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16. September 2008, 12:07 Konzert Music

Review: Colbie Caillat @ Kaufleuten, 14.09.

Patrick Holenstein - 20.10 Uhr, Colbie Caillat betritt die Bühne. Sie trägt braune Stiefel und ein kurzes, rot-blau kariertes Sommerkleid, die blonde Mähne flattert offen. So ungefähr stellt man sich den Inbegriff des All-American-Girl vor. Colbie wird von fünf Musikern unterstützt, welche scho...

20.10 Uhr, Colbie Caillat betritt die Bühne. Sie trägt braune Stiefel und ein kurzes, rot-blau kariertes Sommerkleid, die blonde Mähne flattert offen. So ungefähr stellt man sich den Inbegriff des All-American-Girl vor. Colbie wird von fünf Musikern unterstützt, welche schon auf sie warten. Alles wirkt perfekt, sie lachen und schäkern gemeinsam, singen und musizieren; eine grosse Familie. Völlige Harmonie. Doch irgendwas hat einfach gefehlt. Kann es sein, dass ein Konzert zu glatt ist?

Schwer zu sagen, an was es tatsächlich lag. Die Band trifft keine Schuld, die fünf Musiker – zwei Gitarren, Bass, Keyboard und Schlagzeug - haben ihren Job mit Bravour gemeistert. Auch Colbie selber überzeugte stimmlich über die ganze Länge. Auch wenn zu Beginn des Konzerts eine spürbare Distanz zwischen ihr und dem Publikum bestand, gelang es ihr spätestens nach dem dritten Song, The little things, allmählich die Zuschauer aus ihrer leichten Lethargie zu reissen. Je länger je mehr taute das Zürcher Publikum auf und lies sich mitreissen. Vielleicht lag die nur harzig aufkommende Stimmung daran, dass direkt vor der Bühne sechs Reihen Stühle aufgebaut waren und wie einen Graben zwischen Colbie und den Stehplätzen bildeten. Doch dies stellte irgendwann kein Problem mehr dar. Der Spass, den die Band sichtlich hatte, griff auf den Saal über. Der nächste Song sei von einer Künstlerin, durch die sie erst zum Singen gekommen sei, meinte Colbie plötzlich und stimmte nur von einem Gitarristen begleitet den Roberta Flack-Klassiker Killing me Softly an, welcher ihr Vorbild Lauryn Hill mit den Fugees unsterblich gemacht hatte. Frenetischer Applaus. Ein anderer ihrer Helden ist offensichtlich Bob Marley, denn sie schob gleich Turn the lights down low nach, was aber auch von Lauryn Hill interpretiert wurde. „Schon bitter, wenn man für Coverversionen mehr Applaus bekommt, als für eigene Songs“, bemerkte jemand neben mir treffend. Nun griff Colbie selber zur Gitarre. Flüsternd sang sie die ersten Worte von Bubbly. Keine Reaktion aus dem Publikum. Der Anfang war tatsächlich leicht geändert, aber dann steuerte die Melodie in den bekannten Rhythmus. Jetzt erkannte der grösste Teil das Lied und viele sangen mit. Für die Ballade wurde die Band mit grossem Applaus belohnt und sie bildete einen Höhepunkt in einem sonst eher unspektakulären Konzert. Nach einer kurzen Pause hinter der Bühne gab’s als Zugabe das vierte Cover des Abends, einen Jackson Five Klassiker und dann war nach 90 Minuten Schluss.

Die hübsche Kalifornierin und ihre Jungs spielten ein Konzert ohne Ecken und Kanten, ohne offensichtliche Höhepunkte, aber mit kleinen Überraschungen, wie beispielsweise die Coverversion des Rolling Stones Klassikers Beast of Burdon. Es blieb aber ein leicht fader Nachgeschmack, der einem fast ein schlechtes Gewissen einjagt. Wie kann ein so kurzweiliges und eigentlich schönes Konzert, ein Gig voller kalifornischer Sonne und der perfekten Musik, um den Sommer zu verabschieden, einen nicht zufrieden stellen? Vielleicht liegt genau dort der Hund begraben: Perfekte Dinge werden schnell langweilig.

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