Interview mit Daniel Merriweather
Silvan Gertsch - Daniel Merriweather ist der neue Stern am Singer-Songwriter-Himmel mit einer extragrossen Portion Soul in seiner Stimme. Im Interview mit Students.ch spricht der Sänger aus Australien über die Arbeit mit Mark Ronson, sterbende Katzen und California Dreaming...Die meisten Leute ...
Die meisten Leute kennen deine Stimme, nicht aber deinen Namen. Wird sich das mit dem Debutalbum „Love And War“ ändern?
Daniel Merriweather: Das hoffe ich! Wenn die Leute den Song „Stop Me“ hören, dann bringen sie den in erster Linie mit Mark Ronson in Verbindung, nicht mit mir. Ich habe eine unglaublich interessante Zeit hinter mir und in den letzten Monaten und Jahren viel mit Mark zusammengearbeitet. Jetzt kann ich es kaum erwarten, dass mein Album veröffentlicht wird.
Hat dir der Song „Stop Me“ viele Türen geöffnet?
Wahrscheinlich hat er viele Leute auf mich aufmerksam gemacht. Ich wusste schon lange, dass ich ein Album veröffentlichen will und habe das schon geplant, bevor ich mit Mark Konzerte gespielt habe. Im Grunde genommen hat diese Tournee meine Albumpläne sogar verzögert. Aber das hat auch seine guten Seiten. Ich konnte mir genügend Zeit nehmen und mein Debut dorthin bringen, wo ich es haben wollte.
Ist dir das gelungen?
Ja. Ich wollte ein Album veröffentlichen, das ich auch in 20 Jahren noch hören werde. Und das habe ich geschafft. Ich habe Genres aus dem Fenster geworfen und Songs geschrieben, ohne mir Gedanken zu machen, welche Art von Musik ich machen müsste. Und die Tatsache, dass es von Mark Ronson produziert worden ist, hilft natürlich auch.
Er ist zu einem guten Freund von dir geworden?
Ich kenne ihn jetzt seit sechs Jahren. Wir sind gute Freunde geworden, haben lange auf mein Album hin gearbeitet gemeinsam. Und vor vier Jahren habe ich einen Deal bei seinem Label unterschrieben.
Er habe dich damals nach New York eingeladen. Kanntest du ihn zu dem Zeitpunkt bereits?
Ich hatte seinen Namen noch nie zuvor gehört. Erst im Nachhinein konnte ich zwei und zwei zusammenzählen. Er hatte damals gerade ein Album von Nikka Costa produziert und ich kannte einen Song darauf: „Like A Feather“. Mark war zu der Zeit ein vor allem in New York bekannter DJ. Als Produzent war er zu dem Zeitpunkt noch nicht gross in Erscheinung getreten.
Das klingt nach einem ziemlichen Abenteuer, als er dich unerwartet nach New York eingeladen hat.
Das stimmt. Ich war zu der Zeit auf der Suche nach einem Plattenvertrag. Und ich war kurz davor, bei einem Label in Melbourne anzuheuern. Er meinte nur, dass ich nichts unterschreiben und nach New York kommen solle. Das hat sich im Endeffekt als hervorragende Entscheidung herausgestellt.
Insgesamt hast du über 300 Songs geschrieben in den letzten Jahren – das steht zumindest in der Biographie.
Keine Ahnung, ob diese Zahl wirklich stimmt. Aber es existieren tatsächlich tonnenweise Songs von mir. Ich weiss nicht, ob ich die je wieder singen werde. Sie sind halt einfach da. Aber die Songs fürs Album sind relativ neu, die habe ich im Verlauf des letzten Jahres geschrieben.
Wie sah ein typischer Tag im Studio aus?
Jeder Tag war anders. Ich ging aber in der Regel so um zwei Uhr ins Studio, trank etwas Rotwein und war gegen fünf Uhr abends bereit, um zu singen. Ich bin es mir gewohnt, in der Nacht zu arbeiten. Das liegt mir mehr.
Deine ersten musikalischen Schritte hast du im Alter von vier Jahren auf der Violine unternommen. Ist die klassische Musik eine Inspirationsquelle für dich?
Sehr. Ich höre zwar heute nicht mehr so viel klassische Musik wie früher. Ich hatte schon als Kind klassische Melodien in meinem Kopf. Das ist noch heute von Zeit zu Zeit der Fall, wenn ich Songs schreibe. Mit etwa zwölf Jahren begann ich allerdings zu singen und mit dem Violinespielen aufzuhören.
Geige spielst du heute nicht mehr?
Meine Mutter kam über Weihnachten nach New York und brachte mir meine Violine, die ich in Melbourne zurückgelassen hatte, mit. Auf der habe ich als 13-Jähriger geübt. Ich habe kürzlich wieder versucht, zu spielen. Aber es klang, als ob eine Katze sterben würde.
Auf einem Song ist die britische Sängerin Adele zu hören. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Ich kenne sie schon seit ein paar Jahren, sie ist eine gute Freundin von mir. Und ich liebe ihre wunderbare Stimme. Als ich den Song „Water And A Flame“ fertig geschrieben hatte, realisierte ich, dass dieser Song sich als Duett eignen würde. Ich rief sie an und war sehr froh, dass sie zusagte. Ihre Stimme klingt besser, als wenn ich die zweite Stimme selber eingesungen hätte.
Ein weiterer Gast auf dem Album ist Sean Lennon, der Sohn von John Lennon.
Ihn habe ich durch Mark kennen gelernt. Sie sind Kindheitsfreunde und Sean war oft im Studio, in dem ich mein Debutalbum aufgenommen habe. Er fragte, ob er ein Gitarrensolo spielen dürfe Der Song heisst „For Your Money“.
Dein Album versprüht also Beatles-Feeling?
Ein wenig. Sean ist wirklich phänomenal auf der Gitarre, ein fantastischer Musiker. Ein Stück weit erinnert er auf dem Solo in seinem Gitarrenspiel an seinen Vater – es ist sogar eines meiner liebsten Gitarrensoli.
Der Song „Could You“ basiert auf der Melodie von „California Dreaming“. Wieso dieses Stück?
Ich liebe die fröhliche Sommerstimmung, die es verbreitet. Das ist wahrscheinlich der Hip-Hopper in mir, der mir gesagt hat, dass es okay sei, einen alten Song wiederzuverwenden.
Du bist in Australien aufgewachsen, lebst in New York und reist durch die ganze Welt. Wo fühlst du dich zuhause?
Momentan ganz klar in New York. Aber ich vermisse Melbourne, meine Bekannten dort. Ich versuche, so oft wie möglich nach Australien zu reisen.
Kennen die Leute dein Gesicht in der Heimat?
Manchmal. Aber auch in der Schweiz. Gestern waren wir abends in Zürich unterwegs, in einer Bar. Auf einmal kam ein Typ auf mich zu. Er fragte mich, ob ich Daniel heisse. Er selber stammte aus Melbourne und erkannte mich, da er vor vier Jahren dort an einem meiner Konzerte war, als ich vor De La Soul aufgetreten bin. Ich war ziemlich irritiert, in Zürich auf einen Typen zu treffen, der mich vor Jahren in Melbourne gesehen hatte und der mich noch kannte. Solche Sachen sollte es mehr geben.