Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

11. November 2009, 10:51 Konzert Kultur

Festliche Operngala: 175 Jahre Opernhaus Zürich

Christina Ruloff - „Greatest Hits“ im Opernhaus: Viele grossartige Stars sorgen für einen gelungenen, wenn auch etwas langen Galaabend.Die erste halbe Stunde forderte dem Publikum sehr viel Geduld und noch mehr Wohlwollen ab. Nachdem sich die Politik schon schriftlich in der Festschrift mit b...

„Greatest Hits“ im Opernhaus: Viele grossartige Stars sorgen für einen gelungenen, wenn auch etwas langen Galaabend.

Die erste halbe Stunde forderte dem Publikum sehr viel Geduld und noch mehr Wohlwollen ab. Nachdem sich die Politik schon schriftlich in der Festschrift mit blumigen Grussworten zu Wort gemeldet hatte, waren die längeren Ausführungen schlicht ärgerlich. Sie drehten sich zu allem Übel auf nicht sehr konstruktive Weise um die Frage, wer die Oper eigentlich bezahle. Herausgehoben wurde die bekannte Tatsache, dass das Opernhaus Zürich fast 46% des Budgets selber erwirtschaftet, und zwar vor allem dank der vielen vom Intendanten Alexander Pereira akquirierten Sponsorengelder. Das ist Rekord und beleuchtet auch, warum das Opernhaus Zürich zu den führenden Opernhäusern der Welt gehört.

Und wenn das Opernhaus Zürich ruft, kommen entsprechend die ganz grossen Stars. Gratis aus aller Welt angereist waren zur Feier des Tages unter anderem José Cura, Matti Salminen, Juan Pons, Emily Magee, Elena Mosuc und Isabel Rey. Sie sangen sich quer durch eine „Greatest Hits“-Auswahl aus der Opernwelt, jeder Künstler übernahm die Rolle oder Partie, die ihm besonders liegt. Wie es bei „Best of“-Platten üblich ist, liegen dem Zuschauer manche Komponisten näher als andere, während die ganz grossen Arien und Klassiker einfach immer ziehen: Der Chor der gefangenen Hebrärer (Nabucco) beispielsweise wird immer – und gerade wenn er so nuanciert vorgetragen wird, wie vom Chor der Oper Zürich – schallenden Applaus ernten. La donna è mobile (Rigoletto) ist unabhängig vom Sänger ein Publikumsliebling. Und Alexander Pereira führte zudem sichtlich begeistert von seinen Künstlern mit ebenso pointierten, wie amüsanten Kommentaren durch den Abend.

Besonders hervorzuheben sind die Duette. Die Sängerinnen und Sänger hatten hier nicht die Schwierigkeit, sich ohne inneren und äusseren Zusammenhang in eine Rolle, ein Drama, eine Welt zu versetzen und richtig in ihr aufzugehen – hatten sie doch einen Partner, auf den sie sich konzentrieren konnten: La povera mia cena fu interrotta und Vissi d’arte (Tosca) mit Emily Magee und Juan Pons war ein eindrückliches Erlebnis. Diese vielschichtige und doch stimmgewaltige Interpretation der auswegslosen Tragödie berührte in ihrer Einfachheit so, wie Puccini es beabsichtigt hatte – und man wünscht sich für die Wiederaufnahme der Tosca im Frühling genau diese Besetzung. Ähnliches gilt für den Auszug aus Carmen (3. Akt, 2. Bild): Neil Shicoff und Agnes Baltsa schafften es mit ihrer grossen Leidenschaft, das Publikum wirklich mitzureissen – so wie es eigentlich nur noch einem gelang, und der schaffte es ganz alleine: José Cura hatte mit Nessun dorma sicherlich die dankbarste Aufgabe und nach den diesjährigen umjubelten Aufführungen der Turandot ein Heimspiel. Aber wie er sich auf der Bühne in seinen Calaf verwandelt, und - während der Chor singt - abdreht, um das finale „vincerò“ rauszuschreien – das (um den opernfernen, aber hier nur zu passenden Ausdruck zu verwenden) rockt! José Cura ist Schauspieler, ganz und gar narzistisch, aber er ist vor allem einer der wenigen Rockstars der Oper.

Rockstar unter den Opernsängern: José Cura

Die Galaaufführung hatte, vor allem nach diesem Höhepunkt, ihre Längen. Das ganze Finale des zweiten Aktes der Nozze di Figaro war auch für opernerprobte Gemüter zu viel des Guten. Ein Wehmutstropfen stellt aber in erster Linie die fehlende Übertitelung dar: Da hat man mit Matti Salminen einen, wenn nicht den Boris Godunow-Interpreten überhaupt. Und (fast) kein Mensch versteht, was er auf Russisch singt. So schön es klang, es ging doch zu viel und unnötig verloren.

Das kann als Fazit für den ganzen Abend (und für das reizende Ballet) gelten: Es war schön, es war gross – aber es war zu lang und schliesslich zu viel.

Kommentare
Login oder Registrieren