Stefanie Heinzmann im Interview
Patrick Holenstein - Genau so, wie man sich Stefanie Heinzmann vorstellt, ist sie auch. Höflich, zurückhaltend und leicht schüchtern wirkt sie, als sie Students zum Interview empfängt. Sobald das Gespräch aber auf ihre Musik kommt, taut sie auf, lacht und erzählt begeistert von ihrem Alltag als...
Dein Leben hat sich nach dem Sieg bei Stefan Raab’s Castingshow wahrscheinlich über Nacht verändert. Plötzlich standest du mit Grössen, wie Tower of Power oder Lionel Richie auf der Bühne. Wie hat sich dein Leben in den letzten 18 Monaten verändert?
Um 180Grad, eigentlich komplett. Seit der Castingshow gibt es für mich zwei Leben. Da ist mein altes Leben, mit meinen Freunden von vorher, ich gehe noch in dasselbe Stammlokal und wohne noch immer bei meinen Eltern. Das ist alles beim Alten geblieben. Und dann gibt es halt die zweite Welt, mit Interviews, Fernsehkameras, mit der Band und roten Teppichen.
Gibt es etwas, das dir in der Zeit besonders in Erinnerung geblieben ist?
Alles. Ich kann mich unmöglich auf etwas fixieren, dafür ist einfach zu viele krasse Sachen passiert. Was mich sicher sehr beeindruckt hat, ist, dass ich mit Leuten, wie eben Lionel Richie oder Tower of Power arbeiten durfte.
Du hast Metallicas The Unforgiven gecovert und dir damit unter den Fans der Band nicht nur Freunde gemacht. Wie gehst du mit solcher Kritik um?
Das ist mir ziemlich egal und geht an mir vorbei. Ich kann von der Welt nicht erwarten, dass mich jeder mag. Es gibt unterschiedliche Geschmäcker, ich mag ja auch nicht alles und natürlich ist es eine Todsünde für jeden Hardcorefan, wenn man Songs seiner Lieblingsband anpackt.
Lass uns über die neue CD reden. Roots to Grow klingt sehr ausgeglichen und befreit. Vom Druck, den Erfolg von Masterplan, immerhin ein Nr. 1 Album, zu bestätigen ist nichts zu spüren. Wie siehst du das?
Ich glaube, vom Psychischen her ist mehr Druck da, weil keine Castingshow mehr dahinter ist. Zudem ist das zweite Album schon recht schwierig. Wir hatten aber viel mehr Zeit, dadurch konnten wir entspannter arbeiten. Beim ersten Album hatten wir drei Wochen Zeit und niemand hat genau gewusst, wie wir das hinkriegen sollen. Wir haben einfach gemacht und nicht darüber nachgedacht. Durch die Zeit beim zweiten Album hatten wir, die Produzenten und ich, die Möglichkeit zu experimentieren. So konnte direkt aus der Entwicklung heraus etwas entstehen.
Auf der CD sind Songs von hochkarätigen Namen, wie Guy Chambers oder Shooting Star Bryn Christopher. Wie sehr hast du selber Einfluss auf die Songauswahl?
Die Songauswahl machen wir zu 100% im Team, also die Produzenten, mein Bruder Claudio und ich. Wir hören uns die Songs an und wenn mir ein Song überhaupt nicht gefällt, dann kommt der auch nicht auf das Album. Ich werde zu gar nichts gezwungen, was ich nicht will. Klar gibt es Songs, bei denen mir das Demo nicht gefällt und die anderen sagen dann:“ Stefanie, wenn wir denn Song soundso machen, dann klingt der nicht mehr so, dann klingt er super.“ So kommt es schon vor, dass ich Kompromisse eingehe, denn ich vertraue den Produzenten, dass sie wissen, was sie tun. Ich habe wirklich viel Glück mit dem Team, wir sind auf einer Wellenlänge.
Speziell angetan hat es dir Joss Stone. Mit Unbreakable ist auch ein Song von Joss auf Roots to Grow. Was bedeutet dir der Song und was meinst du, wenn du sagst, er sei musikalisch schwierig?
