29. Juli 2009, 12:13
Movie
Public Enemies
Katrin Sevinc - Eine Waffe des Bankräubers John Dillinger hat bei einer Auktion in Amerika fast 100'000 Dollar eingebracht. Noch immer wirkt der Mythos des Bankräubers nach, auch rund 75 Jahre nach seinem Tod. John Dillingers Zeit war die Zeit der Weltwirtschaftskrise. In nur gerade 14 Monate...
Eine Waffe des Bankräubers John Dillinger hat bei einer Auktion in Amerika fast 100'000 Dollar eingebracht. Noch immer wirkt der Mythos des Bankräubers nach, auch rund 75 Jahre nach seinem Tod. John Dillingers Zeit war die Zeit der Weltwirtschaftskrise. In nur gerade 14 Monaten bis zu seinem gewaltsamen Tod 1934 raubte er eine Bank nach der anderen aus, befreite zum einen seine Gangkollegen aus dem Gefängnis und entkam selbst zweimal aus „ausbruchsicheren“ Gefängnissen. Auf dem Weg ins Gefängnis jubelten ihm die gebeutelten Menschenmassen wie einem Volkshelden zu. Er sah aus wie ein Hollywoodstar, legte Wert auf elegante Kleidung und benahm sich wie ein Gentleman-Gauner. Bezeichnenderweise wird Dillinger in Michael Mann’s Film Public Enemies auch von einem Hollywoodstar, Johnny Depp, gegeben. Johnny Depp ist auch das klare Highlight dieses Films, er verkörpert Dillinger mit einem unglaublichen Charisma. In den eleganten Anzügen und Mänteln sieht er ihm auch verblüffend ähnlich. Die 30er waren auch die Zeit der Gangsterfilme, James Cagney einer der grössten Stars. Ein Gangmitglied Dillingers imitiert ihn im Film (oder versucht es zumindest). Auch trägt Depp überraschenderweise Eyeliner. Soll das etwa eine Hommage an Cagney sein, der in seinen Gangsterrollen auch jeweils Eyeliner trug? Dillinger war auch selbst ein Filmfan. Für unfreiwillige Erheiterung sorgt eine Szene in einem Kino: Dillinger sitzt im Kinosaal und bespricht sich mit seinen Kumpanen. Auf der Leinwand erscheint ein Steckbrief Dillingers und alle Kinozuschauer werden aufgefordert einmal nach links und einmal nach rechts zu blicken, um nach Dillinger Ausschau zu halten, und alle machen brav mit, während Dillinger wie auf Kohlen sitzt. Selbst am Abend seines Todes sah er noch einen Gangsterfilm mit Clark Gable. Dies ist auch die einzige Sequenz in der Johnny Depp nicht überzeugt, er grinst in der - extrem in die Länge gezogenen - Sequenz so übertrieben, bis wohl dem hinterstletzten Zuschauer klar ist, wie sehr er sich mit dem Gangster im Film identifiziert. Im Rest des Filmes agiert Depp mit einer wunderbaren Zurückhaltung. Dies ist aber nicht die einzige Szene die Regisseur Michael Mann zu sehr in die Länge gezogen hat, auch die Befragung von Billie Frechette (Marion Cotillard), der Freundin Dillingers, durch das Bureau of Investigation und auch die (letztlich auch überflüssige) Schlussszene mit Billie sind unnötig in die Länge gezogen. Zu Marion Cottilard muss man anmerken, wenn sie in Public Enemies wirklich selbst - völlig akzentfrei - spricht, dann Hut ab. Doch hegt man den Verdacht, dass sie synchronisiert wurde; dieses Jahr an der Oscarverleihung sprach sie jedenfalls mit einem dicken französischen Akzent. Ein weiteres Highlight des Films sind die Ausstattung und Kostüme. Man fühlt sich unwillkürlich in die 30er Jahre zurückversetzt. Nur kann man die Ausstattung nicht immer geniessen. Die Szene, in der Dillinger Billie kennenlernt, spielt in einem eleganten Chicagoer Nachtclub, nur bekommt man von diesem nicht viel mit, da die Kamera allzu oft in extremen close-ups an den Gesichtern klebt. Wozu bloss? Zudem nerven auch unscharfe Kameraschwenks und wacklige Bilder. Der Film sollte wohl unbedingt ein modernes Bild erhalten, auch wenn er in den 30ern spielt. Weitere Schwachpunkte von Public Enemies sind die unglaublich penetrante Filmmusik und die viel zu laut orchestrierten Feuergefechte. Die Schüsse kommen in der Lautstärke einem Feuerwerk nahe. Das Drehbuch weist klare Schwächen auf. Oft springt der Film völlig unmotiviert von Szene zu Szene. Charaktere werden nicht richtig eingeführt, so wirkt der für den Tod Dillingers mitverantwortliche Mafiaboss Nitti wie ein Statist. Andere Charaktere verschwinden einfach für die grösste Zeit des Filmes. Ein Gangsterkollege Dillingers, Alvin Karpis (Giovanni Ribisi), hat einen genialen Plan einen Zug zu überfallen, bei dem man ein Vielfaches zu einem Banküberfall rausholen kann. Unerklärlicherweise taucht er erst wieder zum Ende des Films auf. Die Liebesgeschichte zwischen Dillinger und Billie Frechette nimmt viel zu viel Raum ein, dabei hat Dillinger, während Frechette wegen ihm im Gefängnis sitzt, am Schluss bereits eine neue Freundin. Darum kommt einem die Schlussszene des Films mit Billie auch völlig überflüssig vor. Dillinger war ein Held für die Armen, aber die Weltwirtschaftskrise kommt nicht wirklich vor.
Spektakulär inszeniert sind aber die Gefängnisausbrüche und die Banküberfälle, von denen man gern noch mehr gesehen hätte...
Spektakulär inszeniert sind aber die Gefängnisausbrüche und die Banküberfälle, von denen man gern noch mehr gesehen hätte...
Bewertung: 2.5 von 5
• Titel: Public Enemies• Land: USA• Dauer: 130 Minuten• Drehbuch: Ronan Bennett, Ann Biderman, Michael Mann• Regie: Michael Mann • Darsteller: Johnny Depp, Christian Bale, Marion Cotillard, Billy Crudup• Verleih: Universal Pictures• Filmstart: 30. Juli 2009
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