Zurich Filmfestival Highlight: The World is Big and Salvation Lurks around the Corner
Christina Ruloff - Feelgood auf Bulgarisch mit Miki Manojlovic als Impresario der Lebensfreude: The World is Big... unterhält, amüsiert und entlässt gutgelaunt in den Abend - und hat den Publikumspreis am 4. Zurich Filmfestival gewonnen, völlig zurecht!Einstmals, weit weg im exotisch - ländlic...
Einstmals, weit weg im exotisch - ländlichen Bulgarien, war die Welt gut: Grossmama schaffte es, trotz aller Lebensmittelknappheit und mit viel Gedrängel, genügend Zucker für ihre geliebten Kuchen und Plätzchen aufzutreiben. Mama frönte ihrer Liebe zur Literatur und den gehäkelten Bildern. Und Grosspapa, alias Bai Dan, war der grosse und ehrfürchtig verehrte Meister im Backgammon. Leider hatte er auch eine laute, ja vorlaute Art und verprellte den örtlichen Politkommissar, so dass das Unglück seinen Lauf nahm und Saschas Familie ihre Heimat in einer Nacht - und - Nebel - Aktion verliessen. Inzwischen liegt der erwachsene Sascha nach einem schlimmen Autounfall im Spital in München, und kann sich zum lebhaften Entsetzen des Grossvaters an gar nichts mehr erinnern. Der schwatzhafte und ins Backgammon vernarrte, rührselige Alte ist ihm eher suspekt. Doch Bai Dan lässt sich so leicht nicht abschüttelt und nimmt den teutonisch eingerosteten Enkel mit auf eine Tandemfahrt nach Bulgarien, in die Vergangenheit und ins Glück...
Die Familie ist alles und das einzige, das zählt: Ein Bild aus glücklichen Tagen mit dem kleinen Sascha.
World is Big... ist in erster, zweiter und dritter Linie ein Miki Manojlovic-Vehikel, das dank, wegen und mit dem serbischen Schauspieler (hierzulande vor allem als lieber Zuhälter in Irina Palm und als Gangster in Emir Kusturicas mehr, weniger oder gar nicht gelungenen Filmen bekannt). Kaum wird er als jüngerer, oder nun ergrauter Grossvater mit Schnauz auf der Leinwand sichtbar, kann man nicht anders, als zu lächeln oder zu lachen. Wie er den mürrischen (und schauspielerisch natürlich chancenlosen Enkel Carlo Ljubek) aus dem Krankenbett wirft und ihn derart einschüchtert, dass jener sich in den Schrank verkriecht, ist göttlich. Ebenso amüsieren seine Versuche, den jungen Mann mit einer hübschen Frau zu verkuppeln, oder seine Art mit Backgammon das Leben zu erklären und recht zu philosophieren. Manojlovic hat alle Sympathien und die besten Dialoge auf seiner Seite.
Der Rest des Films ist Durchschnitt und die Versuche, der Familie, eine durch den Kommunismus verdüsterte Vergangenheit zu schaffen, scheitern kläglich an dem sonst so putzigen Selbstbild der Bulgaren und gar der grossen slawischen Gemeinschaft. In Anbetracht der Tatsache, dass Bulgarien das korrupteste Land der Europäischen Union ist und verpönten Drittweltländern in keiner Weise nachsteht, kann man nur von Ethnokitsch sprechen. Auch nervt das ewige Hin- und - Her zwischen bald nicht mehr so betrübter Gegenwart und immer betrübter werdender Vergangenheit. Weniger (auch in Minuten) wäre hier mehr gewesen, verlässt sich der Film doch sonst ostentativ auf seinen grossen Star.
Der Star füllt die Leinwand aus: Miki Manojlovic auf "jung" gestylt!
Bei den meisten Filmen, weiss der Zuschauer genau was er geliefert kriegt, und sehnt sich dies dennoch mit grosser Vorfreude herbei: World is Big... gehört zu dieser Sorte und zu der seltenen Gattung von Filmen, die einen, trotz aller Fehler, etwas glücklicher aus dem Kino rauslassen, als man reingekommen ist.