Nega im Interview
Oliver Kaftan - Nega ist zurück: nach einer schöpferischen Pause, welche durch den Tod seines geliebten Vaters geprägt war, hat der Genfer Rapper sein ganzes Umfeld neu organisiert. Das Gründungsmitglied der legendären Gruppe Double Pact wird von seinem ehemaligen Bandkollegen Stress berate...
Nega, du bist seit über zehn Jahren im Business. Was denkst du über die Entwicklung des Hip Hop?
Im Allgemeinen finde ich die Entwicklung positiv. Als wir (mit Double Pact) anfingen, war diese Musik ziemlich unbekannt und wenig verbreitet. Klar, heute ist Hip Hop sehr kommerziell, aber ich finde, das hat auch gute Seiten. Die Musik ist populärer geworden. Wenn man heute jemandem sagt, dass man Rap macht, ist das nicht aussergewöhnlich.
Und wie sieht es mit deinem Musikgeschmack aus? Hörst du lieber die neuen oder alten Sachen?
Das ist lustig; Viele Leute hören nur Rap, der mehr als zehn Jahre alt ist. Im Grunde genommen mag ich beides. Mir gefällt, wie heute der Rap mit anderen Musikarten gemischt wird. Das macht ihn sehr abwechslungsreich.
Auch dein neues Album ist sehr abwechslungsreich. Warst du durstig nach neuen Erfahrungen oder hast du bloss ein so heterogenes Album kreiert, damit die Zielgruppe, welche du ansprichst, grösser ist?
(lacht) Nun, ich habe schon vieles gemacht. Es gibt Streetrap-Tracks von mir, aber auch Stücke, wo andere Musikstile miteinfliessen. Ich mag verschiedene Musikrichtungen und alles, was ich höre, beeinflusst auch meine Musik. Ich bin aber trotzdem auch kritisch mit anderen Alben und kaufe mir nur sehr selten eins, da es sich heutzutage zum grössten Teil nur um Kopien von Songs handelt, die es bereits gibt. So gefallen mir meistens nur ein bis zwei Songs auf neuen Alben und die lade ich mir dann bei iTunes runter.
Für dein neues Album hast du dein ganzes Umfeld neu organisiert. Was hat sich konkret geändert im Vergleich zu Mémoires écrites und 2?
Vieles. Ich nehme zwar erst seit einem halben Jahr Klavierunterricht, aber das hat mir musikalisch beim Produzieren des Albums geholfen. Auch die Zusammenarbeit mit neuen Künstlern ist jedes Mal ein Bereicherung… Ausserdem habe ich eine neue Booking-Agentur und ein neues Plattenlabel (Muve). Die Leute, die um mich herum sind, haben es wirklich drauf. Stress hat mir bei der Zusammenstellung des neuen Teams geholfen.
Wie hat er dich konkret unterstützt?
Nun, wir haben uns schon immer die Sachen gezeigt, die wir für unsere Solo-Projekte gemacht hatten und uns ausgetauscht. Er hat mein letztes Album geliebt und auch Ultimatum gefällt ihm sehr gut. Geholfen hat er mir vor allem beim Aufbau des Albums, dem Wechsel des Labels… also vor allem in geschäftlicher Hinsicht. Er hat mir immer gesagt, dass ich mich ein bisschen weniger auf die Musik konzentrieren soll und ein bisschen mehr aufs Business (lacht).
Lass uns von einigen Titeln auf deinem neuen Album sprechen. Die Liebe war schon auf deinen vorhergehenden Alben ein Thema und auch auf Ultimatum hast du unter anderem den Titel „Amour“, den du zusammen mit Seven aufgenommen hast. Darin fragst du dich in Anbetracht dessen, wovon wir täglich in den News hören, wo die Liebe ist. Aber ehrlichgesagt: Glaubst du nach all den Ereignissen, die dein Leben geprägt haben, noch an die Liebe?
Natürlich! Zum Glück! Wenn wir Zeitungen lesen oder uns Fernsehsendungen anschauen, herrscht zwar überall Krieg und Hass, aber um uns herum herrscht die Liebe, sei es in der Familie oder unter Freunden.
Auf deinem letzten Album 2 hast du aber im Titel 19.06.1979 gerappt, dass du pessimistisch und negativ eingestellt bleibst…
Ja, das stimmt. (Pause) Wenn sich etwas zum Schlechten entwickelt, denke ich so. Ich bin aber trotz allem auch ein sehr optimistischer Mensch (lacht).
