Kino: Avatar - Aufbruch nach Pandora
Gregor Schenker - Terminator 1 & 2, Aliens, Titanic – James Cameron hat einige der besten und erfolgreichsten Filme aller Zeiten inszeniert. Nachdem er aber den berühmten Luxusliner versenkt hatte, begnügte er sich eine ganze Weile mit TV-Serien (Dark Angel) und Tiefsee-Dokumentationen (Aliens...
Avatar handelt von dem querschnittgelähmten Ex-Marine Jake Sully (Sam Worthington), der reaktiviert und zum fernen Planeten Pandora geschickt wird. Selbiger hat reiche Vorkommen an Unobtanium, ein immens wertvolles Gestein, das im grossen Stil abgebaut wird. Ein Problem ist allerdings, dass diese Welt von einer katzenartigen humanoiden Rasse bewohnt wird, den Na’vi, die von den ausserweltlichen Eindringlingen wenig begeistert sind. Um mit ihnen zu verhandeln, bedient man sich sogenannter Avatars, einer Art Bioroboter aus menschlicher und Alien-DNA, die per Gedankenübertragung gesteuert werden. Jakes Zwillingsbruder war so ein „Pilot“ und da die beiden genetisch identisch sind, wird der Marine trotz fehlender Ausbildung zum Ersatzmann – sehr zur Missbilligung von Dr. Grace Augustine (Sigourney Weaver), der Projektleiterin.
Insgeheim im Auftrag von Sicherheitschef Colonel Miles Quaritch (Stephen Lang) unterwegs, gelingt es Jake, die Na’vi zu infiltrieren: Obwohl als „Alien“ erkannt, findet er Aufnahme beim Omaticaya-Clan und kann diesen ausspionieren. Als er die Lebensweise der Eingeborenen aber mehr und mehr zu schätzen lernt und sich in Neytiri (Zoe Saldana), seine Lehrerin und Tochter des „Häuptlings“, verliebt, gerät er in einen Gewissenskonflikt…
Kein Zweifel: Avatar ist im Grunde nichts anderes als ein handelsüblicher Indianerfilm à la Pocahontas oder Der mit dem Wolf tanzt, mit massenhaft Ethno-Kitsch (auch in James Horners Filmmusik), Klischees vom edlen Wilden, der eins mit der Natur ist, und einer Umweltbotschaft, die man dicker gar nicht auftragen könnte – wer danach nicht aller Technik abschwört, einen Baum umarmt und gegen den nächsten Grosskonzern demonstriert, ist ein schlechter Mensch. (Und trotzdem: So weiter die Geschichte fortschreitet, umso mehr reisst einen der Film mit und nimmt einen für die Eingeborenen ein, bis man schliesslich bei jedem getöteten Menschen innerlich triumphiert. Ein Meisterwerk der Öko-Propaganda.)
Das Ganze wird dann in ein futuristisch-exotisches Setting versetzt, das allerdings reine Oberfläche ist und die eigentliche Fantasielosigkeit der Geschichte nur unzureichend übertüncht. Aber immerhin, diese Oberfläche gehört effektemässig zum Besten, was man jemals auf der Leinwand gesehen hat – die Industrie- und Militärmaschinen der menschlichen Invasoren sind höchst beeindruckend (Cameron hat sich da übrigens nach Kräften bei seinem eigenen Aliens bedient), die ausserirdische Flora und Fauna sind so faszinierend wie lebensecht, die Landschaften von Pandora ein feuchter Traum für jeden Sci-Fi- oder Fantasy-Fan, die Na’vi als computergenerierte Charaktere ein Höhepunkt der CGI-Technik, wie man ihn seit Gollum in Herr der Ringe nicht mehr erlebt hat: Worthington (Terminator Salvation), Saldana (Star Trek) oder Weaver (Alien, Aliens, Gorillas in the Mist) wirken als Na’vi fast schon wirklicher und sympathischer als in echt. Die tollste Schau bietet jedoch, obwohl nie im Alien-Kostüm, Stephen Lang (Gods and Generals, The Men Who Stare at Goats), der als Kommisskopp Colonel Quaritch eine kaltschnäuzige, unfassbar fiese Drecksau abgibt, einfach herrlich.
Und dann hat’s da noch die Action-Szenen, für deren Beschreibung mir keine Superlative mehr einfallen wollen. Muss man gesehen haben, denn Cameron zeigt Epigonen à la Michael Bay, dass immer noch er der grösste Actionregisseur ist (und dass es auch ohne Parkinson’sche Kameraführung und Blitzgewitter-Schnitt geht). Ein Film, der wie für die grosse Leinwand geschaffen ist, und in 3-D gleich noch mal eine Ecke eindrücklicher wirkt.
Fazit: Die Story ist weitgehend Murks und nervt mit Indianerfilmklischees sowie plumper Öko-Propaganda. Und trotzdem, ich konnte mich dem Film schliesslich nicht entziehen, dafür sorgen nebst den Darstellern Effekte und Actionszenen, wie man sie noch nie gesehen hat. Da kommt auch bei mehr als zweieinhalb Stunden Laufzeit nie Langeweile auf.
Bewertung: 4 von 5
- Titel: Avatar
- Land: USA
- Regie: James Cameron
- Darsteller: Sam Worthington, Zoe Saldana, Sigourney Weaver, Stephen Lang
- Verleih: Warner Bros.
- Start: 17. Dezember 2009