Review: Depeche Mode @ Hallenstadion
Patrick Holenstein - Wo Depeche Mode drauf steht, ist auch Depeche Mode drin! Am ersten von zwei ausverkauften Abenden im Hallenstadion zeigte sich die Band von ihrer besten Seite, nämlich so, wie man sie kennt, wie sie geliebt werden und wohl in der Verfassung ihres Lebens. Mal brachial und mal fas...
Depeche Mode pendelten zwischen den grossen Hits, wie Policy of Truth, World in my Eyes und I Feel You, hatten aber auch kleinere Zückerchen in der Setlist. Home oder Songs aus der Anfangsphase der Band, wie Stripped und Behind the Wheels, um nur einige zu nennen. Fester Bestandteil jeder Depeche Mode Show ist es, dass Gitarrist Martin Gore ans Mikrofon tritt und einige Songs singt. In Zürich mussten Insight und Home dran glauben. Erinnerungen an die Rolling Stones werden jedes Mal wach, denn deren Gitarrist Keith Richards bearbeitet auch bei jeder Show das Mikro. Wobei schon gesagt werden muss, dass Martin Gore das offensichtlich geniesst und Richards sich einfach fügt. Aber Gore trifft wenigstens die Töne. Trotzdem lag eine gewisse Dankbarkeit in der Halle, als Dave Gahan wieder übernimmt. Er stimmt in die letzte Phase der Setlist ein, diese führt direkt zu Enjoy the Silence. Dieser Song alleine ist ein Depeche Mode Konzert wert. Der Track ist schlicht ein Monster und das Herzstück jeder Show. Bei den ersten Tönen der Melodie war es um die Halle geschehen, jetzt sass keiner mehr, jeder in der Halle sang so laut und teilweise so falsch wie es nur ging, da spielt es auch keine Rolle, dass der eine oder andere den Ellenbogen des hüpfenden Nachbars in der Niere hatte. Wenn Enjoy the Silence dran ist, dann ist nichts mehr wichtig, jedenfalls strahlen das die Gesichter der wie in Trance wirkenden Anwesenden aus und als am Schluss des Songs das typische Meer aus 26'000 Händen das Hallenstadion in einen wallenden Teppich verwandelte, war man sich sicher, wieso Depeche Mode als eine der besten Livebands des Planeten gelten. Sie treffen mitten ins Herz! Was konnte da noch kommen: Martin Gore!
Dieser eröffnete mit One Caress die Zugaben. Naja, viel kitschiger geht es nicht mehr, aber so bekam das Publikum eine kleine Pause um durchzuatmen, bevor es mit Stripped und Behind the Wheels weiter ging. Den krönenden, weil gut gewählten Abschluss machte der letzte Klassiker des Abends und noch einmal tobte die Halle zu Personal Jesus.
Nun ja, Kritisieren geht hier wohl nur auf hohem Niveau, zu gefestigt ist diese Band, zu genau wissen sie, was sie tun und zu stark war das Livegefühl, um auch nur den geringsten Hauch eines Zweifels an den Qualitäten dieser Band zu hegen. Dennoch, schaut man auf andere Konzerte von Depeche Mode zurück, dann wundert sich der eine oder andere vielleicht über lieb gewonnene Stücke, die an diesem Abend halbdutzendweise fehlten. Wo war I Just Can’t Get Enough? Wo war Master and Servant? Wo war People Are People? Wo war A Question of Love, zu dem sogar Gores süssliche Inszenierungen passen? Und vor allem, wo war Everything Counts? Wobei es für eine Band spricht, dass sie eine Halle dermassen in positive Rage bringen kann, auch wenn eine Handvoll der grössten Hits fehlen. Wie schon gesagt, Kritik auf höchstem Niveau, denn das Konzert war einmal mehr in gewohnter Mode-Manier und unfassbar gut.