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28. Juli 2009, 00:00 Movie

Séraphine

Christina Ruloff - Kunst ist mehr als nur Leidenschaft. Kunst ist innere Notwendigkeit: Das preisgekrönte Porträt über Séraphine de Senlis (1864-1942) ist ein packender, spannender und doch ruhiger Film geworden – einer der grossen Filme 2009.Tagsüber schrubbt sie stumm und buckelig die Böd...

Kunst ist mehr als nur Leidenschaft. Kunst ist innere Notwendigkeit: Das preisgekrönte Porträt über Séraphine de Senlis (1864-1942) ist ein packender, spannender und doch ruhiger Film geworden – einer der grossen Filme 2009.

Tagsüber schrubbt sie stumm und buckelig die Böden, wäscht die Kleider und bügelt die Leintücher der Messieurs und Mesdames von Senlis. Doch draussen in der Natur und nachts erwacht Séraphine zum Leben. Dann kehrt sie ihr Inneres nach draussen und malt: Äpfel und Bäume und alles, was sie bewegt und beeindruckt und belebt. Kaum jemand nimmt Notiz von ihr oder gar ihren Werken – und kaum ein Gemälde wäre heute noch erhalten, hätte eine glückliche Fügung den Kunstkenner Wilhelm Uhde nicht nach Senlis und schliesslich zu Séraphine gebracht. Er erkennt als erster ihr Können und Schaffen, würdigt und fördert sie...Die letzten Jahre ihres Lebens hat Séraphine in einer geschlossenen Anstalt verbracht. Die erste grosse Ausstellung ihres Werks hat sie nicht mehr erlebt. Zu viele Enttäuschungen hat sie erleben, zu viele Niederlagen und Demütigungen einstecken müssen. Als niemand sich mehr für ihre Bilder interessierte und die Bestätigung ausblieb, blieb ihr nur noch die Flucht in die eigene christlich geprägte Fantasiewelt.

Wilhelm Uhde "entdeckt" Séraphine...

Regisseur Martin Provost nähert sich der Persönlichkeit mit Interesse, Anteilnahme und Respekt – einer ausgezeichneten Mischung, wie man sie in Biopics leider selten findet. Er schildert ihr kleines, enges und doch so weites Dasein, erzählt aus ihrem Leben und tut dies alles ohne unnötige Psychologisierung: Séraphine wird nicht zum verrückten Genie oder gar Opfer stilisiert, sondern als eine starke Person gezeigt, die sich trotz allen widrigen Umständen ein erfülltes und unabhängiges Dasein geschaffen hat – in sich selber und in ihrer Kunst. Und es ist ernüchternd festzustellen, dass Séraphine heute wohl nicht mehr zum Pinsel gegriffen, sondern sich schlicht vor die Glotze gehängt hätte, von ihrem Hausarzt mit Psychopharmaka gegen den tristen Alltag gewappnet. Yolande Moreau verkörpert sie herausragend.

So wie Ulrich Tukur Wilhelm Uhde spielt, hätte der Kunstkenner einen ganzen Film für sich verdient. Er erwacht nach und nach als eine vielschichtige, begeisterungsfähige und doch unsichere Persönlichkeit, die eine schwierige Beziehung zu Séraphine pflegt; entzückt, stolz und am Ende enttäuscht gibt er den Zauberer in Séraphines Leben und sorgt dafür, dass die Künstlerin zu spät aber doch noch erreicht hat, was sie sich am meisten gewünscht hat: Anerkennung und Erfolg für ihre Kunst und damit auch für sie, Séraphine Louis aus Senlis.

Bewertung: 5 von 5

  • Titel: Séraphine
  • Regie: Martin Provost
  • Darsteller: Yolande Moreau, Ulrich Tukur, Anne Bennent
  • Verleih: Xenix Filmverleih
  • Release: 30. Juli 2009
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