Minarett-Debatte: Aufklären statt verschleiern
Lukas Reimann - Das Ergebnis der im Juli 2009 durchgeführten Umfrage der Wiler-Zeitung war klar: 94 Prozent lehnen das Islam-Zentrum mit Minarett ab. Das Ergebnis widerspiegelt die Erfahrungen vieler Menschen. Lebten 1980 noch 56'600 Muslime in der Schweiz, sind es heute gegen eine halbe Millio...
Die Minarettinitiative nimmt das Anliegen von über 100‘000 Schweizerinnen und Schweizern auf. Dank ihr kann auch hier eine umfassende Debatte über den Islam geführt werden. In vielen Ländern (z.B. Holland, Dänemark, Spanien, England) starteten diese Debatten erst, nachdem es zu massiven Konflikten (Politikermorde, Karikaturenstreit, Terroranschläge) kam. Diesbezüglich ist die Schweiz besser dran. Nutzen wir diese Chance zu einer offenen Debatte.
Tausende Moscheen ohne Minarett
Das Minarett hat – ebenso wenig wie das Gebot zur Ganzkörperverhüllung mit der Burka, ebenso wenig wie die muslimische Zwangsehe, ebenso wenig wie die Zwangsbeschneidung von Mädchen, ebenso wenig wie der Ehrenmord an wegen ihres "Lebenswandels" geächteten Frauen – nichts mit der Religionsausübung zu tun. Das Minarett ist im Koran nirgends erwähnt. Tausende Moscheen weltweit tragen kein Minarett – ohne dass die Ausübung des islamischen Glaubens damit behindert würde.
Das Minarett ist das Symbol des politischgesellschaftlichen Machtanspruchs des Islam. Der heutige türkische Ministerpräsident Erdogan lässt sich dazu wie folgt zitieren:"Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten".
Diese Aussage hat mit Religion nichts, mit politischem Machtanspruch um so mehr zu tun. Dem Minarett wird dabei die Funktion der Speerspitze der politischen Islamisierung übertragen. Es ist die Plattform für den Muezzin, der vom Minarett herab die Vormacht des Islam verkündet.
Verfassung respektieren
Das Minarettverbot hat die Funktion einer unmissverständlichen Absage an jene Islamisierung der Schweiz, die mit dem islamischen Gesetz, der Scharia, in unauflösbaren Gegensatz gerät zu den in der Verfassung gewährleisteten Freiheits- und Grundrechten. Wer in der Schweiz leben will, hat unsere Verfassung zu respektieren. Wer mit dem Minarett als politische Speerspitze anderes Recht, die Scharia, durchsetzen will - für den ist hier kein Platz. Das Minarettverbot verschafft dieser Haltung Nachdruck.
Der Islam hat grundsätzlich zwei Seiten. Einerseits ist er Religion, der anzugehören und die auszuüben jedem in der Schweiz wohnhaften Menschen im Rahmen der Religionsfreiheit gewährleistet ist – in der Gegenwart wie in der Zukunft. Andererseits verordnet der Islam seinen Anhängern eine verbindlich einzuhaltende Rechtsordnung, die Scharia. Diese steht im fundamentalen Widerspruch zu den Freiheitsrechten, wie sie in der Verfassung jedem in der Schweiz wohnhaften Menschen garantiert sind. Das Ja zum Minarettverbot ist damit auch ein Ja zu den Freiheitsrechten. Es ist ein Ja zu einer modernen und aufgeklärten Schweiz. Das islamische Scharia-Recht kennt keine individuellen Rechte. Menschenrechte sind ein Produkt der europäischen Moderne, wo sie sich auf Grund besonderer historischer Umstände (Aufklärung, Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten 1776, Französische Erklärung der Bürger- und Menschenrechte 1779) auf dem Boden christlicher, römisch-griechischer Kultur allmählich durchsetzen konnten. Islamische Kulturen kennen keinen Prozess der Aufklärung oder einen Vorgang wie die Französische Revolution, keine Entsakralisierung der Herrschaft und keine entsprechende kontroverse öffentliche Diskussion. Wie in anderen vormodernen Kulturen steht auch in der Welt des Islam das Kollektiv im Vordergrund. Die tendenziell das ganze Leben umfassende Scharia gilt als unantastbar und wird als Pflichtenlehre verstanden. Zur Schaffung eigenen Rechts ist der Mensch nach traditioneller Lehre nicht berechtigt.
