TOKYO SEX DESTRUCTION (ESP)
Shereen Disler - Alle, die von der ganzen Sixties-Rock´n´Roll-Welle noch nicht die Schnauze voll haben, werden sich beim Durchhören dieser Scheibe einen Ast freuen.Tokyo Sex Destruction kopieren den Sound der legendären MC5 mit soviel Hingabe und Schmiss, dass es jedem Retro-Fan den Rolli aus...
Tokyo Sex Destruction kopieren den Sound der legendären MC5 mit soviel Hingabe und Schmiss, dass es jedem Retro-Fan den Rolli ausziehen dürfte. Die Spanier verpacken ihre dunkelroten politischen Ansichten in jeder Menge Clapclaps, Yeahyeahyeahs und mitreißender Refrains. Sehr fein! Die Parallelen zu den Soul-Punkern von der (International) Noise Conspiracy sind unübersehbar. Und dass das Englisch der Jungs alles andere als akzentfrei ist - na ja, geschenkt! Schließlich war unter der Franco-Dikatur der Englischunterricht an Schulen bis 1975 verboten und ist auch heute noch keine Selbstverständlichkeit...
Nun gibt es das neue Album '5th Avenue South'. Und live ist die Band ohnehin unschlagbar. Dabei ist das mit dem Punk ohnehin ein Missverständnis, betont Sänger RJ Sinclair - tatsächlich hätten die vier Jungs aus Barcelona das übliche Problem gehabt, als sie mit der Musik anfingen: Das Können reichte nicht aus, um das zu spielen, was die Band liebte. Ganz tief in den Sechzigern verankerten Soul nämlich. So sei eben der Punk in die Musik gerutscht. ?Und nun können wir von Album zu Album eben ein Akkord mehr spielen?, scherzt RJ. Was auf der neuen Platte deutlich bemerkbar wird. Da gibt es auch mal ein Beatles-Riff, Sade-Melodiebögen, eine Sitar und eine unsägliche Ballade namens 'Good Morning' - letzteres ein Song, der spontan im Studio entstanden ist und wohl nie live zu hören sein wird. Dazu würden die Musiker fehlen. ?Die englische Backingsängerin zum Beispiel war morgens im Studio, hat das Lied eingesungen und ist noch am selben Tag nach Hause geflogen?, erzählt RJ. ?Ich weiß gar nicht, ob sie den Song überhaupt schon gehört hat.?Live wird man die stilistischen Ausflüge auch nicht vermissen, da ist die Band so energetisch wie kaum eine andere, die zurzeit in den Clubs unterwegs ist. Tokyo Sex Destruction muss man einfach gesehen haben. Und irgendwann werden stilistische Vielfalt und Punkrock-Energie auch auf Platte noch perfekt zusammen finden.