Interview mit Ueli Schmezer
Silvan Gertsch - Die meisten kennen ihn als Moderator beim Kassensturz. Bei einigen hat er als Interpret der Songs von Mani Matter einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Und nun gibts eine neue Facette an Ueli Schmezer zu entdecken. Die heisst "Himustärnehimu", ist ein Mundartalbum und zeigt de...
Du hast Sekundarlehrer und Nationalökonomie studiert – aber keinen Abschluss gemacht. Wieso nicht?
Ueli Schmezer: Ich hatte irgendwann genug von der Theorie und dem universitären Umfeld. Ich wollte raus, um zu arbeiten. Mein bester Jugendfreund erzählte mir, dass er Lehrer werden wolle. Ich fand das ebenfalls eine gute Idee, merkte aber nach zwei Jahren, dass es nicht das war, was ich gesucht hatte. Auch das anschliessende Einführungsstudium in Wirtschaft überzeugte mich nicht. Bei einer Kollegin zuhause habe ich dann einen Prospekt der Ringier Journalistenschule gesehen und mir gedacht: "Shit, genau. Das will ich." 600 Personen haben sich mit mir zusammen beworben, nur 15 sind aufgenommen worden.
Zieht es dich irgendwann wieder zurück an die Universität?
Das habe ich mir auch schon überlegt. Interessieren würde es mich, aber es würde mir auch wieder schwer fallen. Eine Studienwahl ist ja immer auch eine Beschränkung. Und genau das liebe ich an meinem jetzigen Job. Der ist extrem breit und ich erhalte in so viele Bereiche Einblick.
Was bedeutet dir Musik? Ist sie ein Gegengewicht zum journalistischen Alltag oder eine Möglichkeit, um auszubrechen?
Die Leute sehen mich als Journalist im Fernsehen und denken sich: Das ist Ueli Schmezer, der Journalist. Und jetzt macht er auch noch Musik. Für mich ist das umgekehrt. Musik war immer wichtig in meinem Leben. Ich bin früher vor meinem uralten Radio auf dem Boden gelegen und habe "Music From London" oder "Radio Monte Carlo" gehört. Stundenlang. Da muss ich nicht diskutieren: Ohne Musik gibt es kein Leben. Mittlerweile ist sie ein Gegenpol und zweites Standbein geworden – auch was die Zeit betrifft, die ich der Musik widme. Musik ist ein unabdingbarer Bestandteil, damit ich mich wohlfühle.
Hattest du das konkrete Ziel, ein Album aufzunehmen? Oder hattest du irgendwann so viele Songs fertig, dass das Album "Himustärnehimu" der logische nächste Schritt war?
Vor etwa drei Jahren hat eine Phase begonnen, in der ich verstärkt Songs für mich geschrieben habe. Das Matterprojekt lief damals. Fürs Kinderland, mein anderes Projekt, war ich auch immer unterwegs. Und daneben kamen meine eigenen Songs, vielleicht weil wir so viel Matter gespielt haben, verstärkt zum Zuge. Irgendwann hatte ich ein paar Demos meiner Songs bereit und war gespannt auf ein Feedback. Ich überlegte mir, von wem ich gerne hören würde, was er über meine Musik denkt. Roman Camenzind [u.a. Produzent von Baschi] interessierte mich als Typ. Ich habe ihm die Songs vorgelegt, das war wie ein Prüfstein für mich. Wenn Roman die Songs nicht total schlecht findet, dann ist vielleicht was dran. Er hat sich die Sachen angehört und gleich angefangen, den Rhythmus dazu zu klopfen.
Blicken wir auf deine musikalischen Anfänge zurück. 1983 warst du der erste Rapper der Schweiz. Was denkst du heute darüber?
Das Video ist ja sogar auf Youtube und wird dort kommentiert. Auch von Jungs, die gleich alt sind wie meine Söhne und die schreiben, dass das der erste Rap aus der Schweiz gewesen sei. Es hat natürlich immer etwas groteskes an sich, sich selbst in einem selbstgekauften Pullover zu sehen. Andererseits finde ich es heute auch fast cool, der erste Rapper der Schweiz zu sein. Das ist eine schöne Reminiszenz – und ging ja sogar noch weiter. Mit einem Kollegen habe ich Mundart-Rap gemacht und einen Wettbewerb zum besten Mundart-Rapper der Schweiz gewonnen.
Zwei Jahre später hast du als Jules in Spanien einen Sommerhit gelandet.
Wir haben rumexperimentiert. Ein Kollege von mir stand auf Balladen und Italo-Disco-Groove. Das war damals mega in. Auf irgendwelchen Wegen, die sich mir auch entziehen, kam dieser Song nach Spanien und hatte dort im Gegensatz zur Schweiz auch richtig Erfolg. Eines Tages gingen wir ein paar Tage nach Barcelona, um dort in Discos aufzutreten. Wir sangen unsere drei Songs halbplayback. Das war extrem lustig.
Aber du wolltest nicht längerfristig in diese Richtung gehen?
Für mich ging es damals wirklich ums Ausprobieren. Mich haben immer viele verschiedene Sachen interessiert.
Dann kam die Phase mit Matterlive, die bis heute andauert. Wie viel von Mani Matter steckt in deinen neuen Songs?
Ich trenne das total. Mit Mani Matter muss man sich nicht vergleichen, er war genial. Er war ein Texter, der seine Texte vertont hat. Das haben wir, vorsichtig formuliert, gemeinsam. Auch bei meinen Songs spielt der Text eine enorm wichtige Rolle. Über Mani Matter weiss man, dass er seine Texte gebastelt, Worte hin und her geschoben hat. Sonst ist es aber eine völlig andere Geschichte. Mani Matter ist nicht Pop. Das ist ein anderes Kapitel, ein anderer Stil.
Ist dir dieser Fokus auf die Texte von deinem Vater in die Wiege gelegt worden? Er hat ja die legendäre Kolumne "Ueli der Schreiber" im Nebelspalter geschrieben.
Mit meinem Vater verbindet mich natürlich die Liebe zur Sprache. Nicht nur in Bezug auf die Songtexte. Ich spreche sehr viel. Und auch das Schreiben von Moderationen ist Sprache. Es macht Freude, sich Mühe zu geben.
Hast du auch Sachen von ihm abgekupfert?
Warum habe ich Freude an der Sprache? Weil ich gesehen habe, dass mein Vater Freude daran hat. Aber es ist nicht so, dass ich seine Gedichte auswendig gelernt habe. Seine Wortspiele finde ich auf jeden Fall super.
Kannst du zum Schluss noch ein ganz subjektives Kassensturz-Urteil zu "Himustärnehimu" abgeben?
Es ist Testsieger mit einem kundenfreundlichen Preis-Leistungs-Verhältnis.
Wie äussert sich das?
Die Kunden kriegen für wenig Geld etwas, das sie jahrelang glücklich macht. (lacht)