Wenn jemand nach der Scharia leben will, so ist dies sein gutes Recht. Wenn jemand die Menschenrechte missachten will und die letzten 400 Jahre humanen Fortschrittes ignorieren will, so ist dies verwerflich, aber er kann es tun. Aber bitte in einem islamistischen Land und nicht bei uns in der Schweiz.
Die Entwicklung in Richtung Islamisierung Europas ist die wohl grösste Herausforderung vor welcher Europa steht. Die bisherigen Mehrheitsbevölkerungen in den Ländern Europas verändern sich. Ganze Stadtteile sind schon islamisch. In Schweizer Schulklassen ist es bereits Alltag, dass die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler islamischen Glaubens sind. Und die islamische Einwanderung nimmt immer stärker zu.
Klare Regeln schaffen
Wenn wir die menschenrechtswidrigen, antidemokratischen und reaktionär-patriarchalischen Teile des Islam nicht endlich laut und deutlich anprangern, wenn wir für islamische Einwanderer nicht ganz klare Regeln schaffen und von ihnen Integration sowie Akzeptanz unserer Werte gesetzlich einfordern, wenn wir nicht laut und entschlossen Ideen wie jene von Minarett-Bauten im Keime ersticken, werden wir die Errungenschaften von zig Generationen zerstören, Europa um Jahrhunderte zurückwerfen und unsere Freiheit verlieren.
“Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!” Diese alte Losung der Aufklärung sollten alle Menschen beherzigen – ganz gleich welcher Kultur sie entstammen.
Lukas Reimann (26) ist SVP-Politiker, jüngstes Mitglied im Nationalrat und studiert Rechtswissenschaften an der Universität in Zürich.
Die erste Politkolumne von Lukas Reimann
Die zweite Politkolumne von Lukas Reimann
Die dritte Politkolumne von Lukas Reimann
In der Medizin haben Sie augenscheinlich Lücken. Phobien sind keine viralen Erkrankungen; sie gehören zum weiten Feld der psychischen Störungen. Dass Sie ausgerechnet mir eine SVP-Phobie attestieren, nehme ich mit grosser Heiterkeit zur Kenntnis. Ferndiagnosen waren schon immer etwas heikel.
Ihre Wikipedia-Belehrung über die rechtlichen Grundlagen der modernen Türkei ist ja ganz flott, allerdings hätte ich ihrer nicht bedurft. Etwas eigentümlich mutet Ihre Beschwörung der türkischen Generalität als Garant der Freiheit an. Darf ich daran erinnern, dass diese puschfreudigen Herren 1980 dem Land eine Verfassung oktroiert haben, die zu den schändlichsten der westlichen Hemispäre gehört? Bis dato ist jeder Versuch einer Demokratiserung mittels Waffendrohungen zunichte gemacht worden.
Ich darf Ihnen versichern, dass die von mir konsultierte Literatur zum Thema mindestens so fundiert ist wie die Ihre. Jener Guide, der es Ihnen offenkundig so sehr angetan hat, gehört nicht dazu.
Ist das Ihr Ernst? Eine Verfassungsänderung durchziehen als "Denkanstoss". Wenn dieser Unfug Schule macht, können wir die Verfassung in Zukunft jedes halbe Jahr traktieren. Eine Verfassung ist doch keine Pissoirwand, die aus nichtigstem Anlass und Motiv einfach besudelt werden darf. Eine Staatsverfassung ist aus den Stürmen der Zeit möglichst herauszuhalten. Vor Modetorheiten wie dieser unsäglichen Minarett-Initiative ist sie zu beschützen.