Ja, er bedeutet mir sehr viel. Ich wollte immer singen wie Joss Stone und durch ihren Gesang, durch ihre Musik, habe ich mich ein bisschen selbst gefunden. Weil ich dadurch angefangen habe zu experimentieren und neue Dinge zu probieren. Für mich war es ziemlich schwierig, weil sie das Demo selber eingesungen hat. Das ist furchtbar, weil es einfach nicht besser wurde, als ich den Song gesungen habe. Du hast immer das Gefühl: Verflucht, das Demo ist immer noch besser als meine Version. Aber es hat viel Spass gemacht und ich bin jetzt auf das Endergebnis ziemlich stolz.
Beim Titeltrack der neuen CD, Roots to Grow, singst du mit Gentleman. Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Wir hatten halt diese Reggaenummer, aber wir waren etwas unsicher. Zwar fanden alle den Song cool, aber es ist doch schwierig, einen Reggaesong auf ein Funkalbum zu packen. Aber die Produzenten haben wieder eine Glanzleistung gebracht, finde ich. Also haben Claudio und ich uns gedacht, dass es super wäre, Gentleman zu fragen, ob er Zeit hätte. Wir hatten ja nichts zu verlieren, also haben wir ihn angefragt und er hatte Bock darauf und das ist cool.
Im Video zur ersten Single No One (can ever change my mind) sieht man dich als übertrieben gestylte Blondine? Das genaue Gegenteil von dir. Wie ist die Idee zum Video entstanden?
Eigentlich in einem Restaurant mit meinen schwulen, besten Kollegen. Wir haben etwas gescherzt. „Stefanie, stell dir mal vor, wenn du mit einer blonden Perücke die Zeile: „Keiner kann mich verändern“ singen würdest. Ich habe mir dann über diese Idee etwas Gedanken gemacht, fand sie megalustig und hab sie vorgeschlagen. Alle waren sofort begeistert und so haben wir das durchgezogen.
Die Kulisse und die Inszenierung des Clips erinnert an Walk this way von Aerosmith/Run DMC, ist das gewollt? Nein, es ist nicht gewollt. Allerdings haben wir uns, als die Idee entstand, schon etwas Gedanken gemacht, dass der Clip ähnlich aussehen könnte.
Welcher Song auf dem Album ist dein Favorit?
Es gibt ehrlich gesagt einige. Ich finde das Album sehr facettenreich. Es hat für jede Sparte etwas, vom Reggaesong über die an Jimi Hendrix angelehnte Nummer bis zur Megaballade. Aber ich würde sagen, vom Text und von der Message her ist mir schon No One (Can ever change my mind) sehr wichtig.
Was erhoffst du dir vom neuen Album?
Natürlich, dass es gut läuft und dass die Leute es cool finden und dass es positiv wird, aber eben, erzwingen kann man nichts. Ich bin schon ziemlich nervös.
Woher kommt dein Faible für Funk?
Durch meine Gesangslehrerin. Ich nahm ja Gesangsunterricht und dort habe ich viele Songs von Alicia Keys oder eben Joss Stone gesungen. Meine Lehrerin meinte dann, dass meine Stimme ziemlich in diese Richtung gehen würde. Sie hat mir viele Alben gegeben, von Leuten wie Erykah Badu oder eben Tower Of Power und so bin ich in diese Richtung gewandert.
Was für Musik hörst du privat? Welches sind deine musikalischen Vorbilder?
Ich höre privat viel Funk, Soul und Jazz, das was ich selber auch mache, Tower Of Power sind grosse Vorbilder für mich. Daneben höre ich aber auch viel Alternativerock, zum Beispiel im Auto. Sachen, wie Incubus, Mars Volta oder Tool. Das gleiche, was mein Bruder halt auch hört.
Zum Schluss noch kurz die Zukunft. Was steht bei dir in nächster Zeit an?
Momentan sind wir auf Promotour, das Album erscheint am 11. September und danach werden wir im Dezember in der Schweiz auf Tour sein und im Januar dann in Deutschland.
Die CD Roots to Grow erscheint am 11. September.
Tourdaten:
- 09.12.2009 Herisau, Casino
- 11.12.2009 Zürich, Kaufleuten
- 12.12.2009 Bettmeralp, Sportzentrum Bachtla
- 17.12.2009 Bern, Bierhübeli
- 18.12.2009 Erstfeld, Transilvania
- 20.12.2009 Luzern, Hotel Schweizerhof