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20. September 2009, 20:04 Konzert Music

Review: Selig @ Härterei

Patrick Holenstein - Ein banges Gefühl konnte einen schon beschleichen, als die Halle um kurz vor acht noch halbleer war. Die Bühne, in blau gehalten und mit dekorativen Ständerlampen wohnlich gemacht, stand einsam in der Halle. Selbst als Selig die Bühne betraten, hatte man noch freie Platzwahl....

Ein banges Gefühl konnte einen schon beschleichen, als die Halle um kurz vor acht noch halbleer war. Die Bühne, in blau gehalten und mit dekorativen Ständerlampen wohnlich gemacht, stand einsam in der Halle. Selbst als Selig die Bühne betraten, hatte man noch freie Platzwahl. Ob Stimmung aufkommen würde? „Wir haben gehört, dass ihr heute gegen Real Madrid spielt“, stellte Jan Plewka gleich zu Beginn fest. Unter Jubel fügte er hinzu:“ Wir spielen heute für einen 3:0 Sieg für Zürich!“ Die Sympathien waren verteilt. Wobei es selbst ohne Fussballspiel kaum länger als 10 Sekunden gedauert hätte, bis die deutsche Kultband das Zürcher Publikum begeistert hätte. Alle Bedenken erwiesen sich als unnötig. Schon bei Schau, Schau aus dem aktuellen Album Und endlich unendlich war klar, wieso Selig als Band so einen guten Ruf geniessen. Kraftvoll und rockig ging es los. Das Publikum feierte die fünf Musiker frenetisch. Das spürte die Band offensichtlich. Sie glühten förmlich vor Spiellaune und es war spannend zu beobachten, wie sehr sich Publikum und Band gegenseitig anheizten. Viel dazu beigetragen haben das immer wieder nervös flackernde Stroboskoplicht oder die Bühne, welche oft in stimmungsvollem Licht versank. Die starke Setlist tat den Rest. Es fehlt kaum etwas. Mädchen auf dem Dach wurde als Liebeslied an alle Dächer angekündigt, dies, weil der Song entstand, als die Band auf einem Dach sass und „Teufelskraut“ genoss, wie Plewka erklärte. Wenn ich wollte wurde gefeiert und neue Songs wie Wir werden uns wieder sehen, welcher das Set beendete, reihten sich nahtlos in die Setlist ein. Bis hierher war das Konzert sympathisch und die Band bester Laune. Doch das war noch lange nicht alles.

Die erste Zugabe eröffnete Immer wieder und das funkige Arsch einer Göttin machte den Schluss. Doch da fehlte doch noch etwas. Natürlich liessen sich Selig nicht lange bitten. Plewka erschien als erster zurück auf der Bühne. Er schwenkte eine Kamera und machte vergnügt Bilder von der Menge. Als er sich ans Mikrophon stellte und erklärte, das nächste Lied sei für alle gebrochenen Herzen, war es Zeit für Ohne dich. Es gibt bei Konzerten manchmal diesen kurzen Moment, in dem die Zeit still zu stehen scheint. Ohne dich in der Härterei war so ein Moment. Die in blaues Licht getauchte Halle, die an die Wände geworfenen feinen Lichtpunkte der Discokugeln, Plewka, der die Strophen wehleidig sang und dem Publikum fast respektvoll den Refrain überliess, das alles entfachte die Kraft, die der Song ohnehin hat, auf beeindruckende Weise. Das Schlusslicht bildete Traumfenster, dessen Schluss Plewka plakativ mit einer Wunderkerze in der Hand und in minutenlanger Freiheitsstatue-Position sang. Selbst das hat gepasst.

Selig sind ohne Zweifel eine der wichtigsten Bands der Neunziger, zumindest was den deutschsprachigen Raum angeht. Dass sie in der Zeit der Trennung, Pause oder wie auch immer, nichts verlernt haben, stellten sie in der Härterei eindrücklich unter Beweis. Die Band ergänzt sich musikalisch bestens und auch die Setlist bot eine abwechslungsreiche Mischung aus Balladen und harten Songs, gepaart mit starken und tiefgründigen Texten. Selig waren ein Genuss. Eins bleibt zum Schluss: Selig haben alles gegeben, trotzdem hat es für Zürich keinen Sieg gegeben. Real Madrid war zu stark, dafür haben Selig auf der ganzen Linie abgeräumt.

Kommentare
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Jim-Knopf 24.09.2009 um 14:10
Selig sind Hammer! Hab sie im März in Zürich gesehen. War echt super. Lest das Interview: http://www.students.ch/magazin/details/23246/Selig-im-Interview
Argosasas
Argosasas 21.09.2009 um 12:46
Glaub ich dir gern. Selig ist wirklich eine extrem charismatische und unbedingt sehenswerte Band.
silu
silu 21.09.2009 um 12:29
Ich hab sie einen Tag später im Bierhübeli in Bern gesehen und würde das alles so unterschreiben - war ein fantastisches Konzert! Denen hat die 10-jährige Pause sehr gut getan...