In unserer sister republic USA wäre ein solch absurder Streit um ein Minarett-Verbot völlig undenkbar. Dort gehören Minarette seit Jahrzehnten zum gewohnten Erscheinungsbild. Wie auch verhüllte muslimische Frauen - selbst im Kolleg. Kein Mensch hält sich über solche Selbstverständlichkeiten auf.
Weshalb sind die USA immer noch nicht der Scharia anheimgefallen?
Auf Ihren Gewährsmann Raddatz würde ich lieber nicht abstellen. Er ist keine Referenz. Er ist ein fundamentalistischer Scharfmacher, mehr Ideologe als Wissenschaftler - aber ausgesprochen erwerbstüchtig. Sein Naheverhältnis zu Geheimdiensten ist notorisch.
Ein Minarett-Verbot ist in juristischer Hinsicht ein wahrer Humbug. Bauvorschriften haben in einer Staatsverfassung nichts zu suchen. Diese Bestimmung greift unzulässig in die Kompetenz der Kantone ein. Das ist staatspolitisch fragwürdig. Sie schmälert ausserdem in unzulässiger Weise die Grundrechte unserer Staatsbürger muslimischen Glaubens. Die Begründung der Verbots-Befürworter ist geradezu abenteuerlich und hält einer näheren Überprüfung nicht stand.
Minarette sind nichts als ein architektonischer Zierat; sie stehen mit der so wortreich beklagten "Islamisierung" in keinem ursächlichen Zusammenhang. Irrationalität ist keine taugliche Basis für die Lösung gesellschaftlich-politischer Fragen; sie weckt nur Illusionen.
Wer der Zuwanderung von Muslimen gegensteuern will - und das sind doch die wahren Beweggründe der Initianten -, der muss, wenn schon, die Zuwanderungsbestimmungen ändern. Ein Bauverbot in der Bundesverfassung ist ganz sicher ein untaugliches Instrument hierfür.
Was das ewig strapazierte Zitat von Erdogan anbetrifft: Dieses ist seinerseits ein Zitat - aus einem alttürkischen Poem. Erdogan setzte es während eines Wahlkampfes ein - das war gegen die putschfreudigen und notorisch religionsfeindlichen Generäle der türkischen Armee gerichtet. Eine rein inner-türkische Angelegenheit also. Einen Bezug zum Ausland gab und gibt es nicht. Den stellen allein unsere neuen Hysteriker her.
die Islamisierung wird mit Sicherheit nicht gestoppt, doch das Mistrauen dürfte sich meiner Meinung nach verstärken. Es steht ausser Frage, dass ein Minarett unbedingt benötigt wird um den Glauben als Muslim auszuleben. Es ist wirklich nicht nötig. Doch ist es heute Teil von vielen Moscheen und ein Symbol für diese.
Wenn Herr Reimann Erdogan zitiert, dann nur aus reiner politischer Intention und nicht aus Absicht, die Situation objektiv zu erläutern. Ein Zitat von einem Muslime, spricht nicht für alle und ist noch dazu aus dem Zusammenhang gerissen.
Die Minarette sind nicht ein Muss, doch Schaden werden sie weder dem Stadtbild, noch der Schweiz überhaupt.
Die von Unsichtbarde beschriebenen Zusammenhänge der Islamisierung sind ein wichtigeres Thema als die Minarette. Doch auch diese "Verpflichtungen" nimmt nicht jeder Muslime an...
Da weisst du sicherlich mehr als ich. Ich bin auch erst am anfang meiner informationsbeschaffung. danke für den Tipp mit den Büchern. Du hast recht, die sprechen wahrer als die Medien. gib mir doch mal ein paar an zum lesen.
Zum minarett habe ich übrigens gelesen, dass es von den leuchttürmen abstammt (pharos in alexandria) und sich aus diesen entwickelt hatte.
