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12. Dezember 2006, 00:00 Movie

Be With Me

Christina Ruloff - Eric Khoo fragt in Be With Me was Liebe ist. Ihm gelingt ein wohltuend ruhiger Film mit wunderbaren Bilder: Das Gegenstück zur amerikanischen Liebeskomödie. Der westliche, pardon amerikanische Liebesfilm funktioniert nach dem bewährten Muster: „Man meets woman and they fall ...

Eric Khoo fragt in Be With Me was Liebe ist. Ihm gelingt ein wohltuend ruhiger Film mit wunderbaren Bilder: Das Gegenstück zur amerikanischen Liebeskomödie.

Der westliche, pardon amerikanische Liebesfilm funktioniert nach dem bewährten Muster: „Man meets woman and they fall in love.“ In den 90 Minuten Kino findet ein hektisches Auf und Ab statt, das die verschiedenen äusseren und inneren Hindernisse dramaturgisch abhandelt und überwindet. Besonders beliebt sind familiäre Einwände, die je nach Genre aus geheimem Familientrauma oder einfachem Klassenunterschied rühren. Mindestens so oft wird die Vergangenheit der Protagonisten aufgewaschen und abgearbeitet. Oder man macht sich über das unserer Zeit angemessene Mass der Emanzipation lustig, woraus ungeahnte Komplikationen entstehen können. Es wird mit dickem Rotstift zwischen falscher und echter Liebe unterschieden und die echte Liebe äussert sich nach einigem leidvollen Stirnrunzeln und einigen Tränen in Lächeln, Küssen und einer obligaten, dafür kurz gehaltenen Bettszene. Wer sich einen amerikanischen Liebesfilm ansieht, wäre bitter enttäuscht und empört weniger „Liebe und Triebe“ und mehr Gehalt geboten zu kriegen. Schliesslich geht man ins Kino um die eigene Erwartungshaltung bestätigt zu kriegen.

In Be With Me geht man daher am Besten ohne starre Erwartungen, dafür mit umso mehr Neugierde und Interesse. Der neue Film von Eric Khoo aus Singapur hält sich nämlich an die asiatische Kino-Tradition, die in erster Linie beobachtet, zeigt und hinterfragt. Khoo verbindet eine Dokumentation über die taub-blinde Theresa Chan mit drei fiktionalen Geschichten. Setzt man die vier Teile zusammen, versuchen sie eine Annäherung auf die Frage, was denn nun Liebe ist und wie sie funktioniert.

Eine lange, unbewegte Einstellung zeigt einen alten Mann, wie er erst behutsam und sorgfältig die Tische und Ablageflächen vor seinem Lebensmittelladen abräumt und nach innen trägt. Mit einer für unser Zeitgefühl unerhörten Ruhe und Musse macht er sich daran, ein Mittagessen zuzubereiten: Er beäugt zuerst Gemüse und Fisch auf dem Markt, wählt gezielt, legt die Nahrungsmittel in Öl ein, kochte sie in einer eigens aufgebauten Kochstelle im Garten und arrangiert sie hinterher liebevoll. Das von Müdigkeit und Ausweglosigkeit gezeichnete Gesicht verzieht sich kaum je. Nach einer quälenden Busfahrt, und einem Gang durch das dunkle, kalte Spital füttert der Mann seine Frau mit der Suppe. Löffel für Löffel, wortlos und doch unheimlich befriedigt. Die erste Geschichte, MEANT TO BE erzählt von einem Lebensmittelhändler, der mit der Erinnerung und der Präsenz seiner toten Frau weiterlebt und sich in seiner Trauer und Einsamkeit nicht vor ihr zu trennen vermag.

Hier zeigt sich Khoos Stärke. Indem er seine Charakteren beobachtet, sie ernst nimmt, sie in ihrem Alltag belässt und nicht durch eine Reihe von Unwahrscheinlichkeiten hetzt, lässt er ihnen die Zeit sich selbst zu offenbaren; sie eröffnen uns so die alltäglichen und ganz bekannten Gefühle wie Einsamkeit, Verzweiflung und Enttäuschung, aber auch Mut, Hoffnung und Glück. Hier kann Khoo Theresa Chan einführen, deren Persönlichkeit sich trotz der Widrigkeit ihres Lebens voll entfaltet hat. Sie erzählt in eigenen Worten, wie sie ihr Leben erlebt hat und ringt dem Zuschauer und dem alten Mann grenzenlose Bewunderung ab. Sie vermag sogar, Kraft zu geben.

Die anderen beiden Geschichten überzeugen weniger. Die eine Geschichte, FINDING LOVE handelt vom einsamen, von seinem Vater und seinem Bruder tyrannisierten Wachmann, der im Essen seinen Trost sucht. Seine einzige Hoffnung liegt in der Liebe zu seiner schönen Angestellten, die er von fern bewundert. In einem letzten Akt vor der totalen Selbstaufgabe rappelt er sich auf, ihr einen Liebesbrief zu schreiben.

Die andere Geschichte, SO IN LOVE schildert das Zerbrechen der Beziehung zwischen den Mädchen Jackie und Sam, als sich Jackie für Brian zu interessieren beginnt. Die glücksselige, in jubilierenden Bildern eingefangene Liebe endet in einer Katastrophe.

Man wird den Eindruck nicht los, dass der Regisseur Eric Khoo die vier Geschichten krampfhaft zu verbinden gesucht hat. Das Ende überzeugt nur bedingt. Es sind denn auch mehr die Momente, die einzelnen Bilder und Bildfolgen als die klassischen Geschichten, die Be With Me ausmachen. Sie verdeutlichen in dem fast sprachlosen Film die ganz elementaren Dinge, die Menschsein ausmachen.

Be With Me fragt, was Liebe ist und was die Liebe ausmacht: Ein wenn nicht leichtes, so doch bewundernswertes und bewundernswert gelungenes Unternehmen.

Bewertung: 4 von 5

Originaltitel: Be With Me

Land: Singapur

Genre: Drama

Dauer: 90 Minuten

Regie: Eric Khoo

Darsteller: Theresa Can, Ezann Lee, Samantha Tan, Seet Keng Yew, Chiew Sung Ching, Lawrence Yong, Lynn Poh

Verleih: trigon-film

Kinostart: 14.12.2006

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Quelle: trigon-film (Link)
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