Kleine Fische @ Zurich Film Festival
Christina Ruloff - „Vom Grätzl fürs Grätzl“ – vom intelligenten Filmemacher für intelligente Zuschauer: Mit Kleine Fische ist dem österreichischen Regisseur Marco Antoniazzi ein kleiner, feiner, komischer und nachdenklicher Film gelungen!Nach dem Tod des ungeliebten Vaters sieht Martin e...
Nach dem Tod des ungeliebten Vaters sieht Martin endlich die Chance, richtig erwachsen zu werden und sein Leben selbst in die Hand zu nehmen: Sein Leben dreht sich im Wesentlichen um den kleinen Fischladen in seinem Wiener Grätzl (= Teil eines Stadtbezirks). Doch er hat die Rechnung ohne seinen Bruder Kurt gemacht, den erfolgreichen Gewinnertyp aus Hamburg. Kurt fährt jedoch nur das Cabriolet seiner reichen Freundin, und nachdem die ihn auf die Strasse gesetzt hat, muss auch er sich mit dem verhassten Fisch auseinandersetzen. Der Fisch, er verkauft sich jedoch nicht mehr so gut, seit gegenüber der Discounter eröffnet hat und sogar die Besitzer der anderen KMU dort „fremdgehen“. Aber was bietet das Leben jenseits vom Fisch?
Kleine Fische dreht sich tatsächlich um Fische, aber vor allem um die Menschen, die die kleinen Geschäfte am Leben zu erhalten versuchen: Martin, naiv-optimistisch und voller Tatendrang, stemmt sich mit all seinen Kräften gegen die Wahrheit, dass die Zeit seines kleinen Ladens abgelaufen ist. Zugleich versucht er mit rührendem Engagement die Studentin Karin für sich zu gewinnen, und zankt sich mit seinem nichtsnutzigen älteren Bruder, der erst noch „seine“ Studentin mit viel Charme traktiert. Und die gute Mutter hat genug davon, ihr ganzes Leben lang von früh bis spät für den Fisch zu schuften, sondern möchte es auch mal ein bisschen nett haben. Kurz – Martin kämpft an allen Fronten, verliert und gewinnt doch.
Denn Marco Antoniazzi nimmt sein Publikum für voll und tischt nicht das alte Anti-Globalisierungsmärchen auf. Die Welt verändert sich, doch auch Martin kann sich verändern und am Ende ist nicht alles besser, sondern einfach anders und vielleicht ergibt sich die eine oder andere Chance... Die Story wirkt aber trotz der ernsthaften Hintergründe nicht überfrachtet oder anstrengend, sondern bietet viel Unterhaltung, viel Witz und noch mehr Situationskomik. Selten hat sich das Publikum so ob der verdutzen Gesichtsausdrücke der Schauspieler (allen voran das Brüderpaar Michael Steinocher und Volker Schmidt, die ein herrlich unterschiedliches Duo geben) amüsiert oder ob dem so bekannten Irrsinn laut herausgelacht: Wenn die beiden Brüder für einmal einig und friedlich zu Mittag essen wollen, schauen sie ganz schön dumm aus der Leinwand, als Mutti per Handy erklärt im Hallenbad zu sein und nicht gekocht zu haben! Die Schauspieler lachen und wir lachen mit. Besonders erfreut man sich auch an dem schönen Österreichisch mit den vielen hübschen und ohne Untertitel ganz und gar unverständlichen Ausdrücken.
Kleine Fische ist ein kleiner, feiner Film und es wäre eine Schande, wenn sich kein Schweizer Verleiher findet, um ihn auf die grosse Leinwand jenseits des Zurich Film Festivals zu bringen.
- 2. Oktober, 14.45 Uhr, Corso 3 – in Anwesenheit des Regisseurs
- 3. Oktober, 21.15 Uhr, Corso 3