthält und ihn zu Dr. Curt Connors (Rhys Ifans) führt. Der arbeitete früher zusammen mit Peters Vater an genetischen Experimenten.

Eines dieser Experimente: Spinnen, deren Faden industriell verwertbar ist. Peter wird prompt von einem der Viecher gebissen und entwickelt Superkräfte. Währenddessen entwickelt Dr. Connors mithilfe der Dokumente, die er von Peter erhalten hat, ein Reptilien-Serum, das seinen verkrüppelten Arm nachwachsen lässt – und ihn in eine grössenwahnsinnige Monsterechse verwandelt. Gefährliche Zeiten für New York.

The Amazing Spider-Man ist ein Film der praktischen Zufälle und der dummen Verhaltensweisen: Peter wird nur gebissen, weil die Sicherheitsvorkehrungen von Oscorp (wo Connors beschäftigt ist) jeder Beschreibung spotten. Ist er dann mal Spider-Man, kommt ihm Connors nur auf die Schliche, weil er ein Depp ist und eine Fotokamera mit in den Kampf schleppt, auf die sein Name geklebt ist. Schliesslich ist da noch die Mitschülerin Gwen Stacy (Emma Stone), auf die Peter ein Auge geworfen hat: Sie ist nicht nur die Assistentin von Dr. Connors, sondern auch die Tochter des Polizeichefs, der zunächst Jagd auf Spider-Man macht und ihm später hilft. Und sie weiss eben mal so, wie man ein Antiserum mixt.

Es scheint, als sei The Amazing Spider-Man ein Reboot für eine um zehn Jahre jüngere Zielgruppe (quasi also die runtergedummte Version für Kinder). Das heisst: Mehr schlechte Popsongs, viele dumme Witze („Niemand mag deinen Hackbraten“) und ein Hauptdarsteller, der mitten im Stimmbruch steckt. An das Milchbubi Andrew Garfield, der das Zepter von Toby Maguire übernimmt, muss man sich erst einmal gewöhnen. Vor allem emotionale Szenen sind seine Stärke nicht: Als Onkel Ben (Martin Sheen) endlich von einem dahergelaufenen Kleinkriminellen erschossen wird (nachdem er die üblichen Sprüche von wegen Verantwortung von sich gegeben hat), heult er (also Garfield) wie ein quengeliger Säugling herum. Meine Herren! Manchmal lässt ihn der Regisseur einfach vor sich hin stottern, was charmant wirken soll, aber nervtötend ist. Und wenn er in der Verkleidung von Spider-Man versucht, witzig-frech zu sein, wechseln die Sympathien schnell zum Echsenmonster. Womöglich bin ich einfach zu alt.
Aber Emma Stone als Gwen hat was. Minirock und Kniestrümpfe auch im Labor, das begrüsse ich.

Der Film ist also ein bisschen kindlicher und ein bisschen dümmer als das, was man sich von Sam Raimis Herangehensweise gewohnt war. Amüsant ist er trotzdem, die Action ist ordentlich inszeniert (vor allem das Netz-Schwingen durch die Häuserschluchten kann sich sehen lassen) und bei allem Recycling altbekannter Elemente fällt Webb und Co. genügend Neues ein, um ein Reboot nicht völlig überflüssig erscheinen zu lassen.

Nur die Filmmusik von James Horner (Avatar) ist ein Totalreinfall: Billiges Synthie-Gedudel mit ethnisch angehauchtem Gejaule. Halt derselbe Quark, den Horner seit Titanic immer komponiert.

Ein abschliessendes Urteil wird erst möglich sein, nachdem die Fortsetzungen ins Kino kommen, denn The Amazing Spider-Man setzt offensichtlich bloss den Startpunkt für eine breiter angelegte Geschichte: Was mit Peters Eltern wirklich passiert ist, ist nach wie vor offen, wir haben von Norman Osborn viel gehört, aber noch nichts gesehen, und ein geheimnisvoller Typ ist in die Sache verwickelt, der sich anscheinend nach Lust und Laune teleportieren kann. Man darf gespannt sein.

Oh, zumindest eines hat Webbs Version der von Raimi voraus: Dick aufgetragenen US-Patriotismus sucht man hier vergeblich.


The Amazing Spider-Man ist neu auf DVD und Blu-ray erschienen!

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