My Chemical Romance - The Black Parade
Jesse Bächler - Interpret: My Chemical RomanceAlbum: The Black ParadeRelease: 20.10.2006Label/Vertrieb: Reprise Records/Warner Pomp ist ihr Ding, soviel steht fest. Dramatik ist ihre Butter auf jedem Stück, das sie uns verfüttern – und knausrig sind sie beim Aufschmieren definitiv nicht. Nur...
Album: The Black Parade
Release: 20.10.2006
Label/Vertrieb: Reprise Records/Warner
Pomp ist ihr Ding, soviel steht fest. Dramatik ist ihre Butter auf jedem Stück, das sie uns verfüttern – und knausrig sind sie beim Aufschmieren definitiv nicht. Nur, was einen bei einer anderen Band krank machen würde, schmeckt bei My Chemical Romance besser als ausgezeichnet. Möglicherweise liegt es am überdeutlichen Fingerzeig rüber zu Queen, den unangefochtenen Meistern der Theatralik in der Musik, möglicherweise an der schamlosen Art, mit der sie breitbeinig und selbstsicher wie Halbstarke vor einem zu stehen scheinen, wenn ihre Musik aus dem Lautsprecher marschiert – auf jeden Fall steht fest, dass sie in beiden Punkten ihre Kollegen auf die Ränge verweisen.
The Black Parade klingt zwar total anders als das, was man als konsequenter Denker nach Three Cheers For Sweet Revengevon den fünf Buben schlechthin erwarten würde – aber gleichzeitig bildet dieses Album perfektes Anschauungsmaterial für eine überraschende, aber nichtsdestotrotz völlig stimmige und genuine Metamorphose. Statt weiterhin ihre Screamo-Ecke mit Wunderkerzen auszuleuchten und für das nächste Album nur das Mobiliar gelegentlich etwas umzustellen, richten sie sich in einer neuen Ecke häuslich ein: Während Three Cheers… Zeter und Mordio war und sie sich mit Händen und Füssen gewehrt hatten, scheint die Situation auf The Black Parade absolut ausweglos. The beaten, the broken and the damned – das sind nicht mehr nur die andern. Von The End bis Famous Last Words schwebt über jeden Track eine mehr oder weniger deutliche Ironie, wird jede Zeile vom Sarkasmus regelrecht perforiert. Der Grundton ist trotzdem freundlich und beschwingt, manchmal schon fast lustig. Als ob sie die Finalität ihrer Situation mit Humor zu überspielen versuchten, dieser aber immer diesen bitteren Beigeschmack hat, der die Traurigkeit überdeutlich zum Vorschein bringt.
Wer sich die CD kauft, soll dem Booklet auch genügend Aufmerksamkeit zukommen lassen, denn hier hält man etwas in Händen, das sich selten genug ereignet: Ein Konzept wird von A bis Z durchgezogen und mit jedem Element bestätigt und ausgebaut. Die melodramatische Musik, der suggestive Titel und das düstere Artwork ergänzen sich, statt einfach ein Bild aufzubauschen. My Chemical Romance als Protagonisten in einem verrussten und verstaubten, mit Spinnwaben überzogenen Umzug der 20er-Jahre, der nur noch herumzieht, weil sie ihre ewige Ruhe nicht finden können und uns ihre Geschichte jedes Mal von neuem erzählen, sobald wir auf die Play-Taste drücken.