2. Juni 2009, 18:00 Kolumnen

Ein Jahr draussen, aus Zürich, ein akademisches zumindest. 9 Monate. Die Arbeiten sind geschrieben, Sommerferien. Helsinki ist Heimat geworden, und doch bleibt jetzt irgendwie nur noch Zürich. Zu Hause das Liz fertig machen. Zwei Städte, ein Studentenleben. Ich fand 10 Unterschiede.

Land. Snowboarden auf 300 Meter-Hügeln, Baden in gefrorenen Seen, Bier am Strand. Die Weite des Meeres vor Helsinki hat mein Herz gewonnen, die Lichtspiele über dem Polarkreis ebenfalls. Dazwischen liegen 12 Stunden Zugfahrt durchs Niemandsland. Die Alpen, das Tessin, und der Zürisee innerhalb von 2 Autostunden dagegen - ziemlich unschlagbar.

Leute. Lauri, Heikki, Minna und Kaisa. Sie fast alle sind ehrlich, roh, stark. Winzige Nasen, flache Gesichter. Haben kleine Egos und leise Stimmen. Es sind gute Menschen aufs Wesentliche konzentriert. Wer braucht eine Goldmember? Wir sitzen zusammen in der Sauna über Schnaps und grossen Geschichten. Dann kotzt man auf die Strasse und am Montag wird wieder gebügelt.

Frauen. Sie sind hier im Norden in der Überzahl. Sind sich gewohnt neben dem scheuen Finnischen Mann das Leben zu meistern. Die einen mit männlichen Attitüden, spucken, treten, fluchen. Die anderen mit den Waffen der Frau, style, grace, Stilettos. Sie sind nicht alle blond und nicht alles nordische Engel, aber es ist ein aufregendes Schauspiel. Zürich dagegen eine annabelle-Lesung.

Alkohol. In Finnland trinkt man viel. Alle. Alkohol ist Teil der Kultur. Während Betrunkene in Zürich belächelt werden und die cocaine-cool regiert, hat man hier einen Flachmann im Handtäschli und nimmt eins. Warum auch nicht, ohne ist‘s auch nicht schöner. Dunkelheit und Kälte vergessen, stattdessen Karaoke, Tango und Schmusen. Besser mit Schwips. Kann aber passieren, dass man etwas dreinschiesst - bezüglich der Menge und anderen Folgen des Rausches.

Universität. Finnland ist stolz auf seine Ausbildungsstätten und ihre Studenten. Studentenfeste können die ganze Stadt einnehmen. Die Mensa kostet halb so viel wie in Zürich. Die Studis zahlen keine Semestergebühren und jeder kriegt ein Stipendium vom Staat. Angenehm. Meine nächsten 670 Stutz in Zürich sind fällig.

Stil. Der nordische Style ist unique. Helsinki ist ab der Welt, weit von New York, Paris, Tokyo. Also macht man selber. Kleine Labels und Second Hand Shops prägen das Bild, und die urban youth kombiniert Lust und Laune zu einzigartiger hotness. Das Wetter verlangt neben Stil auch Funktionalität, mit Sonne, Regen, Schnee und Eis – manchmall alles an einem Tag – scheint sich die Mode à la minute zu verändern. Zürich guckt ins 20 Minuten Friday und kauft nach.

Sonne. Ist schon eher rar. Eiskalte Winter, höchstens milde Sommer. In der Schweiz war‘s diesen Winter jedoch kälter. Dennoch, die kurzen 3 Stunden graues Tageslicht im Januar sind garstig. Der blaue Himmel und der rote Streif am Horizont um halb 1 Uhr nachts dieser Tage dafür ziemlich episch fürs Gemüt.

Pop. Die Musik ist rockiger. Ob besser, lässt sich diskutieren. Während in Zürich alle 20 Heavies in die Alte Metzg passen, knallen hier Ozzy und Co. im Haushaltsradio. Heavy Fucking Metal. Finnisches Fernsehen ist schlechter, Miss Suomi und das Finnische Supermodel sehen erstens nicht besser aus als die in der Schweiz und zweitens, boring.

Stadt. Helsinki hat fast doppelt so viele Einwohner und das Stadtgebiet ist x-fach grösser als in Zürich. Das Stadtzentrum ist jedoch vergleichbar handy - man geht zu Fuss. Das Wesentliche: In Zürich haben die Bars länger offen und die Kebabs sind besser. Eins null.

Budget. Katsching! Finnland kostet. Ein WG-Nachtessen standard, für drei, gut und gerne 20 Euro. Ein halber Liter Bier 2 Euro, in der Bar 5, aufwärts. Ich freue mich auf Denner Lager und Migros Budget.

Studieren in Helsinki oder Berlin. Anders als in Zürich. Ist so, Berlin?