Für dein letztes Album hattest du schon einen Reggae-Song gemacht (Change) und auch auf deinem neuen Album hast du einen solchen mit Cali P, einem bekannten Künstler in der Szene…
…und auch einen Track mit Open Season.
Genau. Wieso ist ein Rapper daran interessiert, Reggae/Dancehall-Stücke auf seinem Album zu haben?
Nun, bei Stress ist es so, dass er ausser Rap vor allem Pop und Rock mag und ich höre viel Reggae und Dancehall. Es gibt viele Rapper, die laden einen Dancehall-Künstler ein, um auf ihrem Rap-Song zu singen. Ich wollte aber das Ganze mal umkehren und auf einem Dancehall-Stück rappen. Das ändert viel. Ich liebe es zu experimentieren… Als Cali P zu mir kam und ich ihm das Stück zeigte, war er überrascht und sagte: „Das ist aber Dancehall!? Das gefällt mir.“ (lacht). Das gleiche gilt für Reggae. Auch dort habe ich versucht Hip Hop-Reggae zu machen (lacht).
In „Mouton Noir“ erklärst du dich in Antwort auf die hetzerischen Kampagnen der SVP zum schwarzen Schaf und machst dich damit über die Werbung der politischen Rechten lustig…
(lacht).
…wie dies auch Stress schon mit Fuck Blocher klar zum Ausdruck gebracht hat. Es scheint aber, dass die rassistischen Stereotypen in unserer Gesellschaft nie verschwinden werden. Was waren deine Absichten mit diesem Titel?
Ich wollte Stellung nehmen zu all dem Shit der SVP. Schaut man sich ihre Pressemitteilungen an, wird dort z.B. die Rap-Musik dafür verantwortlich gemacht, dass Jugendliche gewalttätig sind. Ausserdem sind sie der Meinung, dass es sich bei Kriminellen immer um Ausländer oder Eingebürgerte handle, dass die Mehrheit der Afrikaner Drogendealer seien usw. Das ist schon heavy! So habe ich all dies in meinen Track aufgenommen. Mir war dabei wichtig, dass ich einen Song ohne Beleidigungen mache. Ich wollte es nicht auf dieselbe Art machen, wie es Stress mit Fuck Blocher gemacht hatte. So habe ich versucht, das Ganze anders zu verarbeiten und der Track spricht sowohl Jung als auch Alt an.
Lass uns nochmals auf das Album als Ganzes kommen. Du ziehst darin Bilanz über dein Leben, bildest die guten und die schlechten Seiten ab, bringst aber auch die schweren Themen zur Sprache. Was sind die wichtigsten Dinge, welche dir das Leben bis jetzt gelernt hat?
Ouf (lacht). Keine einfache Frage (lacht). (Pause) Nun, was mich vor allem geprägt hat, war das, was vor einem Jahr passiert ist: Der Verlust meines Vaters. Dies war die Motivation für mein Album. Ich habe den Titel „Ultimatum“ für mein Album gewählt, weil ich da wirklich nicht gewusst hatte, ob ich weiterhin Musik machen und die richtigen Entscheidungen treffen werde. Weisst du, ich wusste nicht, wie ich weiter machen soll… sagte mir dann aber, dass alles, was ich bis jetzt gemacht hatte, nie das Optimum war. So entschied ich mich dafür, dass ich bei diesem Album noch einmal versuche, das Beste zu geben und dann schaue, ob ich weiter machen werde oder nicht. Ich habe dieses Album wirklich so gemacht, als sei es mein letztes.
Heute Abend beginnt deine Tournée. Was erwartet deine Fans?
Nun, früher war ich immer mit einem DJ und einem Kumpel unterwegs. Das war stets ein bisschen freestyle und nicht wirklich gross geplant. Jetzt werde ich mit einer Band unterwegs sein... Alle, die mich bis jetzt live gesehen haben, haben nicht wirklich Nega gesehen. Dies wird was komplett Neues. Ihr müsst also kommen (lacht).
Aktueller Clip: Nega feat. Seven – Amour
Nega & Band on Tour
06.02. Bierhübeli, Bern
13.02. Alte Taverne, Adelboden
14.02. Rondo, Pontresina
20.02. Schüür, Luzern
21.02. Biella Factory, Biel
28.02. Mehrzweckhalle, Lantsch
06.03. Holästei, Glarus
20.03. Mokka, Thun
27.03. m4music, Zürich
10.04. Sommercasino, Basel
weitere Daten in Planung