Eros Ramazzotti @ Hallenstadion
Christina Ruloff - Selbstverliebt, überzeugend und äusserst wirksam: Der Showmaster der grossen Gefühle Eros Ramazzotti beglückt das Hallenstadion.Pünktlich auf halb neun schwebt der zentrale Container (die Deko besteht aus einer Vielzahl aufeinander gestapelter Schiffscontainer) auf die Bühn...
Pünktlich auf halb neun schwebt der zentrale Container (die Deko besteht aus einer Vielzahl aufeinander gestapelter Schiffscontainer) auf die Bühne runter, wird mit viel Getöse geöffnet und drin sitzt Eros Ramazzotti in Nachdenkerpose an einem Schreibtischchen. Das Kinn auf die Hand gestützt, schaut er leidend ins ausverkaufte Hallenstadion. Und das Publikum kann sich vor Freude kaum mehr halten. Es besteht natürlich in erster Linie aus Frauen zwischen 30 und 50 Jahren, die sich einen netten Frauenabend machen. Manch eine hat ihren Partner dabei, der ihr etwas Gutes tun wollte. Jetzt schiesst er möglichst nonchalant viele Fotos von Eros, um zu verheimlichen, dass auch ihm die Lieder gefallen und er eigentlich auch gerne ein bisschen wie Eros wäre. Ramazzotti singt passend zu seinem Dichterauftritt Appunti e Note und weil alle echte Fans sind, sein neustes Album gekauft und intensiv gehört haben, klappt das mit dem Mitsingen wunderbar. Nur gehen sie im Lärm schlicht unter, weil die Musik einfach unsäglich laut ist, frei nach dem Motto: Wenn es nicht differenziert sein kann, so ist es wenigstens laut. (Der vorsorglich vor dem Konzert verteilte Gehörschutz war reine Kosmetik.) Mitklatschen will jedoch, sehr zum Frust von Ramazzotti, niemand – vielleicht weil alle zu beschäftigt damit sind, ihn mit dem Handy zu filmen. Da helfen auch die drei spindeldürren Damen wenig, die augenscheinlich nur zur Dekoration und Animation über die Bühne hüpfen, sich je nach Lied umpositionieren und ab und dann mit dünner Stimme den Chor geben. Das ist wohl als Hommage an das italienische Fernsehen zu verstehen.
All das tut jedoch absolut nichts zur Sache. Ramazzotti ist ein begnadeter Showmaster und er weiss, was er seinem Publikum schuldet. Er spielt schon in der ersten halben Stunden einen Hit nach dem anderen. Stella Gemella, Terra Promessa, Se Bastasse Una Canzone oder La Favola – um nur ein paar wenige seiner grossen Erfolge zu nennen – entzücken die Fans. Von Una Storia Importante wechselt er fliessend in Adesso Tu über und lässt die glückliche Menge viel und ausgiebig mitsingen, vor allem aber nie zur Ruhe kommen. Ein Highlight jagt das nächste. Und Ramazzotti überzeugt als Person; nicht, weil seine Songs besonders geistreich sind oder er besonders gut Gitarre spielen könnte oder er in modisch abgewetzten, eng anliegenden Designerjeans mit dem Hintern wackelt; sondern weil er in dem Moment, in dem er vom Weltfrieden träumt, sich nach der erfüllten Liebe sehnt oder an der unerfüllten Liebe zu Grunde geht, all dies wirklich meint. Es gelingt ihm, während seiner Lieder all die grossen Gefühle rüberzubringen. Und das macht ihm keiner so schnell nach.
Zwischen den Liedern gibt es einige Hänger. Irgendwie lächelt der Mann selten und schaut viel zu kritisch in die Welt. Er kann (oder will) nicht wirklich mit dem Publikum kommunizieren. Mehr als ein „Wie geht’s?“ und ein folgendes „Come stai? Was sind heute Abend hier viele schöne Mädchen!“ (riesiges Echo dröhnt durch die Halle) liegt nicht drin. Es scheint anstrengend oder zumindest mühsam zu sein, Eros Ramazzotti zu sein.
Un’Altra Te und Cose della Vita erfüllen aber wieder das ganze Stadion mit Gesang. Und mit den beiden Zugaben Parla Con Me und Più Bella Cosa hat er ohnehin überall ein Heimspiel. Nach genau zwei Stunden verlassen die Fans daher sehr zufrieden das Hallenstadion. Ramazzotti hat seine Mission sehr erfolgreich erfüllt.