Den letzten abschnitt, den du schreibst mit der opposition usw finde ich wichtig. Ich meine eben gerade, dass die Opposition gegen diese Eroberungsstrategien und die Radikalisierung zu wenig erwähnt werden. es gibt genug Muslime, die sich gegen eine Radikalisierung und intoleranz anderen religionen und Kulturen gegenüber stellen. was du schreibst ist jedoch sicherlich einleuchtend und auch problematisch. Ich bin auch der Meinung, dass man nicht bagatellisieren darf. Wollte ich übrigens auch nicht mit meinem Beitrag. Eine generalisierung lag mir auch fern (islamische kultur meinte ich nicht das alle gleich sind oder es nur eine kultur gibt. es gibt auch nicht den islam oder das christentum)
ich wollte nur zeigen (vielleicht nicht immer ganz korrekt), dass Panikmacherei im stile des beitrags von L.Reimann (und der ganzen svp) das problem und die differenzen nur verschärft. ein artikel wie deiner kommt hier wie gerufen. sachlich und auf fakten basierend.
Der Rufer kann mit dem Läuten der Kirche verglichen werden.
In Zeiten von Terroranschlägen und stetigen Meldungen über muslimischen Extremismus und die zunehmende Macht der Taliban, ist es wenig verwunderlich, dass der Bau von Minaretten, und die damit angebliche Machtmarkierung des Islam einen Wirbel auslöst. Dabei vergisst man jedoch immer wieder, dass Islam nicht das selbe wie Islamismus ist. Und ein Minarett hat den selben Charakter wie ein Kirchturm. Sicherlich ist das Christentum "unsere" Religion (jedoch erst seit sie nicht selten mit Gewalt den "Heiden" aufgezwungen wurde) doch ist in der Verfassung der Schweiz Religionsfreiheit garantiert. Dazu gehört auch, dass die Moschee ein Minarett angebaut haben darf, weil es überall Teil davon ist. Ausserdem muss man sich keine grossen Sorgen machen um einen möglichen grassierenden Bau dieser Türme. Es gibt immer Normen für einen Bau. Höhen usw müssen eingehalten werden und das Bild darf nicht zu sehr im allgemeinen beeinflusst werden. Ich nehme an, dass die Behörden auch bei dem Minarettbau mitreden werden.
Die ganze Diskussion hängt sowieso mit einer für mich unverständlichen Angst vor dem Islam zusammen. Geschürt wird diese durch die Medien und durch die besagten Terroranschläge. Durch Berichte über Frauenunterdrückungen (die sicherlich stattfinden, aber auch bei uns vorkommen), Steinigungen, Kinderehen, und so fort. Keine dieser Berichte darf bagatellisiert werden, doch stehen solche Tatsachen nicht für die ganze Religion des Islam. Vieles was wir im Fernsehen über sog. islamische Völker sehen oder über sie in den Medien lesen, ist für uns sicherlich fremd. Doch das heisst nicht, dass man es gleich als falsch ansehen muss.
Für mich ist jedoch selbstverständlich, dass unsere Gesetze und auch unsere Kultur von Ausländern akzeptiert werden müssen. Das heisst, dass auch ich vermutlich gegen eine Einführung der Scharia wäre, wenn auch diese nicht-Muslime nicht betreffen würde. Scharia bedeutet aber auch nicht gleich Unterdrückung.
Das Minarett hat jedoch mit all dem Oben beschriebenen wenig zu tun und stellt mit Sicherheit keine Speerspitze des Islam dar. Genau so wenig, wie es der Kirchturm darstellt. Eine Annahme der Initiative würde die grassierende Angst vor dem Islam bestätigen und verstärken und das wichtige Verständnis beider Kulturen unnötig weiter erschweren.
Ja, das Minarett ist nicht im Koran erwähnt und kam erst nach dem Bau von ersten Moscheen dazu. Doch Heute ist es Teil der Architektur und auch des Islam. Religionen ändern sich mit der Zeit, wie alles andere auch.
Für mich würden Minarette das Städtebild bereichern und Zeugnis von einer multikulturellen Schweiz ablegen, was ich persönlich einer weiteren Verschärfung des Misstrauens vorziehe. Darum, NEIN zum Minarettverbot