Interview mit Expatriate
Silvan Gertsch - Sie sind von Sydney nach Berlin gezogen und touren mit Placebo durch Europa: Keine Frage, Expatriate stehen alle Türen offen, um in der Rockwelt durchzustarten. Am 16. Oktober veröffentlicht die australische Rockband ihr Debütalbum "In the Midst of This" nun auch bei uns. Wir ...
Ihr habt das sonnige Wetter und die schönen Strände in Australien hinter euch gelassen, um nach Berlin zu ziehen. Wieso?
Ben: Weil wir hier in Europa eine Karriere starten wollen. Es ist in der Tat ein Big Deal, Australien zu verlassen und auf einem anderen Kontinenten eine neue Existenz aufzubauen.
Dave: Aber wir sind in Australien an Grenzen gestossen. Dort hats "nur" 25 Millionen Einwohner und nicht sehr viele Orte um aufzutreten. Das ist ein ziemlicher pain in the arse. Wir kriegten einen Deal hier in Europa. Zudem ist das Leben in Berlin billiger als beispielsweise in Paris.
Ist es hier in Europa auch einfacher, eine Karriere als Musiker zu starten?
Dave: Ich denke schon. Eine Band hat hier bedeutend mehr Möglichkeiten.
Ben: Man kann in unzähligen Städten spielen, das ist in Australien nicht möglich, weil es dort nur eine Handvoll Grossstädte gibt. Hier in Europa können wir locker innert kürzester Zeit 20 Shows spielen. Aber die Konkurrenz ist auch grösser hier. Das spürt man schon.
Ihr tourt bald mit Placebo. Um bekannter zu werden?
Ben: Uns gehts dabei nicht darum, bekannter zu werden. Wir wären dumm, wenn wir diese Chance nicht wahrnehmen würden. Placebo sind eine Band, die wir bewundern. Anstatt, dass wir Shows in kleinen Clubs spielen, treten wir in grossen Hallen auf. Ausserdem habe ich ihr zweites Album "Without You I’m Nothing" in der Schule ununterbrochen gehört.
Ihr habt bereits ein paar Shows mit Placebo zusammen gespielt. Seid ihr Freunde geworden?
Ben: Ja, tatsächlich. Wir sind wie eine Gang, verbringen eine gute Zeit zusammen und machen Musik.
Trifft das auch auf Simple Minds zu? Die haben euch in Australien dazu eingeladen, mit ihnen zu touren.
Ben: Zu ihnen haben wir keinen Kontakt mehr. Aber die Tour war grossartig. Ihr Sänger Jim Kerr hat uns persönlich als Support ausgewählt.
Dave: Es ist immer wichtig, von anderen Bands zu lernen. Simple Minds sind seit 20 oder noch mehr Jahren unterwegs. Denen zuzuschauen gibt immer auch Energie für die eigenen Auftritte.
Ihr veröffentlicht nun euer Debütalbum in Europa – in Australien erschien es bereits vor zwei Jahren. Immer noch aufgeregt?
Ben: Auf jeden Fall – wir können die Songs einem neuen Publikum vorstellen.
Dave: Das fühlt sich gleich an, wie wenn wir ein neues Album veröffentlichen würden.
Ben: Wir amüsieren uns auch immer auf der Bühne. Egal was wir spielen.
Dave: Eine der grössten Herausforderungen im Leben eines Musikers ist die: Man ist mit gleichgesinnten Leuten zusammen und versucht, den Vibe und die Verbindung untereinander zu spüren. Und das in jeder Nacht, in der man die Bühne betritt.
Es langweilt euch also nicht, dass ihr Abend für Abend die gleichen Songs spielt?
Ben: Merkwürdigerweise nicht. Wir haben das eigentlich erwartet. Das liegt wahrscheinlich in erster Linie daran, dass wir live viel improvisieren.
Dave: Das letzte Stück auf dem Album heisst "Are You Awake". Das haben wir noch nie zweimal gleich gespielt. Die Zuschauer bemerken das wahrscheinlich nicht, aber wir reagiern immer sehr spontan auf der Bühne.
Ihr seid auf der ganzen Welt verwurzelt. Ist dies der Haupteinfluss eurer Musik?
Ben: Es ist nicht der Haupteinfluss, sondern eher eine psychologische Referenz dafür, wie wir als Band angefangen haben. Ich hatte in jungen Jahren kein Zuhause, ich reiste von einem Ort zum nächsten. Das hat mich positiv und negativ geprägt. Ich fühlte mich, als ob ich nirgends hingehören würde. Als ich diesen Umstand akzeptierte, wirkte das sehr befreiend. Diese Atmosphäre spürt man sicher auch in den Songs raus.
Expatriate live: 15. Dezember 2009 im Mascotte in Zürich.
Expatriate - In the Midst of This erscheint am 16. Oktober!