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8. Oktober 2008, 22:38 Movie

Kino: Stellet Licht - Stilles Licht

Valerie Sauter - Sternenhimmel. Sonnenaufgang im Zeitraffer. Man hört nichts, ausser dem Zirpen der Grillen. Landschaft im Süden der Staaten. Der Horizont weitet sich nur langsam. Der Film beginnt in der Natur. Orientieren kann man sich erst später. Man fühlt zuerst. Erst dann kommen die Info...

Sternenhimmel. Sonnenaufgang im Zeitraffer. Man hört nichts, ausser dem Zirpen der Grillen. Landschaft im Süden der Staaten. Der Horizont weitet sich nur langsam. Der Film beginnt in der Natur. Orientieren kann man sich erst später. Man fühlt zuerst. Erst dann kommen die Informationen. Der Tag erwacht. Schnitt auf einen Bauernhof, man hört erste menschliche Geräusche. Eine Familie wird vorgestellt. Auch das geschieht leise. Der Tag wird durch ein Amen gestartet.

Der Film behält seine ruhige, aber trotzdem einem Rhythmus folgende Erzählweise bei. Er handelt von der Beziehung des Vaters (Johan) einer gläubigen, kinderreichen Familie zu einer anderen Frau (Marianne). Eingeführt wird dieser durch einen heftigen Gefühlsausbruch zu Beginn des Films. Johan ist ein gütiger Familienvater. Es ist jedoch bald klar, dass er diese Beziehung und seine Gefühle zu Marianne seiner Frau Esther nicht verleugnet. Er liebt sie beide. Doch die Frauen halten die Situation nicht aus. Marianne will die Beziehung beenden. Ihre Begründung: „Friede ist stärker als Liebe“. Esther erleidet ein Herztrauma und bricht auf der Fahrt in die Stadt zusammen. Johan gibt sich die Schuld an ihrem Tod. Doch dies ist nicht das Ende der Geschichte. Sie hat noch Platz für mehr Poesie und Wundersames.

Stellet Licht (zu deutsch Stilles Licht) bedient sich einer vielfältigen Bildsprache. Die erste Begegnung von Johan und Marianne im Film beginnt beispielsweise mit einer Einstellung auf Fusshöhe. Es sind Lichtreflexe der Linse sichtbar. Ansonsten ist der Film geprägt durch wenige Worte, lange Einstellungen und langsame Kamerafahrten. Die Geschichte wird primär durch die Bilder erzählt, und dies auf eine sehr einfühlsame Art und Weise. Als Johan im Dunkeln weint, hört man kein Geräusch, man sieht nur den Lichtschimmer seiner Tränen.

Die Wirkung des Films ist besänftigend, der Puls verlangsamt sich, man taucht in einen physiologischen Zustand des Winterschlafs. Der Film lässt einem viel Zeit. Dem Zuschauer, den Figuren und den Bildern. Sogar das Melken wird ausführlich gezeigt: Die Kühe kommen eine nach der andern in den Stall, beginnen zu Trinken, Johans Eltern schliessen die Melkmaschine an die erste Kuh an. Am Anfang kommt viel Milch, dann weniger. Die nächste Kuh ist dran. Es kommt viel Milch, dann weniger. Dann kommt Johan in den Stall hinein. Es scheint, als stecke in jeder Einstellung sehr viel Liebe. Der Film ist menschlich, unkitschig, ruhig, sinnlich, nüchtern und trotzdem verträumt. Er endet mit einem Sonnenuntergang in den Sternenhimmel. Danach darf man wieder aufwachen und auf die lauten Strassen heraustreten. Und man fühlt sich, als sei man gerade erst erwacht.

  • Kinostart: 9. Oktober 2008
  • Regie: Carlos Reygadas
  • Hauptdarsteller: Cornelo Wall (Johan), Maria Pankratz (Marianne), Miriam Toews (Esther)
  • Herkunftsländer: Mexico, Frankreich, Niederlande, Deutschland
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