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9. November 2008, 18:32 Kultur

Die Lears @ Neumarkt

Robert Salzer - Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht. Barbara Weber inszeniert „Die Lears“ poppig, aber manchmal etwas schwer zu verstehen„This hold night will turn us all to fools and madsluts“ steht in grossen Lettern über der Bühne im Theater Neumarkt, ein leicht modifizie...

Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht. Barbara Weber inszeniert „Die Lears“ poppig, aber manchmal etwas schwer zu verstehen

„This hold night will turn us all to fools and madsluts“ steht in grossen Lettern über der Bühne im Theater Neumarkt, ein leicht modifiziertes Zitat von Shakespeare. Dessen Tragödie König Lear diente Barbara Weber als Vorlage für ein 1¼ Stunden kurzes Stück, das vor Allem die Familienkomponente vom Lear beleuchtet. Die Handlung des Klassikers wird denn auch als erstes von Rahel Hubacher kurz zusammengefasst, was darauf hindeutet, dass Weber nicht den ganzen Inhalt zeigt, sondern sich auf einige wenige Szenen beschränken will. Die Übersetzung des englischen Textes ist modern und meist einfach zu verstehen. Hin und wieder setzen sich die Schauspieler aber an den runden Tisch, kramen dicke Bücher hervor und lesen aus einer alten und schwerfälligeren Wiedergabe.

„Die Lears“ zeigt einen heutigen Familienkrieg mit vier Personen, der während des Geburtstagsfestes des Vaters ausbricht. Was seine Töchter denn für ihn empfänden, fragt der Vater. Zwei antworten so, wie es der Vater hören will und beteuern deren uneingeschränkte Liebe. Die dritte Tochter, Cordelia, aber ist ehrlich und findet keine Worte für ihre Liebe zum Vater. Prompt wird sie verstossen und enterbt. Dies ist Startpunkt des Abends, daraufhin wird munter weitergestritten. Einzelne Szenen von König Lear werden mit unterschiedlichen Rollenverteilungen nachgespielt, beispielsweise das grausame Augenausstechen des Gloucester, das im Neumarkt passend mit dem Stöckelschuh passiert. Wer das Originalstück nicht kennt, hat manchmal Mühe, dem Treiben auf der Bühne zu folgen. Es empfiehlt sich also, vor dem Besuch des Theaters zumindest die Wikipedia-Zusammenfassung durchzulesen, auch wenn man selbst dann hin und wieder die Regieideen nicht nachvollziehen kann. Leider wird das Thema der Familie nicht ganz ausgeschöpft. Da wäre doch sicher noch mehr Erzählstoff vorhanden gewesen. Ausserdem ist das Stück manchmal nicht konsistent. Weber will über die Familie erzählen, verstrickt sich dann aber in Details einzelner Szenen vom Lear.

Schön ist auf jeden Fall die musikalische Untermalung eines Einmannorchesters, welche den manchmal anspruchsvollen Text lockert. Der Gastschauspieler Sebastian Rudolph meistert die verzogenen Lear-Gören als König hervorragend und auch die Ensemblemitglieder Alicia Aumüller, Rahel Hubacher und Anne Ratte-Polle spielen ihre Rollen überzeugend.

Die Frage „Könnt ihr jetzt mal aufhören mit diesem ganzen Familienquark?“ fällt im Laufe des Abends. Kurz bevor der Vorhang fällt ist diese Frage durchaus berechtigt, vorher erlebt man allerdings eine interessante, peppige und farbenfrohe Inszenierung.

  • „Die Lears“ nach William Shakespeare
  • Regie: Barbara Weber
  • Ort: Saal Theater Neumarkt
  • Premiere: 6.November
  • weitere Vorstellungen: 10./11./12./13. November
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