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7. Dezember 2009, 16:25 CD / Vinyl Music

Tom Waits – Glitter and Doom Live

Simon Knopf - Tom Waits hat jetzt Internet. Tom, der sich eigentlich nicht anpasst, hat eine eigene Homepage! Diese simple Neuigkeit klingt irgendwie so absurd, man ist beinahe gewillt, sich zu fragen: Fügt sich der schrullige Barde auf seine alten Tage nun doch plötzlich den Gesetzen des Ma...

Tom Waits hat jetzt Internet. Tom, der sich eigentlich nicht anpasst, hat eine eigene Homepage! Diese simple Neuigkeit klingt irgendwie so absurd, man ist beinahe gewillt, sich zu fragen: Fügt sich der schrullige Barde auf seine alten Tage nun doch plötzlich den Gesetzen des Mainstream?

Weit gefehlt. Selbst nach über drei Jahrzehnten als ungreifbarer und steter Wanderer zwischen Protestliteratur und Räuberpistole ist und bleibt Tom Waits ein Unikum, welches sich rar macht. Als vor zwölf Jahren die Macher der Kulturzeitschrift DU versuchten, den Künstler für eine Sonderausgabe vor das Mikrophon zu kriegen, schien er wie vom Erdboden verschluckt. Und auch das neue Millennium hat an der Scheu von Tom Waits offenbar nichts geändert. Die Glitter and Doom-Tour kündigte der Musiker in gewohnt schelmischer Manier an einer Pressekonferenz vor lehren Rängen und mit Journalisten-Gewusel ab Vinylplatte an.

Nun, man braucht kaum zu erwähnen, dass die 2008 Tour durch Nordamerika und Europa trotz der waitsschen Auffassung von Pressearbeit ein Erfolg war: Ausverkaufte Reihen und begeisterte Konzertgänger von Dallas, Texas bis Dublin, Irland. Für all jene, die der musikalischen Freakshow nicht beiwohnen konnten, gibt es jetzt Glitter and Doom Live.

Mehr Tom Waits als auf dem Doppel-Album kriegt man tatsächlich nur live. Auf CD 1 geben siebzehn Songs eindrücklich die Atmosphäre der Waits Konzerte wieder. Diese reicht von der humorvoll verzerrten Welt in Circus Live zum melancholischen Dirt In The Ground. CD 2 auf der anderen Seite, liefert mit Tom Tales über eine halbe Stunde dessen, wofür wir den Künstler eben auch noch lieben: jede Menge unnützes Wissen, schräge Anekdoten und Seemannsgarn pointiert erzählt vom Meister des Geschichtenschmiedens.

Nebst dem reinen Unterhalten, legt Glitter and Doom Live aber auch Zeugnis darüber ab, wie Tom Waits stets bedacht ist, sowohl an seiner Stimme als auch an der Musik zu arbeiten. Die siebzehn Tracks aus verschiedenen Schaffensperioden zeigen, wie sich Waits stetig von sanftem Blues und American Songbook hin zu einer Mischung aus Kurt Weill, Kabarett, Zirkusmusik und schiefen Klängen gewandelt hat.

Der Tom Waits, den wir auf Glitter and Doom hören ist der Waits, wie er sich in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Ein Künstler, der Klänge dekonstruiert, der Melodien reduziert und schlussendlich seine Stimme zu einem wahrhaftigen Gurgeln runterschraubt. Dies mag nicht immer gleich gut funktionieren; Singapore und Get Behind The Mule verlieren durch die Rauheit beispielsweise stark an Charm.

Schlussendlich untermalt dieses Tondokument aber klar Tom Waits Position als Ausnahmekünstler. Darauf, dass er uns noch möglichst lange und möglichst ungezähmt erhalten bleibe!

Tom Waits Homepage

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