Wäre heute morgen und gestern jetzt
Christina Ruloff - Heinz Spoerlis neues Ballett hebt die Zeiten auf und nimmt das Publikum auf eine anspruchsvolle Reise zwischen Vergänglichkeit und scheinbarer Ewigkeit.Zum „Gloria“ öffnet sich am Ende der Himmel und Licht durchflutete Wolken rasen vorüber. Zuvor wurde eine gute Stunde lan...
Zum „Gloria“ öffnet sich am Ende der Himmel und Licht durchflutete Wolken rasen vorüber. Zuvor wurde eine gute Stunde lang zu Johann Sebastian Bachs „Magnificat“ gezeigt, was modernes, kreatives und bezugreiches Ballett sein kann, gerade wenn es, wie im Titel angetönt, versucht, die Zeitebenen aufzuheben und in grossen Bahnen die Bezüge zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durch Tanz, Ausdruck,Bühnenbild und Licht aufzuzeigen und so zwischen Vergänglichkeit und Ewigkeit zu balancieren. Denn um nichts Geringeres geht es hier Spoerli in seiner neuen Choreografie zu der beeindruckenden und beeindruckend vorgetragenen Musik von Bach. Mal tänzerisch, mal elegisch wird mal mit der Musik, mal gegen die Musik getanzt, werden die Grenzen ausgelotet.
Das Ensemble des Zürcher Balletts tanzt - und wie!
Das ist spannend, es ist jedoch auch sehr viel fordernder und anstrengender als ein narratives Ballett, das eine klare und in der Gefühlslage eindeutige Geschichte erzählt. So freute sich das Publikum auch in erster Linie an dem schlicht grossartigen Ballett - Ensemble, das zu den besten Europas gehört; gerade weil es sich immer wieder neuen Herausforderungen durch ihren Direktor Spoerli ausgesetzt sieht. Der zentrale Pas de trois (zu „Ich habe genug“) mit den Lokalmatadoren Arman Grigoryan und Vahe Martirosyan und dem Publikumsliebling Yen Han war atemberaubend: Es wirkte so, wie Ballet eben wirken muss: Leicht, zauberhaft, mühe-, fast schwerelos – einfach schön. Die drei waren überhaupt herausragend und tanzten im wahrsten Sinne des Wortes titanisch durch den ganzen Abend. So brachen die Zuschauer am Ende völlig zurecht in Begeisterung aus, klatschen laut und lange und jubelten eigentlich fast allen Tänzerinnen und Tänzern zu – haben sie doch etwas Einzigartiges geschaffen.
Foto: Copyright: Peter Schnetz