Review: Selig @ Härterei
Patrick Holenstein - Ein banges Gefühl konnte einen schon beschleichen, als die Halle um kurz vor acht noch halbleer war. Die Bühne, in blau gehalten und mit dekorativen Ständerlampen wohnlich gemacht, stand einsam in der Halle. Selbst als Selig die Bühne betraten, hatte man noch freie Platzwahl....
Die erste Zugabe eröffnete Immer wieder und das funkige Arsch einer Göttin machte den Schluss. Doch da fehlte doch noch etwas. Natürlich liessen sich Selig nicht lange bitten. Plewka erschien als erster zurück auf der Bühne. Er schwenkte eine Kamera und machte vergnügt Bilder von der Menge. Als er sich ans Mikrophon stellte und erklärte, das nächste Lied sei für alle gebrochenen Herzen, war es Zeit für Ohne dich. Es gibt bei Konzerten manchmal diesen kurzen Moment, in dem die Zeit still zu stehen scheint. Ohne dich in der Härterei war so ein Moment. Die in blaues Licht getauchte Halle, die an die Wände geworfenen feinen Lichtpunkte der Discokugeln, Plewka, der die Strophen wehleidig sang und dem Publikum fast respektvoll den Refrain überliess, das alles entfachte die Kraft, die der Song ohnehin hat, auf beeindruckende Weise. Das Schlusslicht bildete Traumfenster, dessen Schluss Plewka plakativ mit einer Wunderkerze in der Hand und in minutenlanger Freiheitsstatue-Position sang. Selbst das hat gepasst.
Selig sind ohne Zweifel eine der wichtigsten Bands der Neunziger, zumindest was den deutschsprachigen Raum angeht. Dass sie in der Zeit der Trennung, Pause oder wie auch immer, nichts verlernt haben, stellten sie in der Härterei eindrücklich unter Beweis. Die Band ergänzt sich musikalisch bestens und auch die Setlist bot eine abwechslungsreiche Mischung aus Balladen und harten Songs, gepaart mit starken und tiefgründigen Texten. Selig waren ein Genuss. Eins bleibt zum Schluss: Selig haben alles gegeben, trotzdem hat es für Zürich keinen Sieg gegeben. Real Madrid war zu stark, dafür haben Selig auf der ganzen Linie abgeräumt.