Interview mit Daughtry
Silvan Gertsch - Daughtry : Aus der Einmann-Show ist eine Rockband geworden. In den USA ist die Band um Frontmann Chris Daughtry das Mass aller Dinge - mit ihrem zweiten Album "Leave This Town" wollen sie nun auch in Europa durchstarten. Wir trafen Sänger Chris und die beiden Gitarristen Brian C...
Chris, du bist in Lasker aufgewachsen. Ein guter Ort, um bekannt zu werden?
Chris Daughtry: Ich weiss nicht, ob der Ort in der Zwischenzeit irgendwo auf einer Landkarte zu finden ist. Dort lebten in meiner Kindheit etwa 100 Leute und es gab eine Tankstelle, die von meinem Onkel geführt wurde. Ich habe zwar grossartige Erinnerungen an Lasker. Aber ich wusste früh, dass ich von dort wegziehen muss, wenn ich es zu etwas bringen will. Das inspirierte mich zur Textstelle im Song "September", die dem Album seinen Namen gab.
Es heisst "Leave This Town". Habt ihr auch versucht, euer Debüt zurückzulassen?
Chris: Wir haben nicht bewusst versucht, in eine andere Richtung zu gehen. Insgesamt haben wir 70 Songs geschrieben und mitgeschrieben. Daraus haben wir jene herausgefiltert, die am besten zeigen, wer wir sind – die aber auch Platz gelassen haben, damit wir uns weiterentwickeln konnten. Sie tragen aber immer noch unsere Handschrift.
Dieses Mal habt ihr Wert darauf gelegt, dass alle Bandmitglieder mitwirken.
Brian: Wir waren tatsächlich stark involviert. Beim Debüt existierte die Band noch gar nicht. Wir stiessen erst zu Chris, als das erste Album komplett eingespielt war. Jetzt haben wir die Songs zusammen geschrieben, wir haben sie gemeinsam eingespielt und wir touren gemeinsam. Diese Einflüsse, die wir alle eingebracht haben, hört man raus. Ich hoffe, dass wir auch in Zukunft noch die Möglichkeit haben, Alben aufzunehmen. Damit wir noch mehr experimentieren und noch mehr Stile unserem musikalischen Vokabular hinzufügen können.
Wie hat sich die Beziehung zwischen euch geändert?
Chris: Wir hassen uns!
Brian: Unsere Beziehung ist exzellent.
Josh: Vor drei Jahren zogen wir los, ohne zu wissen, wo die Reise hinführt. Zu Beginn verdienten wir gar nichts, die Familien und die Jobs liessen wir zurück. Nach ein paar Monaten spielten wir in Theatern. Wenig später waren es bereits Arenen. Aber es ging immer nur um die Musik, um nichts anderes. Deshalb sind wir heute, drei Jahre später, super friends, uns kann nichts trennen.
Seid ihr vom Erfolg eures Debüts überrumpelt worden?
Chris: Absolut. So etwas kann man nicht vorhersehen. Es gibt keine Formel, die diese Art von Erfolg garantiert. Wir haben hart dafür gearbeitet und es hat sich gelohnt. Zweieinhalb Jahre waren wir unterwegs. Auf jeder Etappe unserer Tournee verkauften wir eine zusätzliche Million Alben. Es wurde immer grösser, wie bei einem Schneeball-System. Teilweise standen sechs Shows am Stück auf unserem Programm, das würden wir heute wahrscheinlich nicht mehr machen.
Ist es nicht langweilig und ermüdend, so lange auf Tournee zu sein?
Brian: Klar wird man ab und zu müde, aber langweilig wird es nie!
Josh: Wenn wir auf die Bühne gehen, versuchen wir, die Show anders zu gestalten als am Abend zuvor – ohne, dass die Songs bis ins Unerkenntliche geändert würden. Das macht die Konzerte für die Fans und für uns aufregender.
Einen Teil der Shows habt ihr zusammen mit Bon Jovi gespielt. Habt ihr von ihm was lernen können?
Chris: Ich habe gelernt, dass er bedeutend mehr Energie hat, als ein Mann, der auf die 50 zu geht, haben sollte.
Josh: Er ist enthusiastisch.
Chris: Und er spielt zweieinhalb Stunden, schwitzt wie ein verrückter – jeden Abend. Seit 25 Jahren auf gleich hohem Level. Das ist unglaublich. Wir spielten 45 Minuten, kriegten danach kaum mehr Luft und fühlten uns, als ob wir gerade einen Krieg hinter uns hätten. Bon Jovi zuzusehen, ist unglaublich inspirierend für die eigene Karriere.
Brian: Du hast vorhin gefragt, ob man sich auf Tour nicht langweile. Bon Jovi tun das nie.
Chris: Die langweilen sich schon, aber sie zeigen es nicht.
Brian: Sie spielen auf der Bühne mit der Setlist, mit dem Publikum. Sie lassen die Fans Songs wünschen. Das ist unglaublich, wenn man bedenkt, wie professionell alles ist.
Chris: Dafür muss er die Texte von diesen Songs dann ablesen, weil er sie seit 1989 nie mehr gespielt hat. (lacht)
Einen Song hast du mit Chad Kroeger von Nickelback zusammen geschrieben...
Chris: ... Es sind sogar deren drei, einer davon ist ein Bonustrack. Chad ist wahrscheinlich einer der besten modernen Songwriter. Er hat eine unglaubliche Gabe, ein Menschenleben in einen Song zu packen. In seinen Texten erkennt sich jeder wieder. Was das Songschreiben betrifft, ist er ein Genie.
Erwartet ihr, dass euer neues Album genauso erfolgreich wird wie der Vorgänger?
Chris: Naaaah. Wir hoffen es natürlich.
Josh: Viele Fans warten auf das Album. Sie wollen hören, wie die Musik tönt, wenn die ganze Band involviert ist.
Chris: Genau, sie wissen nicht, was sie erwartet, wenn alle Musiker ihren Teil zu den Songs beisteuern. Erst gestern in Zürich haben wir uns das fertige Album angehört und wir müssen sagen: Da hats wirklich Herz und Seele drauf. Es ist ein Kunstwerk.
Habt ihr einen Plan, wie ihr in Europa genauso erfolgreich werdet, wie in den USA?
Chris: Ich hoffe, dass wir ein paar Shows hier spielen können, damit uns die Leute kennen lernen. In den USA sind wir bekannt geworden, indem wir unzählige Konzerte gespielt haben. Das wollen wir hier auch machen.
Konkrete Pläne habt ihr aber noch nicht?
Chris: Wir wollen zuerst schauen, wie das Album ankommt. Wenn ihr es mögt...
Daughtry im Interview über Twitter