Salongespräch @ Theater Neumarkt
Jan Rothenberger - Daniel Binswanger vom «Magazin» diskutierte mit Ex-Preisüberwacher Rudolf Strahm und dem deutschen Ex-Finanzminister Hans Eichel über Bankgeheimnis und Finanzkrise. Das „Salongespräch“ hätte in Anlehnung an Mike Müllers neustes Projekt – ebenfalls im Theater Neumarkt...
Das „Salongespräch“ hätte in Anlehnung an Mike Müllers neustes Projekt – ebenfalls im Theater Neumarkt – auch „Hans Eichels Bankgeheimnis-Show“ heissen können. So sehr überliess man dem deutschen Exminister nämlich die Bühne für seine Attacken auf das Schweizer Bankgeheimnis – eine Agenda, die er schon längere Zeit sehr enthusiastisch verfolgt. Seit einigen Monaten tingelt das Bundestagsmitglied durch Talkshows und Diskussionsrunden und nimmt dort den Schweizer Finanzplatz unter Beschuss. Und das recht souverän: Die Teilnehmer einer Arenasendung vom März letzten Jahres, beispielsweise der Präsident der Schweizer Bankiervereinigung, werden ihre rhetorische Demontage durch den gewieften Redner Eichel noch in schlechter Erinnerung haben. Darum, so scheint es, überliess man ihm diesmal das Feld gleich auf Anhieb. Während «Tagi-Magi»-Kolumnist Binswanger relativ schnell praktisch gar nichts mehr sagte beziehungsweise fragte, sprang Rudolf Strahm ein und meldete sich wenigstens noch ab und zu zu Wort. Eine Diskussion, die diesen Namen verdient hätte, entstand jedoch nicht. Strahm nutzte die Gelegenheit vornehmlich, um sich bei Eichel über den Verlauf EU-interner Prozesse auf den neuesten Stand bringen zu lassen oder liess als Standby-Moderator den Ex-Finanzminister über seine Sicht der Bankgeheimnis-Zukunft orakeln: „Wie schätzen Sie das ein, Herr Eichel?“
Die Antwort darauf bekam er, und zwar ausführlich. Die Veranstaltung, die unter der Fragestellung «Nach der Krise die Reform: Was muss an der Weltfinanzordnung geändert werden?» angekündigt worden war, wurde zum Bankgeheimnisvortrag des deutschen Politikers. Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, dass die Argumentation Eichels – und je länger desto mehr auch offizielle Linie der EU, so lassen es zumindest die Aussagen von Kommissar László Kovács erwarten – durchaus Hand und Fuss hat. Es ist kein Zufall, dass sich Schweizer Politiker wiederholt die Zähne daran ausgebissen haben, den Schweizer Sonderweg dem Ausland gegenüber zu rechtfertigen, den sie für die USA schon stark aufweichen mussten. Darum läuft der in Deutschland eher blasse Politiker Eichel während seiner Besuche in der Schweiz wohl auch regelmässig zur Höchstform auf. Sogar der sonst schwer zu knackende Roger Köppel von der «Weltwoche» wirklich unlängst in der ARD-Talkshow «Maischberger» eher hilflos gegen die Angriffe Eichels, der den Schweizer Banken ja nicht ganz unberechtigt Beihilfe zur Steuerflucht vorwirft. Hier stieg immerhin Strahm wieder ins Gespräch ein und steuerte ein wenig Perspektivierung bei, als er schätzte, dass das Bankgeheimnis ein vernachlässigbarer Standortfaktor des Schweizer Finanzplatzes und lediglich mit einigen wenigen Prozent an dessen Einkünften beteiligt sei.
Trotzdem sehnte man sich als Zuschauer nach dem eigentlichen Thema der Veranstaltung, der Zukunft der Finanzbranche. Leider fand sich nicht mehr so viel Zeit, um selbiges zu diskutieren und die Einschätzungen der Politiker verblieben eher an einer altbekannten Oberfläche. Forderungen wie zusätzliche Transparenz, risikogebundene Bilanzierung und grössere Eigenmittelunterlegung der Finanzinstitute sind nicht neu. Interessant zu erfahren wäre gewesen, wie diese umzusetzen wären und ob der politische Kompromiss vom Tausch Wachstum gegen Sicherheit auch in der gegenwärtigen Krisenstimmung mehrheitsfähig sein wird.
- Das nächste Salongespräch mit Daniel Binswanger findet am 14. März 2009 statt. Thema: «Schwarze Magie oder wirtschaftlicher Segen? Das Wesen moderner Geldwirtschaft» Als Gäste: Hans-Christoph Binswanger, emeritierter Professor für Volkswirtschaft; Jakob Tanner, Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte.